Holzmüller lässt grüßen

Von Peter Olsen, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.10.2014 Richtlinien der EU haben es mitunter in sich. Auch die Reform der Aktionärsrichtlinie, die unter anderem die langfristige Einbeziehung der Aktionäre zum Ziel hat, birgt aus deutscher Sicht...

Holzmüller lässt grüßen

Von Peter Olsen, FrankfurtRichtlinien der EU haben es mitunter in sich. Auch die Reform der Aktionärsrichtlinie, die unter anderem die langfristige Einbeziehung der Aktionäre zum Ziel hat, birgt aus deutscher Sicht durchaus Sprengstoff. Katja Langenbucher, Professorin für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Bankrecht an der Universität Frankfurt, kritisierte auf der Jahrestagung des Deutschen Aktieninstituts (DAI) mit dem Thema “Die Hauptversammlung im steten Wandel”, dass in den Vorschlägen dem Anspruch nach größtmöglicher Transparenz vieles zum Opfer fallen könnte, was sich beispielsweise in Deutschland bewährt habe. Abstruse MinderheitsrechteSo bestehe im Zusammenhang mit den Vorschlägen zur Behandlung sogenannter Related Party Transactions die Gefahr der Wiederkehr “völlig abstruser Minderheitsrechte”. Das solle aus Transparenzgründen schon Transaktionen einschließen, die ab 1 % des Vermögens eines Unternehmens beträfen. Ab 5 % solle eine Pflicht zur Vorlage auf der Hauptversammlung mit Stimmrechtsausschluss der Mutter bei Vermögenstransfers innerhalb eines Konzerns gelten. So etwas funktioniere vielleicht in England, so Langenbucher. Für Deutschland bedeute das die “Rückkehr von Holzmüller”. Im Holzmüller-Fall von 1982 wurde durchgefochten, bei welchen Entscheidungen der Vorstand die Zustimmung der Aktionäre einholen muss. Seinerzeit war der mit Abstand wichtigste Vermögenswert (80 %), der Kernbereich des Unternehmens, auf eine Tochtergesellschaft ausgelagert worden.Schon in der Begrüßung beklagte Claudia Royé, Leiterin Kapitalmarktrecht beim DAI, dass sich zunehmend eine Kompetenzverlagerung vom Aufsichtsrat in Richtung Hauptversammlung abzeichne. Das sei aus Sicht des DAI nicht wünschenswert. “Wir wollen einen professionelleren Aufsichtsrat.” Schon lange seien Aufsichtsräte keine Abnickgremien mehr.Alexander Juschus vom Stimmrechtsberater Ivox wies auf die gestiegenen Anforderungen insbesondere ausländischer institutioneller Investoren an Hauptversammlungen hin. Vor allem Wahlen zum Aufsichtsrat hätten sich immer wieder als kritischer Punkt erwiesen. Wer es beispielsweise als Verwaltung versäume, Lebensläufe für zur Wahl stehende Aufsichtsräte bereitzustellen, dürfe sich über ein ablehnendes Votum nicht wundern. “Das ist scharf gestellt.” Diese Transparenz zur Beurteilung von Qualifikation und Eignung werde vorausgesetzt, ebenso wie Angaben über Anwesenheit auf AR-Sitzungen und der Ausschüsse als Leistungsnachweis. Strukturelle HV-DefiziteBemerkenswerte Hinweise zu strukturellen Defiziten bei Hauptversammlungen sollten nach Einschätzung von Juschus zu denken geben. So seien Informationsmaterial wie Geschäftsberichte und HV-Benachrichtigungen nicht frühzeitig genug verfügbar. Die Abstimmung bei Nichtteilnahme an der Hauptversammlung habe einen viel zu langen Vorlauf. So komme es vor, dass aus dem Ausland zu Tagesordnungspunkten Stimmrechtsvollmachten erteilt wurden, die Tagesordnungspunkte sich aber bis zur Hauptversammlung noch änderten, die TOP also anders nummeriert seien. Juschus schätzt diesen Malus in Deutschland auf etwa 5 % der Versammlungen, in der Schweiz werde bei einem Fünftel noch an der Tagesordnung gebastelt und in Skandinavien sei es noch schlimmer. “Sobald sie die Grenze überqueren, wird es gruselig.” ——–Die geplante Änderung der EU-Aktionärsrichtlinie soll vor allem die Transparenz erhöhen.——-