Hugo Boss weitet Kreditspielraum aus
md Frankfurt – Die in vielen Ländern über Wochen geschlossenen Modeläden haben dem Bekleidungshersteller Hugo Boss schwer zugesetzt. Das Unternehmen aus dem schwäbischen Metzingen stemmt sich mit Kostensenkungen, dem Verschieben von nicht geschäftskritischen Investitionen und höheren Kreditlinien dagegen. “Wir haben uns voll auf die Umsetzung unserer Maßnahmen zur Sicherung der finanziellen Stabilität von Hugo Boss konzentriert”, erklärte der Finanzvorstand und derzeitige Vorstandssprecher Yves Müller.Hugo Boss habe einen Konsortialkredit auf insgesamt 633 Mill. Euro aufgestockt und sich weitere Darlehen über 275 Mill. Euro gesichert, die zum Teil über die staatseigene KfW abgesichert seien. Die Banken hätten sich einverstanden erklärt, die Auflagen für die Kredite (Covenants) bis Ende 2021 auszusetzen, teilte der Konzern weiter mit. Vom Konsortialkredit habe Boss bisher 212 Mill. Euro gezogen, von dem bis Juni 2022 laufenden KfW-Kredit noch nichts.Im zweiten Quartal brach der Umsatz den Angaben zufolge um 59 % auf 275 Mill. Euro ein. Besonders getroffen wurden die Geschäfte in Europa und Amerika, die rund 85 % des Konzernumsatzes ausmachen. Zudem wirkten sich die Unruhen und Demonstrationen im Mai und Juni negativ auf das Geschäft in den USA aus. Dagegen erholten sich die Aktivitäten in China, die im Mai wieder wuchsen. Im Juni habe Hugo Boss währungsbereinigt wieder zweistellige Zuwachsraten verbucht.Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) landete mit 250 Mill. Euro im Minus, nachdem in der Vorjahreszeit noch ein Plus von 80 Mill. erwirtschaftet worden war. Wegen der Folgen der Pandemie für den Einzelhandel schrieb Hugo Boss 125 Mill. Euro ab. Der Nettoverlust lag bei 186 (i.V. + 52) Mill. Euro und damit nicht so hoch wie der operative Verlust – Grund war eine Steuergutschrift.Der Vorstand wagt weiterhin keine Prognose für das Gesamtjahr. Dazu seien die Unsicherheiten noch zu groß, sagte Müller. Vom zweiten Semester erwarte man allerdings eine sukzessive Erholung. Im zweiten Quartal habe Hugo Boss monatlich eine stetige Verbesserung im eigenen Einzelhandel verzeichnet; dies habe sich zu Beginn des dritten Quartals fortgesetzt, heißt es. Für Zuversicht sorgt bei Müller auch, dass China und der Online-Handel an Schwung gewinnen. Die Umsätze übers Internet hätten im abgelaufenen Quartal währungsbereinigt um 74 % zugelegt. Damit machte der Konzern ein Fünftel seiner Erlöse über den eigenen Onlineshop sowie über Partner-Webseiten, etwa Zalando.Das Konzessionsmodell will Hugo Boss den Angaben zufolge ausbauen. So soll in der zweiten Jahreshälfte auch über Amazon verkauft werden. Insgesamt treibt der Modehändler den E-Commerce voran: Derzeit erschließe Hugo Boss 24 neue Märkte, zuletzt etwa Kanada und Mexiko.Nach dem Abgang von Konzernchef Mark Langer Mitte Juli hat Müller die Rolle des Vorstandssprechers im dreiköpfigen Führungsteam übernommen. Der neue Vorstandschef Daniel Grieder wird sein Amt erst im Juni 2021 antreten (vgl. BZ vom 18. Juni). Ein Führungsvakuum sieht Müller dennoch nicht. Das operative Geschäft werde bis dahin von den drei Vorstandsmitgliedern gemeinsam geführt. Neuer Großaktionär Zum künftigen neuen Großaktionär Mike Ashley äußerte sich Müller positiv. Über den Einstieg des britischen Milliardärs hatte die Börsen-Zeitung am 16. Juni berichtet. Ashleys Fraser Group halte derzeit direkt etwas unter 1 % an Hugo Boss, dazu kämen Optionen von rund 10 %, so Müller. Hugo Boss arbeite mit Fraser bereits in Großbritannien im Großhandel erfolgreich zusammen. Es habe bereits ein Gespräch mit Vertretern von Ashley gegeben, welches der Finanzvorstand als “vernünftig” bezeichnete. Das Engagement sei dabei langfristig sowie strategisch angelegt. Auch erkennt Müller keine Beunruhigung des übrigen Aktionärskreises durch den Eintritt Ashleys. Die italienische Unternehmerfamilie Marzotto ist derzeit mit rund 15 % größter Aktionär bei Hugo Boss. – Wertberichtigt Seite 8