Hürden für Börsengänge kleinerer Unternehmen in den USA niedriger
– Herr Hummel, Sie haben die Voxeljet AG aus Bayern bei ihrem Börsengang in New York beraten. Warum ging das Unternehmen an die Wall Street?Das Unternehmen ist in Europa sehr erfolgreich. Bei dem strategischen Einstieg in den USA als wichtigem Markt für industrietaugliche 3-D-Drucker setzt es auch auf gesteigerte Visibilität durch eine Notierung an der Nyse. Der US-Kapitalmarkt trägt dem Wachstumspotenzial dieser Industrie schon heute viel mehr Rechnung, als dies in Europa der Fall ist. Der Schritt an die Nyse wird nicht zuletzt auch die Gewinnung von Führungskräften mit amerikanischem Hintergrund erleichtern.- Mit welchen Erleichterungen punktet die US-Aufsicht?Vor allem kleinere und junge Unternehmen profitieren von den regulatorischen Erleichterungen. Während der Zugang zu den europäischen Finanzplätzen in den Details der Börsenzulassung häufig als zu kompliziert angesehen wird, sind die Hürden in den USA niedriger. So gelten für Emerging Growth Companies Vereinfachungen wie die verkürzte Darstellung der Zahlenhistorie oder die vertrauliche Einreichung des Registration Statement in Entwurfsform zur Diskussion mit der SEC. Der Status als Foreign Private Issuer (FPI) bedeutet geringere Offenlegungspflichten nach dem IPO und vereinfachte Corporate-Governance-Regeln. Das bringt kleineren Unternehmen die notwendige Prozess- und Kostensicherheit auf dem Weg zum IPO, aber auch danach.- Können deutsche Unternehmen ihre Strukturen beim IPO in New York behalten?Ausländische Emittenten können ein Listing grundsätzlich in ihrer bestehenden Rechtsform betreiben, sofern ein gewisser Wiedererkennungseffekt zu einer Kapitalgesellschaft nach US-Recht besteht. Das ist vor allem anerkannt für die AG nach deutschem oder europäischem Recht. Eine US-Holdingstruktur mit dem Börsenvehikel als Obergesellschaft ist nicht erforderlich. Dies vermeidet steuerliche Nachteile für die Gesellschafter bei einem Erfolg – aber auch bei einem Scheitern des IPO.- Sind die Investoren dort eher aufgeschlossen für Start-ups als hierzulande?Mit dem Jobs Act sollte nicht zuletzt für technologieorientierte Unternehmer der US-Kapitalmarkt geöffnet werden, um risikobereiteren und visionär denkenden Investoren die Beteiligung an attraktiven Wachstumsunternehmen zu ermöglichen. Die Liste der erfolgreichen Small-CapNotierungen an der Nyse in den vorigen zwei Jahren veranschaulicht, dass es sich um etablierte Geschäftsmodelle handelt. Insoweit ist der US-Kapitalmarkt nicht Start-ups per se gegenüber aufgeschlossen, wohl aber Unternehmen in Zukunftsmärkten, deren Wachstum durch Einwerben von Kapital so weiter beschleunigt werden kann.- Was müsste sich Ihrer Einschätzung nach in Frankfurt ändern, damit kleinere, junge Unternehmen den Kapitalmarkt anzapfen?Für mich ist dies nicht in erster Linie eine Frage des Börsenplatzes oder der Zulassungsregeln. Der Neue Markt hat tolle Unternehmen gesehen, aber auch Exzesse hervorgebracht. Wir beobachten bei der Begleitung von dynamischen Unternehmen, dass in der Finanzierung kreativer und flexibler vorgegangen wird als früher. Ob dabei die Zusammenarbeit mit Private-Equity-Investoren, einem Wachstumskapitalgeber oder eben dem Kapitalmarkt der richtige Weg ist, entscheidet sich in viel kürzeren Zyklen. Darauf wird auch der Wirtschaftsstandort Deutschland verstärkt reagieren müssen.- Liegen IPOs europäischer Emittenten in Amerika im Trend?Durchaus. In jüngster Zeit beobachten wir verstärkt, dass sich deutsche bzw. europäische Unternehmen für diese Art von US-Offerings interessieren. Ein Grund ist sicher, dass heute bereits kleine Unternehmen oder Venture-Capital-finanzierte Start-ups in einem globalen Markt bestehen müssen und oftmals von Beginn an in fernen Jurisdiktionen vertreten sein wollen. Von 90 FPI, die 2012 ein US-Listing gewagt haben, kam ein Drittel aus Europa. Dieser Trend wird sich nach unserer Einschätzung sektorübergreifend fortsetzen, sofern die enorme Liquidität der Finanzmärkte anhält.- Welche Branchen erscheinen dafür besonders geeignet?Interesse sehen wir unter anderem auch aus Gesprächen mit befreundeten Investmentbanken vor allem in Industrien wie Engineering, Life Sciences, Medizintechnik sowie Cleantech.—-Berthold Hummel ist Partner der Kanzlei Dechert in München. Die Fragen stellte Walther Becker.