Idorsia-Führung zeigt Nerven
Idorsia-Führung zeigt Nerven
Verkaufschef muss gehen – Der Verkauf der Schlaftablette Quviviq in den USA enttäuscht – Drohende Verwässerung belastet Aktienkurs
dz Zürich
Wenn ein Geschäftsleitungsmitglied von heute auf morgen seinen Posten räumt, um nicht näher erläuterte „andere Opportunitäten“ wahrzunehmen, dann geschieht dies in aller Regel nicht in friedlichem Einvernehmen. Im vorliegenden Fall ist es Simon Jose, der Verkaufschef von Idorsia, der den Schweizer Medikamentenhersteller per sofort verlässt, ohne dass ein Nachfolger bereitsteht. Das ist ein deutliches Zeichen, dass die Dinge bei Idorsia nicht so laufen, wie sie sollten.
Immerhin hat sich Otto Schwarz „bereiterklärt“, das Idorsia-Management ab Anfang Juli in kommerziellen Belangen zu „beraten“, schreibt die Firma. Der Österreicher hatte schon in der erfolgreichen Idorsia-Vorgängerfirma Actelion die Verkaufsverantwortung getragen, bis er nach der Übernahme von Actelion durch den amerikanischen Multi Johnson & Johnson in den Ruhestand ging. Und Schwarz kennt die Schlaftablette, mit der Idorsia den US-Markt zu erobern hofft. Ihre Entwicklung geht auf die Zeiten von Actelion zurück.
Angst vor Kapitalerhöhung
Simon Jose habe eine „solide Basis“ geschaffen, auf deren Grundlage die „exzellenten“ Reaktionen von Ärzten und Patienten auf das innovative Idorsia-Schlafmittel Quviviq nun in einen weltweiten Geschäftserfolg umgemünzt werden müssten, schreibt die Firma. Das Unternehmen hätte auch direkter schreiben können, dass der kommerzielle Erfolg von Quviviq bislang eine Enttäuschung ist.
Das Medikament war vor einem Jahr in den USA zum Verkauf zugelassen worden. 2022 erreichte der Umsatz lediglich 6,5 Mill. sfr – ein Klacks im Vergleich zum Verkaufspotenzial, das einige Finanzanalysten in der ersten Euphorie mit bis zu 1 Mrd. sfr beziffert hatten.
In den vergangenen zwölf Monaten ist der Kurs der Idorsia-Aktien von fast 18 sfr auf unter 8 sfr gefallen. Offensichtlich bezweifeln inzwischen viele Investoren die Erreichbarkeit des von Idorsia ausgegebenen Zieles, bis 2025 die erste Umsatzmilliarde und den Sprung in die schwarzen Zahlen zu schaffen. Zahlreiche Anleger befürchten auch, dass Idorsia in den nächsten Wochen oder Monaten gezwungen sein könnte, eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen 800 Mill. sfr mehr ausgegeben als eingenommen.
Finanzierungslücke
Während die Kosten für die Entwicklung und Vermarktung der neuen Medikamente schon voll ins Kontor schlagen, gibt es bisher kaum Verkaufserlöse zu verbuchen. Per Ende Dezember verfügte Idorsia über Barreserven von nur noch rund 470 Mill. sfr.
Wie Idorsia die sich öffnende Finanzierungslücke bis Ende des Jahres überbrücken will, ist unklar. Die Aktionäre scheuen eine Kapitalerhöhung. Erfolgt sie auf dem gedrückten Kursniveau, muss Idorsia viele neue Aktien ausgeben, um den gewünschten Erlös zu erzielen. Die Aussicht auf eine solche Verwässerung belastet seit Wochen den Aktienkurs.
Idorsia-Chef und Hauptaktionär Jean-Paul Clozel und sein Management brauchen starke Nerven. Die Verhandlungen mit den amerikanischen Krankenkassen sind zäh.
Es geht um die Frage, wie viel die Patienten vom Listenpreis des Medikamentes von 480 Dollar pro Monat (30 Tabletten pro Packung) zurückerstattet erhalten. Zwar gibt es eine große Zahl von Menschen, die unter Schlaflosigkeit leiden. Aber viele begnügen sich mit Kopien von längst veralteten, aber umso billigeren Medikamenten.