BERTELSMANN

Im Angriffsmodus

Knapp zehn Jahre ist es her, dass Thomas Middelhoff beim Familienunternehmen Bertelsmann gegangen wurde. Die nach seinem Expansionskurs nötigen Aufräumarbeiten unter Gunther Thielen brauchten viel Zeit, das Zurückdrehen band Kapazitäten, beschränkte...

Im Angriffsmodus

Knapp zehn Jahre ist es her, dass Thomas Middelhoff beim Familienunternehmen Bertelsmann gegangen wurde. Die nach seinem Expansionskurs nötigen Aufräumarbeiten unter Gunther Thielen brauchten viel Zeit, das Zurückdrehen band Kapazitäten, beschränkte den finanziellen Spielraum, und es fehlte das Agieren am Markt. Abgesehen von dem – in der Dimension sehr überschaubaren – Musikrechte-Joint-Venture mit Finanzinvestor KKR blieb Expansion ein Fremdwort.Jetzt dreht sich der Wind wieder: Der 2000 von Middelhoff nach Gütersloh geholte Thomas Rabe, seit Jahresbeginn an der Bertelsmann-Spitze, will die Gruppe tiefgreifend verändern. Mit der auf fünf bis zehn Jahre angelegten Strategie schaltet der 46-Jährige auf Angriff um. Operativ schlägt der vormalige Finanzchef Wege ein, auf denen Mathias Döpfner, der Chef des Verlags Axel Springer, unterwegs ist: Wachstumsstärker, digitaler und internationaler müsse der Konzern werden. Was noch schwammig klingt, soll im Sommer feste Formen annehmen. Vor allem will Rabe die Ausrichtung nicht von der Kassenlage abhängig machen, sondern Optionen haben, auch extern Mittel zu verschaffen. Die 70-Jährige Matriarchin Liz Mohn ist dafür.Die Erkenntnis, dass das Familienunternehmen Investoren und damit frische Mittel von außen anlocken muss, kommt reichlich spät. Jetzt wird selbst der Sprung an die Börse, den Ex-Minderheitsaktionär Albert Frère einst auf AG-Ebene verlangte, den Liz Mohn aber verhinderte, wieder zum Thema. Zur Vermeidung des seinerzeit vereinbarten IPOs musste sich Bertelsmann hoch verschulden, um die Anteile für 4,5 Mrd. Euro zurückzukaufen. Mit der Änderung der Rechtsform stellt Rabe nun sicher, dass die Familie das Heft in der Hand behält.Denn die Kontrolle ist in der SE & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien anders als in der AG nicht an die Höhe der Kapitalbeteiligung gekoppelt. So soll die Europäische Aktiengesellschaft SE, die für internationalen Anstrich sorgt, in der Hand der Familie bleiben, während Bertelsmann über die KGaA Geld aufnehmen könnte. Die Familie als persönlich haftender Gesellschafter behält auch dann die Kontrolle, wenn via Börse über 50 % des Grundkapitals an außenstehende Kommanditaktionäre gehen. Die KGaA gilt daher als übernahmeresistent und bietet Vorteile in der Nachfolgeregelung. Unter den Blue Chips nutzen die familiär dominierten Emittenten Henkel, Merck, Fresenius und Fresenius Medical Care diese Rechtsform. Und zu diesen würde eine notierte Bertelsmann im Dax auch gehören.