Immobilienbewertung als Black Box
hek Frankfurt
– Die meisten Unternehmen haben sich bisher kaum auf die neue Grundsteuer vorbereitet. Das zeigt eine Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Für die bereits in wenigen Wochen anstehende Neubewertung der Immobilien fehlten größtenteils die notwendigen Daten.
Die Grundsteuerreform, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auferlegt hat, tritt zwar erst 2025 in Kraft. Aber zum Stichtag 1. Januar 2022 müssen bundesweit 36 Millionen Immobilien neu bewertet werden, davon 12 Millionen Geschäftsgrundstücke und 24 Millionen Wohnimmobilien. Und ab 1. Juli nächsten Jahres sind die Feststellungserklärungen für die Grundstückswerte digital einzureichen.
Steuerpflichtige mit größerem Immobilienvermögen müssen dafür laut KPMG große Datenmengen beschaffen. Diese lägen in vielen Fällen gar nicht oder nicht im benötigten Format vor, sagt Jürgen Lindauer, Direktor im Bereich Steuern.
Laut der Umfrage unter 300 Unternehmen hat nur ein Fünftel mit der Datensammlung begonnen. Jede dritte Firma habe nach eigenen Angaben die Datenerhebung nicht einmal geplant. Drei von vier Unternehmen hätten die Grundsteuerreform als komplex oder sehr komplex bezeichnet. Nur jede zehnte Firma fühle sich gut informiert.
Fast zwei Drittel der Unternehmen befürchten, dass die Reform zu einer höheren Steuerbelastung führt als bisher. Die Politik hat zwar zugesagt, dass die Änderungen aufkommensneutral sein sollen. Doch über die Hebesätze entscheiden die einzelnen Kommunen, nicht Bund oder Länder.
Künftig gelten je nach Bundesland sehr unterschiedliche Modelle für die Grundsteuer. Wie KPMG erläutert, gibt es ein Bundes-, ein Boden-, ein Flächen- und ein Flächen-Lage-Modell. Die Bundesländer hätten frei entscheiden können, ob und wie sie vom Bundesmodell abweichen. Die Folge: Wer in mehreren Bundesländern Immobilien besitzt, muss sich mit sehr unterschiedlichen Regelungen herumschlagen. Ein Beispiel: Im Bundesmodell gilt bei Geschäftsgrundstücken die Bruttogrundfläche, in Ländermodellen die Nutzfläche der Immobilie.
Auf die geringste Akzeptanz bei den Befragten stößt das Bundesmodell. Grund sei vermutlich, dass es das komplexeste sei und vielfach bisher nicht vorhandene Daten und Wertungen erfordere. In manchen Bundesländern sei die Gesetzgebung noch nicht einmal abgeschlossen, obwohl der Feststellungszeitpunkt kurz bevorsteht.
Hans Volkert Volckens, Leiter Immobilien und Asset Management bei KPMG, wertete das Ganze als „Scheitern des Bundesgesetzgebers“, der genug Zeit gehabt habe, ein gutes Gesetz auf den Weg zu bringen. Stattdessen gebe es nun einen „föderalen Flickenteppich“. Als „überraschend niedrig“ stuft KPMG die Zahl der Mitarbeiter ein, die sich mit der Grundsteuer befasst. Bei mehr als der Hälfte der Unternehmen seien es nur ein bis zwei Personen. „Das ist alarmierend“, meint Volckens.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft empfiehlt, für die vorgeschriebene Meldung von Umbauten, Ausbauten und anderen Veränderungen an Grundstücken und Immobilien einen speziellen Prozess zu implementieren. Das hätten bisher nur 7% der Unternehmen getan. Laut Lindauer handelt es sich bei diesen Anzeigen um eine Steuererklärung. Jedes Versäumnis könne unangenehme Folgen haben. Der Steuerexperte rät davon ab abzuwarten, bis das Finanzamt brieflich eine Erklärung anfordert. Es sei davon auszugehen, dass die Aufforderung zur Abgabe durch eine öffentliche Bekanntmachung erfolgen werde.