In der Chemie wächst die Skepsis

Branchenverband revidiert Prognose für 2016 - Preisdruck lässt Kunden mit Bestellungen zögern

In der Chemie wächst die Skepsis

Nach einem unerwartet schwachen Jahresende dämpft die deutsche Chemieindustrie ihre Erwartungen für 2016. Die Branche rechnet nun nur noch mit einem Produktionswachstum von 1 % und korrigiert die Vorhersage von 1,5 % aus dem Dezember. Besonders hart getroffen ist die Petrochemie.swa Frankfurt – Seit Mitte 2015 geht es bergab. Die deutsche Chemieindustrie kann von günstigen Rohstoffkosten, dem schwachen Euro und niedrigen Zinsen nicht durchweg profitieren. Vor allem den Ölpreisverfall müssen die Hersteller, speziell bei rohstoffnahen Erzeugnissen, rasch an ihre Kunden weitergeben. “Grundstoffchemikalien werden in kurzen Zyklen gehandelt”, erläutert Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), im Pressegespräch. VorratsabbauDas deflatorische Umfeld wirkt sich im Bestellverhalten aus. “Bei der derzeitigen Preisentwicklung halten sich die Einkäufer eher zurück”, ergänzt der Verbandsvertreter. Solche Effekte seien traditionell am Jahresende besonders ausgeprägt. Kunden bauen vor dem Bilanzstichtag Vorräte ab und fahren ihre Lagerbestände zurück.Das zunächst hoffnungsvoll angelaufene Jahr 2015 ist in der Chemie nun mit einem enttäuschenden Schlussquartal abgeschlossen worden. Von Oktober bis Dezember war die Produktion im Vergleich zum Vorquartal um 2,6 % rückläufig, im Jahresvergleich ist es ein Minus von 0,8 %. Die Kapazitätsauslastung der Branche habe noch bei 83,8 % gelegen und somit nur noch knapp im langfristigen Mittel. Die Erzeugerpreise rutschten um 1,6 % zum Vorquartal und 2,9 % im Vorjahresvergleich ab – nach neun Monaten stabiler Preise für chemische und pharmazeutische Produkte.In der Entwicklung des Schlussquartals zeigt sich eine unterschiedliche Abwärtsdynamik zwischen Chemie und Pharma. Während die Produktion von Arznei im Vergleich zum Vorquartal nach starken Monaten einbrach (-2,6 %), ging es in der Chemie moderater um 0,7 % nach unten.Die Situation am Jahresende prägt den Ausblick für den neuen Turnus. Pharma startet auf niedrigem Niveau, bei einem allerdings über die Jahre stabilen Aufwärtstrend mit Wachstumsraten zwischen 2 und 2,5 %, erläutert VCI-Chefvolkswirt Henrik Meincke.Den Ausblick auf 2016 setzt der VCI nun etwas vorsichtiger als noch im Dezember vergangenen Jahres an. Im Inland werde der Absatz wegen des geringen Wachstums der Industrieproduktion kaum zulegen. Verhalten seien auch die Aussichten für das Exportgeschäft nach Übersee. Speziell die Entwicklung in China bereite Sorgen. Besser sehe es im Europageschäft aus. Vom erwarteten Produktionswachstum in der Region dürfte laut VCI auch die deutsche Chemie profitieren. “Insgesamt sollte in diesem Jahr die Nachfrage aus dem Ausland nur leicht zulegen – auch wenn der schwache Euro die Ausfuhren beflügelt und der niedrige Ölpreis die Wettbewerbsfähigkeit der deutscher Produzenten stärkt”, fasst es Tillmann zusammen.Der VCI rechnet nun 2016 mit einem Umsatzplus von 0,5 %, nachdem die Erlöse der Branche 2015 um 0,4 % auf 190 Mrd. Euro schrumpften. Die Produktion soll um 1 % zulegen, wobei diese Vorhersage für die Chemie allein gilt, genau so wie einschließlich Pharma. Kalkuliert werden Preisrückgänge um 0,5 %. Im Dezember hatte der VCI noch einen Produktions- und Umsatzanstieg um 1,5 % für möglich gehalten, wobei stagnierende Preise unterstellt wurden. Im vergangenen Jahr kletterte die Produktion getrieben von Pharma um 0,7 %, in der Chemie allein ging es um 0,7 % in die andere Richtung. Als besonders kritisch charakterisierte Tillmann die Situation in der Petrochemie. Die Sparte habe das fünfte Jahr in Folge ihre Produktion gedrosselt. “Eigentlich sollte die deutsche Petrochemie wegen des schwachen Euros und des billigen Naphthas international wettbewerbsfähig sein.”