In der deutschen Industrie hat die Stahlbranche das größte CO2-Problem
Stahlbranche hat das größte CO2-Problem
Studie zu Emissionen in deutscher Industrie – WWF fehlt politische Dekarbonisierungsstrategie
ahe Berlin
Im Gegensatz zur Energiewirtschaft hat die deutsche Industrie in den Jahren 2013 bis 2021 keinen deutlich gesunkenen, sondern einen leicht gestiegenen CO2-Ausstoß verzeichnet. Darauf verwies die Umweltorganisation WWF am Dienstag bei der Vorstellung eines neuen Berichts des Öko-Instituts. Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, begründete diese Entwicklung mit den kostenlosen CO2-Zertifikaten, die die Unternehmen im Rahmen des europäischen Emissionshandels (ETS) erhielten. Auf EU-Ebene habe man sich jetzt zwar auf ein Auslaufen der kostenlosen Zuteilung bis 2034 geeinigt. Dies sei aber „zu spät“, kritisierte Raddatz. Politik und Wirtschaft hätten die Dekarbonisierung des Industriesektors, der für rund ein Viertel der gesamten deutschen CO2-Emissionen verantwortlich sei, zudem noch „nicht strukturell adressiert“.
Im Fokus steht laut WWF dabei insbesondere die Stahlindustrie mit ihren Emissionen von 51 Mill. Tonnen (t) CO2 im vergangenen Jahr. In einer Auflistung der 30 CO2-intensivsten Industrieanlagen Deutschlands durch das Öko-Institut lagen auf den ersten 13 Rängen Anlagen zur Eisen- und Stahlerzeugung. Die Spitzenpositionen nahmen dabei das integrierte Hüttenwerk von Thyssenkrupp Steel in Duisburg ein (7,9 Mill. t), die Hüttenwerke Krupp Mannesmann mit ihrer Glocke Duisburg und dem dazu gehörigen Kraftwerk Huckingen (4,2 und 2,9 Mill. t), die Roheisenerzeugung Dillingen/Saar (4,0 Mill. t), Salzgitters Flachstahl-Anlagen Glocke Salzgitter/Kraftwerk Hallendorf (3,7 und 3,6 Mill. t) und der ArcelorMittal-Block 4 in Bremen (2,1 Mill. t).
Auch Zement und Chemie im Fokus
Demnach ging 2022 nahezu die Hälfte der industriellen ETS-Emissionen auf das Konto der Eisen- und Stahlindustrie. 25% entfielen auf die Zement- und Kalkherstellung in Deutschland (27 Mill. t) und 15% auf die Chemieindustrie (14 Mill. t). Der WWF verwies darauf, dass in der deutschen Grundstoffindustrie bis 2030 in etwa der Hälfte der zentralen Anlagen Reinvestitionen anstehen. Diese würden das Bild der Industrie in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich prägen, hieß es. Daher müssten die jetzt anstehenden großen Investitionszyklen auch dazu genutzt werden, um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.
Die Bundesregierung forderte die Umweltorganisation in diesem Zusammenhang auf, die bereits im Koalitionsvertrag angekündigte „umfassende Industriestrategie“ vorzulegen – auch, um der Industrie die nötige Planungs- und Investitionssicherheit zu geben. Ausdrücklich begrüßt wurden die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigten Klimaschutzverträge, die den energieintensiven Unternehmen bei der grünen Transformation helfen sollen. Dabei dürfe es aber keine Subventionierung von blauem – also nicht mit erneuerbaren Energien hergestelltem – Wasserstoff geben, hieß es. Mehr Beachtung fordert der WWF im Rahmen der Dekarbonisierung auch für die Kreislaufwirtschaft.