Gebäudewirtschaft

In der Immobilienbranche häufen sich Krisensignale

Binnen weniger Tage mussten mehrere größere Bauträger Insolvenz anmelden. Auch die Bestandshalter spüren die Immobilienkrise. Bei ihnen kommt es zu erheblichen Abschreibungen.

In der Immobilienbranche häufen sich Krisensignale

Krisensignale von Immobilienfirmen häufen sich

TAG schreibt 7,4 Prozent auf Bestand ab – Projektentwickler rutschen in Konkurs – Project-Gesellschaften mit Vorhaben in Milliardenhöhe insolvent

hek Frankfurt

Der rapide Zinsanstieg und stark erhöhte Baupreise bringen die Entwickler von Immobilienprojekten zunehmend in Bedrängnis. Binnen weniger Tage mussten mehrere größere Unternehmen Insolvenz anmelden. Auch die Bestandshalter spüren die Krise. Bei ihnen kommt es zu erheblichen Abschreibungen.

In der Immobilienwirtschaft mehren sich die Krisensignale. Während die Bestandshalter zum Teil beträchtliche Summen auf ihre Bestände abschreiben, verschärfen sich die Probleme im Neubau. Zunehmend geraten Projektentwickler in existenzielle Schwierigkeiten. Binnen weniger Tage haben Euroboden aus Grünwald bei München, die Düsseldorfer Development Partner und drei Gesellschaften der Nürnberger Project-Gruppe Konkurs angemeldet. Die Holding Project Real Estate AG werde kurzfristig folgen, teilt der vorläufige Insolvenzverwalter Schultze & Braun mit. Im Juli war bereits der Düsseldorfer Projektentwickler Centrum in die Insolvenz gerutscht.

Der Wohnungskonzern TAG gab am Montag bekannt, dass er sein deutsches Immobilienportfolio zum 30. Juni um 7,4% abgewertet hat. Den Bewertungsverlust zum Halbjahr gibt das Management mit 455,5 Mill. Euro an. Im Vorjahreszeitraum waren noch 273,3 Mill. Euro Bewertungsgewinn angefallen. In der zweiten Hälfte des Vorjahres hatte TAG das deutsche Portfolio bereits um 5,5% abgewertet. Die Immobilien stehen nun mit 1.100 Euro je Quadratmeter in den Büchern nach 1.270 Euro vor einem Jahr. Die Bewertung des Vermietungsportfolios in Polen führte dagegen nach Firmenangaben zu 15,6 Mill. Euro Gewinn.

Die im MDax vertretene Aktie reagierte auf den Zwischenbericht am Montag zunächst mit einem Kurssturz von bis zu 9%, baute den Verlust aber im Handelsverlauf auf 4% ab. Die Brückenfinanzierung für die Übernahme des polnischen Bauträgers Robyg, die TAG bisher schwer zu schaffen machte, wurde auf aktuell noch 75 Mill. Euro zurückgeführt. In der Spitze waren es 650 Mill. Euro.

3,2 Mrd. Euro Projektvolumen

Mit den Portfolioabschreibungen steht TAG keinesfalls allein da. Die Düsseldorfer LEG hat nach Wertkorrekturen von 4,0% in der zweiten Hälfte 2022 weitere 7,3% auf das Immobilienportfolio abgeschrieben. Die Folge war ein Periodenfehlbetrag von 1,03 Mrd. Euro im ersten Halbjahr 2023. Bei TAG stehen unter dem Strich 304,7 Mill. Euro Verlust. Branchenführer Vonovia meldete mit 6,6% zum Halbjahr etwas niedrigere Wertkorrekturen auf den Immobilienbestand als die beiden Wettbewerber. Nach dem Wertrückgang von 3,4 Mrd. Euro im Startquartal 2023 im Zuge einer außerplanmäßigen Bewertungsrunde wurden im zweiten Jahresviertel weitere 2,7 Mrd. Euro oder 3,3% auf das Portfolio abgeschrieben.

Laut der Kanzlei Schultze & Braun betreut die Project-Gruppe bundesweit derzeit rund 60 Immobilienprojekte. Project Immobilien schreibt auf ihrer Homepage, dass sich mehr als 120 Objekte mit 3,2 Mrd. Euro Projektvolumen in Planung oder im Bau befänden (Stand Ende Juni 2023). Über seinen Investmentarm, der nicht insolvent ist, sammelt der Firmenverbund Investorengelder für die Bauvorhaben ein. Das Volumen der Fonds wird mit 1,4 Mrd. Euro angegeben, die von mehr als 30.000 Anlegern stammen. Auf ihrer Website fordert Project Investment die Investoren auf, von Anfragen abzusehen. Momentan könnten keine weitergehenden Auskünfte zur Insolvenz der drei Project-Gesellschaften erteilt werden.

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Schultze & Braun will nach eigenen Angaben die Sanierungsoptionen prüfen und klären, ob die Bauprojekte fortgeführt werden können. Derzeit mache man sich in Gesprächen mit dem Management ein Bild der Lage. Aufgrund der komplexen Struktur der Gruppe würden die Prüfungen "einige Zeit in Anspruch nehmen". Vor allem die infolge des Ukraine-Kriegs enorm gestiegenen Baukosten setzen dem Bauträger zu. Es sei nicht möglich gewesen, diese Kostenerhöhungen an die Kunden weiterzugeben, so Schultze & Braun.

Der Luxusimmobilien-Bauträger Euroboden hatte seinen Konkursantrag vor wenigen Tagen mit gescheiterten Grundstücksverkäufen begründet. Ursprünglich eingeplante Zuflüsse in zweistelliger Millionenhöhe seien nicht oder nicht im vorgesehenen Zeitrahmen realisierbar. Die Bondholder müssen sich auf hohe Verluste einstellen.

Euroboden hat zwei Anleihen im Gesamtvolumen von bis zu 115 Mill. Euro am Markt. Neben den stark gestiegenen Zins- und Baukosten machen der Bauträgerbranche die ausgeprägte Zurückhaltung der Banken bei der Vergabe oder der Verlängerung von Krediten sowie das geringe Käuferinteresse zu schaffen.

Verkäufe zur Schuldensenkung

Derweil bekräftigt TAG den Plan, mit Verkäufen die Schulden zu senken. In den ersten sechs Monaten seien 1.051 Wohnungen veräußert worden. Daraus werden 143 Mill. Euro Liquiditätszufluss erwartet. Die Buchverluste werden mit 3,9 Mill. Euro angegeben. Der Verkaufspreis entspreche dem 22,9-Fachen der Netto-Jahresmiete. Der Teilverkauf von 1.350 Einheiten, der an die Übernahme von 650 Wohnungen aus dem Bestand des Erwerbers gekoppelt war, ist geplatzt. Der Ankauf sei damit hinfällig geworden.

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