In Europa breitet sich der Spaltpilz aus

J.P. Morgan: Spin-offs kommen auf dem Alten Kontinent in Mode - Konzerne rüsten sich für Aktivisten-Attacken

In Europa breitet sich der Spaltpilz aus

Für Siemens, den größten deutschen Investitionsgüterkonzern, ist die Zeit des aggressiven M&A zwar vorbei. Doch die Zuversicht für Übernahmen und Fusionen ist in den Vorstandsetagen gestiegen. Erwartet werden wachsende Aktivitäten von Shareholder-Aktivisten, mehr Spin-offs und ein verstärkter Einsatz der Aktie als Akquisitionswährung.wb Frankfurt – Aktionärsaktivisten sind auch auf dem Alten Kontinent auf dem Vormarsch. Nach Fällen von Merger-Arbitrage wie McKesson/Celesio und Vodafone/Kabel Deutschland, wo Elliott aus den USA am Ende der Übernahme dazwischengefunkt hat, und den eher langfristigen Aktivitäten von Cevian bei Bilfinger und ThyssenKrupp wird für 2015 ein rapider Anstieg des Shareholder-Aktivismus erwartet. Das hat Dirk Albersmeier, der bei J. P. Morgan die M & A-Beratung in Deutschland und Österreich leitet, am Dienstag bei einem Roundtable-Gespräch mit Alexander Roos, Seniorpartner von Boston Consulting Group (BCG), und Christof Jäckle, Partner von Hengeler Mueller, gesagt.Es gebe rund ein Dutzend Fonds dieser Art, die die deutsche Unternehmenslandschaft “systematisch screenen”. Diese betrieben intensive Analyse, begönnen dann mit dem Beteiligungsaufbau und suchten anschließend den Dialog beziehungsweise die Konfrontation mit Vorständen. Sein Haus, das diese Aktionäre nicht begleite, habe Profile für sämtliche der institutionellen Fonds erstellt und spiele mögliche Attacken und Verteidigungsstrategien mit Kunden durch. Ähnlich agieren auch andere große Investmentbanken.In diesem Jahr hat es einer Analyse der Citi zufolge, vornehmlich in Amerika bisher 143 Aktivisten-Kampagnen bei Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 1 Mrd. Dollar gegeben. Die Durchschnittsgröße sei 2014 von 22 Mrd. auf 13 Mrd. Dollar gesunken. 54 % der Vorstöße seit 2011 haben demnach Erfolg gehabt, 27 % gehen noch weiter und lediglich 14 % liefen ins Leere.Roos von BCG rechnet nicht damit, dass die lautstarken Feldzüge, wie sie in den USA etwa Carl Icahn, Bill Ackman (Pershing Square Capital) oder Daniel Loeb (Third Point) führen, in Kontinentaleuropa ähnlich ernsthaft zu sehen sein werden. Wohl aber beschäftigten sich alle Vorstände größerer notierter Konzerne mit dem, was längerfristig orientierte, aktive Aktionäre zu sagen hätten. Dafür steht in erster Linie Cevian. Roos rät zu “Entdramatisierung” und Anwalt Jäckle warnt davor, auf den rechtlichen Reflex zu setzen. Prägendere RolleMehr als drei Viertel der Anlageprofis erwarten, dass Aktivisten binnen drei Jahren eine prägendere Rolle spielen und auch zu einer treibenden Kraft außerhalb der USA werden. Dies zeigt nach Angaben der Kommunikationsagentur CNC eine Befragung von 500 Institutionellen und Sellside-Analysten aus elf Ländern. Die Hälfte sei der Meinung, dass viele der großen internationalen Aktiengesellschaften vom Einsatz von Aktivisten profitierten und 72 % der Teilnehmer glauben, dass Aktivististen kurzfristige Wertsteigerungen erzielen. Immerhin 64 % der befragten Fondsmanager gehen davon aus, dass der Einsatz von aktivistischen Investoren auch langfristige Wertsteigerungen bringe. Allerdings glauben vier von fünf Teilnehmern, dass die bei deren Einsatz erzielten Kurzfristgewinne zu Lasten der langfristigen Wertausrichtung gingen.Aktivisten fordern vielfach die Abspaltung von Konzernteilen. “2014 war das Jahr der Spin-offs in Amerika, 2015 wird das Jahr der Spin-offs in Europa”, sagt Albersmeier voraus. Diese Ankündigungen würden im Schnitt mit dem Anziehen des Aktienkurses um 5 % quittiert, was für weitere Deals positiv stimme. So hat Eon die Zerschlagung angekündigt, die sich bis ins zweite Halbjahr 2016 hinzieht, und Bayer die Trennung vom Kunststoffgeschäft per Spin-off oder Börsengang ins Auge gefasst. Allerdings seien diese Prozesse rechtlich komplex, sagt Jäckle. Auch Trade Sales, wie Siemens-Hörgeräte oder die Gea-Wärmetauscher, sollten Nachfolger finden.Solche Strategien stünden nicht im Widerspruch zu der generellen Anforderung, dass Konzerne in einem schwachen Umfeld auf anoranisches Wachstum setzen, sagt Roos. Wachstum sei nach wie vor der stärkste Treiber von Shareholder Value vor Marge und Multiple-Expansion. Die “Klimaveränderung” in Vorständen und Aufsichtsräten – größere Zuversicht für M & A – bestimme auch 2015 den Trend, schätzen Roos und Albersmeier. Diverse Konzerne hätten inzwischen – auch dank des Wechsels von Investmentbankern und Private-Equity-Profis in die Zentralen – regelrechte M & A-Maschinen aufgebaut. Dabei werde mit den höheren Bewertungen am Kapitalmarkt auch die eigene Aktie stärker als Akquisitionswährung eingesetzt, wie gerade bei der Gagfah-Übernahme durch Deutsche Aninngton.