Deutsche Industrie bleibt auf Schrumpfkurs
Deutsche Industrie bleibt auf Schrumpfkurs
BDI erwartet 2025 vierten Produktionsrückgang in Folge – Hoffnung auf Impulse aus Finanzpaket – US-Zölle dürften bremsen
Die deutsche Industrie steht im Vergleich zum Rest Europas nicht gut da. Der BDI rechnet für 2025 erneut mit einem Produktionsminus. Die Hoffnungen richten sich nun auf die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD: Es braucht einen „großen Wurf“, sagte BDI-Präsident Peter Leibinger auf der Hannover Messe.
Reuters/kro Frankfurt
Die deutsche Industrie rechnet erneut mit einem schwierigen Jahr. Nach einem Rückgang der Produktion um 4,8% im vergangenen Jahr dürfte es 2025 erneut zu einem Minus von 0,5% kommen, teilte der Branchenverband BDI am Montag auf der Hannover Messe mit. Das wäre der vierte Rückgang in Folge.
„Die Stimmung in den Unternehmen ist so schlecht wie lange nicht“, sagte BDI-Präsident Peter Leibinger vor Journalisten. „Im europäischen Vergleich verliert die deutsche Industrie an Boden.“ Seit 2019 sei die Industrieproduktion hierzulande um fast 11% zurückgegangen, während die Produktion in der EU im selben Zeitraum um 1% ausgeweitet worden sei.
Dabei sind die Probleme in vielen Teilen der Industrie spürbar: Vor allem in der Elektronikindustrie kam es im vergangenen Jahr zu massiven Produktionseinbußen von 9,5%. In der Autobranche sowie im Maschinenbau belief sich das Minus auf je rund 7%.

Der Maschinenbau ist dabei stark von der konjunkturellen Lage im Fahrzeugbau abhängig, wie das vergangene Jahr gezeigt hat: Laut einer Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg ist die Zahl der Großinsolvenzen im Maschinenbau auch wegen der Krise im Fahrzeugbau „dramatisch“ gestiegen: 32 Fälle wurden gezählt, nach 24 Fällen ein Jahr zuvor. „Eine weitere Steigerung der Insolvenzen um 20% ist realistisch“, sagt Falkensteg-Partner Sebastian Wilde.
„Reformeifer verblasst“
Die Industrie hofft nun ab 2026 auf spürbare Impulse aus dem geplanten 500-Mrd.-Euro-Sondertopf für Investitionen in die Infrastruktur, ebenso „mutige Reformen“ der wahrscheinlich nächsten Regierung aus Union und SPD. Bremsen dürften aber die US-Sonderzölle gegen Europa und andere wichtige Länder wie China.
„Wir brauchen einen großen Wurf“, sagte Leibinger mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen. Die Stimmung müsse sich aufhellen, damit es wieder mehr private Investitionen in Deutschland gebe. Der BDI forderte neben einer günstigeren und planbaren Energieversorgung einen spürbaren Bürokratieabbau und ein Absenken der Steuerbelastung von Firmen auf maximal 25%. In Deutschland liegt der nominale Steuersatz von Unternehmen laut OECD bislang bei rund 30% und damit deutlich höher als in den meisten anderen Ländern.

Der Präsident des Maschinenbauverbands VDMA, Bertram Kawlath, zeigte sich mit Blick auf die Politik allerdings skeptisch: „Leider weisen die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD derzeit in die falsche Richtung, der Reformeifer verblasst schon wieder, bevor er so richtig begonnen hat“, sagte er. Kawlath forderte mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Union und SPD wollen bis Ostern eine Regierung bilden. Für die gesamte deutsche Wirtschaft rechnet der BDI 2025 mit dem dritten Rezessionsjahr in Folge, was es in der Bundesrepublik noch nie gegeben hat. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte um 0,1% schrumpfen.
Die Industrieproduktion hatte 2018 ein Allzeithoch erreicht. Mittlerweile gibt es dem BDI zufolge in der Breite Probleme und sowohl im Fahrzeugbau als auch im Maschinenbau sowie in der Elektroindustrie spürbare Rückgänge. Der Schlüssel liege in Innovationen. Dies sei die beste Chance, schnell aus der Krise zu kommen. Als Beispiele nannte der BDI-Präsident Neuerungen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Robotik oder Automatisierungen.
Maschinenbau nicht ausgelastet
Der VDMA betonte, die Kapazitätsauslastung habe im Januar nur bei 78% gelegen, was eine deutliche Unterauslastung signalisiere. Es fehle vielerorts an ausreichend neuen Aufträgen. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass der Tiefpunkt der Produktionsentwicklung im Verlauf des ersten Quartals erreicht wurde und nun eine Erholung – zögerlich, nicht flächendeckend und mit schwacher Dynamik – einsetzt“, so VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Daher bleibe der Verband vorerst bei seiner Prognose, wonach die Produktion 2025 um 2% schrumpfen werde. Ein Produktionsminus von 2% erwartet auch der ZVEI, die Vertretung der Elektro- und Digitalindustrie.