Infineon spürt Abkühlung in China
sck München – Deutschlands größter Chipkonzern Infineon bekommt die Konjunkturabkühlung in China zu spüren. Wegen des “schwieriger werdenden” Umfelds rechnet Konzernchef Reinhard Ploss für das am 30. September zu Ende gehende Geschäftsjahr 2015 mit einem Umsatzzuwachs am unteren Ende der Bandbreite von 34 bis 38 %. Nach einem Erlösplus vom 7 % im zurückliegenden Dreimonatsabschnitt erwartet er für das laufende Sommerquartal einen Zuwachs von maximal nur noch 3 %, schlimmstenfalls mit einen Rückgang von 1 %.Als Grund für den gedämpfteren Quartalsausblick nannte der Vorstandsvorsitzende die nachlassende Wachstumsdynamik in China. Allerdings schlage die eingetrübte Lage im Reich der Mitte nicht voll auf Infineon durch, relativierte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Ploss begründete dies damit, dass chinesische Kunden von Infineon wiederum andere Märkte belieferten. “Der Rückgang der lokalen Verbrauchernachfrage in China trifft uns nicht so stark.” Die Volksrepublik ist mit einem Anteil am Konzernumsatz von fast einem Viertel größter Einzelmarkt von Infineon.Nach den vorsichtigeren Aussagen des Managements zum operativen Geschäft büßte die Aktie zunächst bis zu 4 % an Wert ein, im weiteren Tagesverlauf drehte das Papier aber ins Plus und beendete den Xetra-Handel bei 10,28 Euro (+ 0,3 %).Die Anleger überzeugte der Ausblick zur operativen Marge. Trotz der verhaltenen Umsatzprognose stellte Infineon für die Monate Juli bis September einen Anstieg der Rendite im Mittel auf 16 % – einen Punkt über dem langfristigen Zielbereich – in Aussicht. Die Commerzbank hob ihre Empfehlung für den Titel von “Hold” auf “Add” an und bestätigte das Kursziel von 11,50 Euro. Das Unternehmen signalisiere für das September-Quartal ein relativ starkes Wachstum, begründete das Geldhaus. Die DZ Bank bekräftigte ihre Kaufempfehlung bei einem fairen Wert von 13 Euro. Die Bank verwies auf solide Quartalszahlen. Zukauf sorgt für ErlösschubAuf Basis der Unternehmensprognose peilt Infineon im laufenden Geschäftsjahr einen Umsatz von 5,8 (i.V. 4,3) Mrd. Euro an. Die operative Marge soll auf 15 (14,4) % zulegen, was einen Zuwachs beim operativen Ergebnis auf 867 (620) Mill. Euro impliziert. Ein Großteil des Umsatzschubs stammt von der vor einem Jahr übernommenen US-Firma Rectifier. Das Unternehmen aus Kalifornien, das Infineon seit Januar voll konsolidiert, steuerte in den zurückliegenden beiden Quartalen nach Angaben von Finanzvorstand Dominik Asam insgesamt 434 Mill. Euro zum Konzernerlös bei. In den Monaten April bis Juni steigerte Infineon die Erlöse gegenüber dem Vorquartal um 7 % auf 1,6 Mrd. Euro, das operative Ergebnis legte um ein Viertel auf 245 Mill. Euro zu. Entsprechend kletterte die Marge um 2 Prozentpunkte auf 15,4 %. Treiber waren alle vier Geschäftsbereiche, darunter das größte Segment Automotive. Trotz der operativen Fortschritte verdiente Infineon nach Steuern weniger. Im zurückliegenden Quartal schrumpfte der Überschuss gegenüber dem Vorjahresquartal um knapp ein Viertel auf 109 Mill. Euro, nach neun Monaten verbuchte der Konzern einen Nettogewinn von 309 Mill. Euro – 45 Mill. Euro weniger als ein Jahr zuvor.Asam führte dies vor allem auf Folgekosten der Übernahme von Rectifier zurück. So drückten in den Monaten April bis Juni integrationsbedingte Aufwendungen (u. a. Restrukturierungen, Abfindungen und Abschreibungen) das Ergebnis um 117 Mill. Euro. Er warnte, dass das Thema Kaufpreisallokation Infineon noch in den nächsten fünf Jahren belasten werde. Mit einem Umbau bei Rectifier will Ploss den margenschwächeren Neuerwerb bis 2017 auf das Niveau von Infineon heben.Infineon hatte Rectifier im vergangenen Jahr für 3 Mrd. Dollar übernommen. Aufgrund des überwiegend kreditfinanzierten Kaufpreises schmolzen bei Infineon die Nettozahlungsmittel per Ende Juni um über 2 Mrd. Euro auf 49 Mill. Euro. Der freie Cash-flow drehte mit – 1,8 Mrd. Euro ins Minus nach 159 Mill. Euro ein Jahr zuvor.