Insolvenzen beuteln Mittelstandsbonds
Insolvenzen beuteln Mittelstandsbonds
Markt bleibt für Erstemittenten schwer zugänglich – Hohe Kupons hemmen – Immobilienkrise schlägt durch – 24 Neuemissionen
Für Investoren bleibt der Markt für Mittelstandsanleihen eine risikoreiche Angelegenheit. Die Zahl der Ausfälle ist im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. Die Kupons legen aber auch deutlich zu. Eine zunehmende Bedeutung gewinnen Bonds mit ESG-Bezug. Der Ausblick auf 2024 fällt verhalten aus.
ak Düsseldorf
Zahlreiche Pleiten haben den Markt für Mittelstandsbonds im abgelaufenen Jahr belastet. Das Volumen ausgefallener KMU-Anleihen hat sich auf 340 Mill. Euro mehr als verdoppelt, wie eine Auswertung der Investor-Relations-Beratung IR.on ergeben hat. Am stärksten traf die gescheiterte Restrukturierung des Immobilienentwicklers Evan Group die Investoren. Das auf Malta ansässige, aber fast ausschließlich in Deutschland tätige Unternehmen hatte 125 Mill. Euro am KMU-Bondmarkt aufgenommen. Auch der Modekonzern Gerry Weber und mit Euroboden ein weiterer Immobilienentwickler reihten sich bei den Ausfällen ein.
Dazu kamen eine Reihe von Restrukturierungen. Zehn Anleihen waren laut der Studie vor allem von Laufzeitverlängerungen und Zinsanpassungen betroffen. Das Volumen lag mit 503 Mill. Euro jedoch deutlich unter dem Wert des Vorjahres (690 Mill. Euro).
Erstemittenten haben es schwer
Nach dem Boom früherer Jahre bleibt der Markt für Mittelstandsbonds jedoch schwierig. Die Ausfälle und Restrukturierungen zusammen überstiegen 2023 das Volumen neu platzierter Mittelstandsbonds – auch wenn hier ein Anstieg zu verzeichnen war. Insgesamt investierten Anleger in 24 Neuemissionen mit 788 Mill. Euro. Das Zielvolumen der Bonds hatte jedoch bei knapp 1 Mrd. Euro gelegen.
Vor allem für Erstemittenten ist der Markt für Mittelstandsbonds nahezu dicht. Nur fünf Unternehmen gelang im vergangenen Jahr eine Premiere – allerdings mit ernüchternden Ergebnissen. Bei zwei der Neuemissionen lag die Platzierungsquote lediglich bei 28%, für die drei übrigen wurde laut Studie der Wert nicht veröffentlicht, was nach Einschätzung der Autoren auf eine sehr geringe Nachfrage unter Investoren schließen lässt. Unternehmen, die zum wiederholten Mal am Kapitalmarkt auftraten, konnten im Schnitt 89% des Zielvolumens erreichen.
Größte Anleihe von Mutares
Größte und erfolgreichste Emission war eine Anleihe der im SDax notierten Beteiligungsgesellschaft Mutares, die mit 150 Mill. Euro ein Fünftel mehr einsammelte als geplant. Mit einem Kupon von 12,4% war sie auch eine der am höchsten verzinsten. Mutares hat vor wenigen Tagen den Bond um weitere 100 Mill. Euro aufgestockt und bei institutionellen Investoren platziert. Nach Branchen kamen die meisten Emittenten im KMU-Markt aus dem Energiebereich. Sechs von acht Anleihen finanzieren dabei erneuerbare Energien. Von den Volumina früherer Zeiten ist der Markt für Mittelstandsbonds jedoch weit entfernt. Vor einer Dekade lag das jährliche Emissionsvolumen noch in der Größenordnung von 2 Mrd. Euro. Doch von den Horrorjahren 2016 und 2018, als die Ausfälle jeweils über 800 Mill. Euro lagen, hat sich das Segment nicht mehr vollständig erholt. Geblieben sind etablierte Bondemittenten wie Katjes oder Hörmann Industries, die auch 2023 Anleihen gut unterbringen konnten.
2024 wachsen die Bäume nach einer Umfrage von IR.on unter neun Emissionshäusern erneut nicht in den Himmel. Erwartet werden etwa gleich viele Bonds wie im Vorjahr. Als Gründe für die Zurückhaltung werden die Krise am Immobilienmarkt sowie weiterhin hohe oder noch steigende Kupons genannt. Der Durchschnittskupon im KMU-Segment lag im vergangenen Jahr bei 8,6%.
ESG-Bezug gefragt
Eine zunehmende Bedeutung gewinnen auch im Mittelstandsmarkt Bonds mit ESG-Bezug. Sechs der 24 Bonds aus dem vergangenen Jahr konnten laut Studie als nachhaltig eingestuft werden. Sie hatten das von einschlägigen Ratingagenturen bestätigt bekommen.
Die meisten Mittelstandsanleihen werden im Freiverkehr der Frankfurter Börse gelistet. Populärer wird derzeit das Nordic-Bond-Format, so dass vier Emissionen zusätzlich zur Mainmetropole auch an der Börse Oslo gehandelt werden. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um großvolumige KMU-Anleihen, die so eine größere Platzierungssicherheit erzielten.
Alle vier Emissionen wurden voll platziert.