Investoren-Aktivismus auf Fünfjahreshoch
Aktivistische Attacken nehmen wieder zu
Investmentbank Lazard zählt so viele Kampagnen wie seit 2018 nicht mehr
cru Frankfurt
Aktivistische Investoren haben seit 2018 nicht mehr so viele Attacken auf Unternehmen gestartet wie in der ersten Hälfte des Jahres 2023. Das gilt sowohl global als auch für Europa. In Deutschland stammten dabei die meisten Kampagnen von Elliott. Dahinter folgten Bluebell, Deka Investment, Petrus Advisers und Union Investment gleichauf. Das geht aus dem “Shareholder Activism Report” der Investmentbank Lazard für die erste Hälfte des Jahres hervor.
Demnach hat die Aktivität deutlich zugenommen. Weltweit wurden im ersten Halbjahr 138 neue Kampagnen gestartet, eine Steigerung von 9% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Regional gab es deutliche Unterschiede: Die erhöhte globale Aktivität ist laut Lazard hauptsächlich auf die anhaltende Dynamik in Europa und die gestiegene Aktivität im Wirtschaftsraum Asien-Pazifik (Apac) zurückzuführen, während die USA vergleichsweise hinterherhinken. So gab es nur 55 neue Kampagnen in den USA – ein Rückgang um 19% im Vergleich zum Vorjahr. Das Land repräsentierte etwa die Hälfte aller globalen Aktivitäten, im Vergleich zu 60% im Jahr 2022. Zugleich wurden 26 neue Apac-Kampagnen gestartet – eine Steigerung um 24%. Dabei stand Japan mit 16 neuen Kampagnen am stärksten im Fokus.
Die Dynamik in Europa setzt sich fort. Nach einem rekordverdächtigen ersten Quartal wurden im gesamten ersten Halbjahr 39 neue Kampagnen gestartet. Die Aktivität in Europa verteilte sich stärker auf verschiedene Länder als in früheren Zeiträumen. Am häufigsten waren die Attacken aktivistischer Investoren in Großbritannien mit 36% der europäischen Kampagnen und in Deutschland mit 26%. Zum ersten Mal seit mehreren Jahren verzeichnete Italien einen quartalsweisen Anstieg der Aktivität. Der Anteil Italiens an den europäischen Kampagnen verdoppelte sich auf 22%. Nach einem Rekordjahr 2022 blieb die Aktivität in Frankreich in der ersten Hälfte dieses Jahres mit nur 5% der europäischen Kampagnen gering.
Kampagnen, die sich auf Fusionen und Übernahmen bezogen, dominierten zum zweiten Mal in Folge. So wurden M&A-Forderungen in 59% aller europäischen Kampagnen erhoben. Forderungen nach Aufspaltungen blieben die häufigste M&A-Taktik und machten fast die Hälfte aller M&A-Kampagnen aus.
Es gibt laut Lazard weiterhin erhöhte “Schwarmaktivitäten”, bei denen mehrere Aktivisten kurz hintereinander dasselbe Ziel verfolgen. Das deute möglicherweise auf einen Mangel an neuen Zielen in einer volatilen Umgebung oder auf extrem überzeugende Potenziale in den Thesen der Aktivisten in diesen Fällen hin. Zum zweiten Mal in Folge gab es in Europa drei Fälle, in denen mehrere Aktivisten im gleichen Quartal neue Kampagnen gegen dasselbe Ziel gestartet haben – darunter beispielsweise Engine Capital und Primestone, die die Abspaltung der Spezialitätensparte vom Chemiehändler Brenntag forderten.
Knapp die Hälfte der Kampagnen in Europa richteten sich laut Lazard an Unternehmen mit einem Anteilseigner, der 20% oder mehr hält. Das deute darauf hin, dass Ankerinvestoren die Aktivisten nicht in jedem Fall fernhalten.