Investoren jubeln über RWE-Wende
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz baut das Geschäft mit der Stromerzeugung aus Gas und erneuerbaren Energien aus. Das schafft einen Ausgleich für die schrumpfenden Einnahmen aus Atom- und Kohlekraftwerken. Investoren verzeihen die schwache Halbjahresbilanz, weil sie mit Schlimmerem gerechnet hatten.cru Düsseldorf – Obwohl RWE im Kerngeschäft mit der Stromerzeugung aus Atom und Kohle derzeit mit sinkenden Margen kämpft und mit politischem Druck zum Kohleausstieg rechnen muss, kommt die Halbjahresbilanz bei den Investoren gut an. Der Essener Konzern rechnet mit einem “mittleren dreistelligen Millionenbetrag” an Entschädigung für Investitionen, die durch den beschleunigten Atomausstieg wertlos geworden waren, wie Finanzchef Markus Krebber am Dienstag in einer Telefonkonferenz ankündigte. Zudem macht RWE die künftige Umwandlung zu Europas drittgrößtem Ökostromerzeuger durch die Übernahme der Sparten für erneuerbare Energie von Eon und der Tochter Innogy im Zahlenwerk sichtbar.Dementsprechend werden die Netze und der Vertrieb von Innogy, die in den Besitz des Konkurrenten Eon übergehen sollen, nur noch als nichtfortgeführte Aktivitäten ausgewiesen, wie das Unternehmen mitteilte. Bisher wurde die Tochter Innogy voll konsolidiert. Nun zielt der Konzern wegen der begrenzten Aussagefähigkeit künftig auf die Kennzahlen von “RWE allein” ab. Sie enthalten die Bereiche Braunkohle und Kernenergie, die europäische Stromerzeugung (Steinkohle und Gas) sowie den Energiehandel. Dazu kommt die Innogy-Dividende. Für den Konzern – also inklusive der fortgeführten Innogy-Geschäftsteile – passte RWE die Prognose an die neue Berichterstattung an und erwartet den Rückgang des bereinigten Ebitda auf 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro. Operativer Gewinn sinktDer vergleichbare Vorjahreswert beträgt dabei 2,15 Mrd. Euro. Die fortgeführten Innogy-Aktivitäten dürften dabei 700 Mill. bis 800 Mill. Euro beitragen nach 785 Mill. Euro im Vorjahr. Im ersten Halbjahr sank das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 27 % auf 825 Mill. Euro.RWE liege “voll im Plan für das Gesamtjahr”, kommentierte Konzernchef Rolf Martin Schmitz. Der Dividendenausblick blieb RWE unverändert. So will der Konzern für 2018 die Dividende um 40 % auf 0,70 Euro je Aktie anheben. Der Kurs der RWE-Aktie reagierte am Dienstag auf den Ausblick mit einem Plus von zeitweise 3 % auf 21,52 Euro.Damit hat sich der Börsenwert des Konzerns seit September 2015 mehr als verdoppelt auf 12,4 Mrd. Euro. Seit Jahresbeginn 2018 liegt das Plus bei mehr als 25 %. Hauptaktionäre sind die Ruhrgebietskommunen mit einem Anteil von addiert etwas weniger als 25 %.RWE verdiente zwar im ersten Halbjahr weniger als im Vorjahr. Der Grund war eine sinkende Profitabilität in der konventionellen Stromerzeugung sowie geringere Mengen bei Braunkohle und ein Reaktorausfall in der Kernenergie, deren Ergebnis sich halbierte. An der aktuellen Erholung der Stromgroßhandelspreise nahm RWE wegen langfristig ausgehandelter Lieferverträge auf Termin nur begrenzt teil.Dennoch übertrafen die Essener mit ihrem Zahlenwerk dank der guten Entwicklung im schwankenden Energiehandelsgeschäft die Erwartungen der Analysten. Für “RWE allein” wies der Konzern ein bereinigtes Ebitda von 1,14 Mrd. Euro aus, nach 1,44 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum. Laut UBS-Analyst Sam Arie sind die Markterwartungen beim operativen Gewinn (Ebitda) um 3,5 %, beim Nettoergebnis um fast 8 % übertroffen worden.Finanzchef Krebber bekräftigte, dass in die Ökostromerzeugung, über die RWE ab Ende 2019 verfügen wird, jährlich mindestens 1,5 Mrd. Euro investiert werden sollen. Laut Konzernchef Schmitz tragen die erneuerbaren Energien künftig mit rund 60 % zum operativen Gewinn bei. Sie gleichen damit den langfristig zu erwartenden Rückgang im auslaufenden Geschäft mit Atom und Kohle aus. Schmitz betonte zugleich; RWE werde in der Stromerzeugung mit Gas sogar nach Zukäufen Ausschau halten. Eine Gelegenheit dazu könnte die vom finnischen Staatskonzern Fortum geplante Aufteilung des Konkurrenten Uniper darstellen. “Kohleausstieg voreilig”Der Manager warnte die Politik vor einem voreiligen Ausstieg aus der Kohleverstromung. RWE werde nach dem eigenen Fahrplan bis 2030 seine CO2-Emissionen im Vergleich zu 2015 um bis zu 50 % verringern, erklärte Schmitz. Die Geschwindigkeit eines Kohleausstiegs in Deutschland hänge vom zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze ab. “Die symbolische Festlegung eines Abschlussdatums wird demnach der Komplexität der Aufgabe kaum gerecht.”