Ionos stellt Dividende hintenan
Der Webhoster Ionos hat an der Börse einen Fehlstart erwischt. Die Tochter von United Internet, die ihre Aktien im Februar zu 18,50 Euro ausgegeben hatte und damit schon im unteren Bereich der Bookbuildingspanne blieb, blickt auf einen Kursrutsch von rund 30% zurück. Ein schwaches Umfeld und eine illiquide Aktie bei einem Streubesitz von nur 15% lasten auf dem Kurs. An die Zahlung einer Dividende, um einen Einstieg in die Aktie zu motivieren, denkt das Unternehmen aber nach wie vor als Letztes. “Wir wollen Schulden abbauen. In diesem Jahr wollen wir rund 100 Mill. Euro tilgen”, so Finanzchefin Britta Schmidt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ziel ist eine Verschuldung unterhalb des 3-fachen Ebitda. Und falls dieses Ziel erreicht ist, “fällt uns auch noch etwas anderes ein”, meint die Managerin. “Wir können uns auch Zukäufe vorstellen, um unser Produktangebot oder unseren Footprint zu verbreitern”, erklärt sie.
Der Markt für Webhoster ist vor allem in Europa jenseits von Deutschland, wo die auf kleine und mittlere Unternehmen fokussierte Ionos die Hälfte des Marktes kontrolliert, noch sehr fragmentiert. “In Österreich haben wir 19% Marktanteil, in Großbritannien, Polen und Frankreich zwischen 10 und 13%. Da ist noch viel Spielraum für Wachstum”, so Schmidt. Bei Zukäufen will sich die Managerin nicht zu kleinteilig verzetteln. “Kleinere Zukäufe schließe ich eigentlich aus. Da kommen wir weiter mit dem normalen Wettbewerb. Dass der funktioniert, zeigt ja unsere Kundengewinnung, die sehr dynamisch läuft, mit 60.000 im ersten Quartal nach 120.000 im ganzen Vorjahr”, betont sie. Schmidt will sich auf eine Größenordnung bei Akquisitionen nicht festlegen, unterstreicht aber, dass sich der integrative Aufwand lohnen müsse. Zuletzt hat Ionos We22 gekauft, für 21 Mill. Euro – “das war eher klein, aber wir hatten kaum Aufwand, das Unternehmen einzubinden”. We22 ist keine Hosting-Marke, sondern liefert Software für zahlreiche Marken von Ionos.
Tatsächlich kann Ionos bei Akquisitionen einen gewissen Track Record vorweisen. Dickster Brocken war der Konkurrent Strato, der 2017 für 600 Mill. Euro übernommen wurde, World4you kostete im Jahr danach 76 Mill. Euro. Home.pl wurde zuvor für 135 Mill. und Arsys für140 Mill. Euro erworben. In dieser Spanne hat Ionos also profunde Erfahrung.
Das Unternehmen spürt im Cloud-Geschäft “gewisse Verzögerungen in der Kaufentscheidung bei größeren Kunden”, wie Schmidt sagt. Die noch kleine Sparte, die bisher für rund 10% vom Konzernumsatz steht, soll jährlich um ein Fünftel wachsen, ist im Startquartal jedoch nur um 13% vorangekommen. “Das lag allerdings an einem Einmaleffekt, einem Testlauf bei einem Kunden im Vorjahr. Bereinigt um diesen Effekt ist der Bereich 17% gewachsen und lag damit in unserer geplanten Spanne von 16 bis 20%”, betont die Managerin. Sie achtet darauf, dass sich das Cloud-Geschäft selbst finanziert. “Was wir dort einnehmen, stecken wir derzeit auch wieder rein, um das Wachstum anzuschieben.” So baue die Sparte derzeit auch Mitarbeiter auf, was allerdings nicht bedeute, dass es im Konzern insgesamt zu einem wesentlichen Stellenaufbau komme. Auch im Kerngeschäft Web Presence & Productivity hat das sehr starke Wachstum im sogenannten Aftermarket-Geschäft die Entwicklung zuletzt etwas verzerrt. Bereinigt um dieses Geschäft hätte für das eigentliche Webhosting nur ein Plus von 4% zu Buche geschlagen. Dennoch hält Schmidt am Jahresziel eines insgesamt 10-prozentigen Umsatzplus fest. Sie rechnet im Kerngeschäft “im zweiten Halbjahr mit einer Beschleunigung”.
Gewinn fasst Tritt
Nach den hohen Marketingaufwendungen, die das operative Ergebnis zu Jahresbeginn gedrückt hatten, sollte auch die Gewinnentwicklung wieder Tritt fassen. Vor Abschreibungen (Ebitda) soll das Ergebnis “mindestens 10%” zulegen, wie Schmidt mit Nachdruck erklärt. Sie hält am Ziel fest, die Ebitda-Marge mittelfristig auf 30% zu steigern, wobei sie da eher drei als fünf Jahre als Zeithorizont hat. Im laufenden Jahr fühlt sich Schmidt “wohl” mit einem Ebitda-Ziel von 384 Mill. Euro nach 346 Mill. Euro im Vorjahr. Das wären 11%.
Die geplante Profitabilitätssteigerung soll auch dazu führen, dass der Webhoster den operativen Cashflow von zuletzt 55% vom Umsatz auf 65% ausbaut. Dazu trägt das prinzipiell sehr Cashflow-starke Geschäftsmodell bei – vom Ebitda gehen im Grunde nur die Zinsen für den Shareholder Loan über 1,28 Mrd. Euro ab und die Investitionen. “Diese dürften im laufenden Jahr zusammen bei unter 200 Mill. Euro liegen”.
Im Gespräch: Britta Schmidt
Ionos denkt an Dividende als Letztes
Webhoster peilt nach Schuldenabbau größere Zukäufe an – “Verzögerungen” im Cloud-Geschäft
Der Börsenneuling Ionos, der den operativen Cashflow auf 65% von zuvor 55% vom Umsatz ausweiten will, denkt an Dividende als Letztes. Wenn die Verschuldung zurückgeführt ist, fasst CFO Britta Schmidt Zukäufe ins Auge und denkt dabei eher groß. “Kleinere Zukäufe schließe ich eigentlich aus”, sagt sie im Interview.