Automobilindustrie

Italien sorgt sich um Alfa, Lancia und Maserati

Nach der Übernahme von Fiat Chrysler (FCA) durch die französische PSA-Gruppe (Peugeot Citroën) ist der Katzenjammer in Italien groß. Denn im neuen Autokonzern Stellantis haben die Franzosen das Sagen: Französische Großaktionäre, darunter der Staat,...

Italien sorgt sich um Alfa, Lancia und Maserati

bl Mailand

Nach der Übernahme von Fiat Chrysler (FCA) durch die französische PSA-Gruppe (Peugeot Citroën) ist der Katzenjammer in Italien groß. Denn im neuen Autokonzern Stellantis haben die Franzosen das Sagen: Französische Großaktionäre, darunter der Staat, sind mit 15% stärker als die Italiener. Auch die Mehrheit im Verwaltungsrat liegt bei der ehemaligen PSA und nur 18 der 43 Spitzenmanager der Gruppe kommen von FCA, davon sind fünf in Nordamerika beheimatet. Ein gutes Geschäft war der Zusammenschluss sicher für Exor, die Beteiligungsholding der Familien Elkann und Agnelli, die 14,4% der Anteile kontrolliert. „Für alle anderen italienischen Stakeholder war das der Kiss of Death“, sagt ein langjähriger FCA-Spitzenmanager. Den Zusicherungen von CEO Carlo Tavares, keine Werke zu schließen, glauben viele nicht, denn die Beschäftigten in Italiens Fabriken sind praktisch alle in Kurzarbeit. Vor allem aber wächst die Sorge um die Zukunft der traditionsreichen Marken Alfa Romeo, Lancia und Maserati.

Die Verkaufszahlen dieser Marken sind 2020 drastisch eingebrochen. Das liegt nicht nur an der Coronakrise. Der Trend ist seit Jahren rückläufig. Italiens Autoproduktion ist zwischen 2010 und 2019 um 41% zurückgegangen und sank 2020 gegenüber 2019 noch einmal um 21% auf 780000 Einheiten. Damit ist Italien auf Platz 7 unter Europas Autoproduzenten abgerutscht.

Während Maserati etwa in der EU nur 3622 Autos verkaufte (inklusive Dodge), hat sich Lancia noch relativ gut geschlagen. Mit einem einzigen Modell, dem schon stark in die Jahre gekommenen Kleinwagen Ypsilon, der in Polen produziert, aber nur in Italien angeboten wird, verkaufte Lancia 2020 mehr Autos als Alfa Romeo, die nach dem Auslaufen des Kompaktmodells Giulietta mit dem SUV Stelvio und der Giulia nur noch zwei Modelle im Sortiment hat, weltweit. Lancia lieferte 43106 Ypsilon aus, Alfa kam auf 36526 Verkäufe. Und nun hat Stellantis-CEO Tavares mit Jean Philippe Imparato auch noch einen Franzosen an die Alfa-Spitze gesetzt. Zwar soll mit dem SUV Tonale bei Alfa Romeo in der zweiten Jahreshälfte ein neues Fahrzeug kommen. Aber allzu große Hoffnungen machen sich Experten nicht. Sie verweisen auf das im Vergleich zur Konkurrenz hohe Preisniveau bei schlechterer Performance.

Die Hoffnungen ruhen nun auf dem neuen Konzern: Eine Alternative zu Stellantis gab es nicht, glauben Insider. Doch künftige Modelle von Alfa, wie vielleicht ein kleinerer SUV, und auch von Lancia, deren neuer Chef Luca Napolitano nun auf eine Erweiterung der Modellpalette und einen Neustart vor allem in Frankreich hofft, werden von der französischen Common Modul Plattform (CMP) kommen, auf der auch der Peugeot 208, der Opel Corsa und der DS 2 Crossback entstehen. FCA habe entweder museumsreife Plattformen oder die Plattform Giorgio, ein „Desaster“, wie ein Ex-Manager sagt.

Tavares pocht auf höhere Effizienz bei Produktion, Einkauf und Entwicklung und will Alfa und Lancia mit der Marke DS zusammenlegen. Es wird sicher neue, gemeinsame Modelle mit unterschiedlichen Badges geben, aber Tavares’ Geduld wird nicht unbegrenzt sein. Beobachter in Italien warten mit einer Mischung aus Hoffen und Bangen auf die Vorstellung des Strategieplans.