Bending Spoons

Italienisches Tech-Einhorn plant Kahlschlag bei Wetransfer nach Übernahme

Eine Ende Juli erfolgte Übernahme des niederländischen Clouddienstes Wetransfer durch das italienische Tech-Einhorn Bending Spoons hat massive Konsequenzen für die Belegschaft. Medienberichten zufolge sollen 75% der We-Transfer-Mitarbeitenden gehen.

Italienisches Tech-Einhorn plant Kahlschlag bei Wetransfer nach Übernahme

Kahlschlag bei Wetransfer geplant

Mailänder Tech-Einhorn Bending Spoons will nach Übernahme 75% der Belegschaft entlassen

kro Frankfurt

Wer regelmäßig große Dateien per E-Mail verschicken muss, dem dürfte Wetransfer ein Begriff sein. Die 2009 gegründete File-Sharing-Firma mit Sitz in Amsterdam bietet Nutzern die Möglichkeit, ohne Anmeldung Links für den Download verschiedener Anhänge zu erstellen – ein nach Unternehmensangaben „hochprofitabler“ Dienst, den zuletzt 80 Millionen monatlich aktive Nutzer in 190 Ländern in Anspruch genommen haben. Das Unternehmen wollte 2022 an die Börse gehen und hatte sich dabei eine Bewertung von bis zu 716 Mill. Euro erhofft. Es machte dann aber wegen der schwierigen Marktbedingungen einen Rückzieher.

Zu einem Exit kam es nun in diesem Jahr, allerdings nicht in Form eines IPOs, sondern in Form einer Übernahme. Der App-Entwickler Bending Spoons, seines Zeichens eines von nur drei bekannten italienischen Start-ups mit Milliardenbewertung und Betreiber von Apps wie Meetup oder Evernote, hat sich Wetransfer Ende Juli für eine unbekannte Summe einverleibt. Schon damals sprachen sowohl Wetransfer-Mitgründer Damian Bradfield als auch CEO Alexandar Vassilev über das Synergiepotenzial beider Firmen, ohne jedoch weitere Details zu nennen.

Wie sich nun zeigt, scheint Bending-Spoons-CEO Luca Ferrari beträchtliches Synergiepotenzial ausgemacht zu haben, und zwar auf Kosten der Belegschaft von Wetransfer. Das Online-Nachrichtenportal „TechCrunch“ und niederländische Medien berichten, dass laut Plänen von Bending Spoons 75% der insgesamt rund 350 Wetransfer-Mitarbeitenden entlassen werden sollen. „Auch wenn wir nicht gerne schmerzhafte oder unpopuläre Entscheidungen treffen, sind wir dazu bereit, wenn wir glauben, dass es das Richtige ist, um dem Unternehmen zum Erfolg zu verhelfen“, ließ sich Ferrari von „TechCrunch“ zitieren.

Ryan Reynolds ist investiert

Aus Sicht des Unternehmens dürften solche „unpopulären Entscheidungen“ denn wohl häufiger schon das Richtige gewesen sein. Sowohl bei den Betreibern der Notiz-App Evernote als auch bei jenen der Social-Media-Plattform Meetup mussten viele Mitarbeitende nach der Übernahme durch Bending Spoons gehen. Ende 2023 entließen die Italiener sogar die gesamte Belegschaft der Foto- und Video-App Filmic nach deren Zukauf.

Bei Wetransfer handelt es sich bereits um die fünfte Akquisition von Bending Spoons in diesem Jahr. Das 2013 gegründete Unternehmen, zu dessen Wagniskapitalgebern unter anderem die Investmentgesellschaft Baillie Gifford, der US-Private-Equity-Investor Durable Capital Partners und der US-Schauspieler Ryan Reynolds gehören, hatte sich im Februar in einer Finanzierungsrunde 155 Mill. Dollar zu einer Bewertung von 2,55 Mrd. Dollar beschafft. Im vergangenen Jahr hatte zudem die italienische Großbank Intesa Sanpaolo dem ursprünglich in Kopenhagen gegründeten Start-up 70 Mill. Euro an Fremdkapital zukommen lassen. Neben Bending Spoons, die als Börsenkandidat gilt, zählen noch die Fintechs Satispay und Scalapay zur bislang kleinen Riege italienischer Einhörner. Im EU-Ranking der eingesammelten VC-Gelder nach Bruttoinlandsprodukt lag das Land 2021 gerade mal auf dem 19. Platz.

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