Italiens Luxussektor digitalisiert

Giglio sieht sich in Schlüsselrolle - Rasantes Wachstum im Online-Handel

Italiens Luxussektor digitalisiert

bl Mailand – Italiens Luxussektor wächst und setzt zunehmend auf digitale Vertriebskanäle. Für 2019 erwartet der Luxusherstellerverband Altagamma einen Absatzzuwachs um 4 bis 5 %. Die Herrenmode soll bis 2022 größere Bedeutung erlangen als der Damensektor. Zum Wachstumsmotor avanciert zunehmend der digitale Vertrieb: Der Anteil des E-Commerce wird laut Altagamma bis 2025 von bisher 8 auf 20 % oder mehr steigen. Global erwartet Bain & Company, dass 2025 ein Viertel der Premiummarkenartikel im Netz verkauft wird (siehe Grafik). Mehr und mehr Luxusmodehersteller steigen bei Online-Vertriebsfirmen ein. Die Übernahme des Mailänder Online-Vertriebsunternehmens Yoox Net-A-Porter (YNAP) für 2,5 Mrd. Euro durch die Schweizer Luxusgütergruppe Richemont im Juni ist nur ein Beispiel dafür.Eine Schlüsselrolle im weltweiten digitalen Vertrieb der Modebranche des Landes spielt die seit 2015 börsennotierte Giglio Group, die 2017 ihren Umsatz auch dank einiger Übernahmen fast verdoppeln konnte auf 79 Mill. Euro und laut Firmengründer und CEO Alessandro Giglio auch 2018 stark gewachsen ist. “Wir haben gerade eine Phase tiefgreifender Veränderungen hinter uns und sind jetzt eine E-Commerce-4.0-Gesellschaft, die sowohl B2B-Angebote in Zusammenarbeit mit E-Commerce-Plattformen von Partnern wie Amazon, Google oder Vente Privée anbietet als auch B2C, also direkt an Endkunden, verkauft”, berichtet Giglio. Die Gruppe führt 55 Plattformen zusammen. Mit Hilfe des Digitalexperten Alessandro Santamaria hat Giglio in den letzten eineinhalb Jahren viel investiert, vor allem in den Erwerb von Unternehmen, die entsprechende digitale Technologien entwickelt haben. Im Juni hat Giglio die Mehrmarken-Plattform Ibox.it aktiviert und organisiert selbst die Abverkäufe der Altbestände großer Modemarken wie Armani oder Versace. Giglio ist weltweit unterwegs, doch der Fokus liegt auf China. In der Freihandelszone von Schanghai wurden große Lagerkapazitäten aufgebaut. Die Preise für den Verkauf der Altbestände lägen 30 bis 60 % unter den ursprünglichen, sagt Giglio. Das Unternehmen sieht sich als Pionier auf dem Feld der Online-Vermarktung. Zuletzt ist die 2003 in Genua gegründete Giglio eine enge Zusammenarbeit mit der Modebloggerin Chiara Ferragni eingegangen. Bestellung über TVIn China kooperiert Giglio mit dem chinesischem TV-Kanal CCTV. Über Wechat und andere digitale Kommunikationsplattformen nimmt Giglio vor allem Millennials ins Visier. Diese können direkt über den Digital-Fernsehsender Canale 68 bestellen, indem sie eingeblendete Codes mit ihrem Smartphone abfotografieren oder auch indem sie Produkte an anderen Orten fotografieren und direkt ordern – alles mit Technik von Giglio.Gute Geschäftsaussichten sieht Giglio, die nun auch andere Sektoren wie die Designbranche oder die Lebensmittelindustrie ins Visier nimmt,in der digitalen Beratung des Mittelstands. Speziell Italiens mittelständische Modeunternehmen haben weder die Mittel noch das Know-how, einen eigenen digitalen Vertrieb für China oder Amerika aufzubauen oder entsprechende Lagerkapazitäten zu errichten.Giglio hat für den Ausbau der digitalen Vertriebskompetenz für die Industrie viel Geld in die Hand genommen. Die Verschuldung stieg dadurch auf 17,5 Mill. Euro – bei einem Ebitda-Ergebnis von 4,8 Mill. Euro im ersten Halbjahr 2018 -, soll nun aber wieder sinken, sagt der Firmenchef. Der Zeitpunkt für den Wechsel vom Mailänder Small-Cap-Börsensegment Aim ins Mid-Cap-Segment Star im März sei wegen des folgenden Kursverfalls sicher nicht ideal gewesen, räumt er ein. Der Kurs gab seit dem Höchstwert im Oktober 2017 von 8,49 auf 2,51 Euro nach. Der CEO hat seinen Anteil dabei auf knapp 56 % aufgestockt.