Junge Verbraucher werden zu nachhaltigen Hedonisten
md Frankfurt – Was für viele über 40-Jährige nur schwer nachvollziehbar ist, stellt für die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen offenbar kein Problem dar. Die Generationen Y und Z – geboren in den frühen 1980er bis Anfang der 2010er Jahre – demonstrieren für mehr Klimaschutz und ernähren sich immer häufiger vegetarisch oder vegan. Gleichzeitig findet es die “Generation Greta”, wie sie Robert Kecskes vom Marktforscher GfK vor Medienvertretern jüngst nannte, völlig normal, jedes neue iPhone-Modell zu bekommen, die internationale Küche mit exotischen Zutaten aus fernen Ländern auszuprobieren und übers Wochenende nach London, Paris oder Rom zu fliegen, um dort zu shoppen und sich zu amüsieren. Jeder fünfte PrivathaushaltDiese junge Zielgruppe als Käufer zu gewinnen, ist eine zentrale Aufgabe für Markenhersteller und Händler. Denn die Millennials, die in den frühen 1980er bis späten 1990er Jahren geboren wurden, stellen inzwischen über ein Fünftel aller Privathaushalte in Deutschland. Diese auch Generation Y genannte Käufergruppe zu vernachlässigen oder gar zu ignorieren, kann sich laut Kecskes kein Konsumgüterproduzent leisten, zumal die iBrains oder Generation Z (geboren in den späten 1990er bis frühen 2010er Jahren), die in ihrem Denken und Handeln den Millennials nahe sind, in einigen Jahren als Haushaltsgründer folgen werden. Volle Kontrolle des Budgets Mit dem Schritt in die eigenen vier Wände unterliegt das gesamte Haushaltsbudget der Kontrolle der jungen Verbraucher. Allein für Produkte des täglichen Bedarfs geben Millennial-Haushalte in Deutschland etwa 15 Mrd. Euro pro Jahr aus; das sind rund 12 % des Gesamtumsatzes mit Fast Moving Consumer Goods (FMCG), und der Anteil wächst schnell.Für die Babyboomer – also die Generation, die zwischen Mitte der 1950er und Mitte der 1960er Jahre geboren wurde – sowie die nachfolgende Generation X (Jahrgänge bis 1980), die in vielen Unternehmen das Sagen haben, ist das Reagieren auf die Wünsche und Forderungen der jungen Leute in vielen Fällen ein Problem, denn sie müssen sich von hergebrachten Denkmustern lösen.Naturnähe und Hedonismus, also das Streben nach Genuss und Spaß, sind für diese Käuferschichten keine sich ausschließenden Ziele mehr, wie Kecskes ausführte, der als Global Insights Director der GfK seit 2018 verantwortlich für die strategische Beratung in Konsumentenfragen ist. Millennials und iBrains vereinen mit Leichtigkeit Dinge, die früheren Generationen unvereinbar erschienen: Freiheit und Bindung, Spaß und Verantwortung, “chillen” und Zeitstress, Öffentlichkeit und Schutz von Privatsphäre. Diese nachhaltigen Hedonisten wollen es bequem und sofort, aber fair und qualitätsvoll.Millennials und iBrains achten gemäß dem GfK-Konsumexperten beim Einkaufen ebenso auf funktionale wie auf soziale und nachhaltige Qualitätsmerkmale. Sie erwarten “Bio”, natürliche Inhaltsstoffe, Fair Trade oder Tierwohl und sind bereit, dafür überproportional viel Geld auszugeben. Gleichzeitig spielen Convenience und Verfügbarkeit eine große Rolle: So soll die Zubereitung von Speisen und die Nutzung von Produkten bequem und schnell gehen. Insbesondere bei den iBrains kann eine schnelle Lieferung wichtiger als hohe Produktqualität sein.Hinzu kommt, dass Millennials und iBrains mit ihrem digitalen Kommunikations- und Einkaufsverhalten Gesellschaft und Märkte verändern. Sie sind an jedem Ort zu jeder Zeit digital erreichbar. Konnektivität und das allgegenwärtige Smartphone sind Dreh- und Angelpunkte dieser Kommunikation. Man tauscht sich aus: Jede digitale Kommunikation, jedes Erlebnis muss die Möglichkeit zum Antworten, Bewerten, Kommentieren oder Teilen bieten. Diese Fähigkeit zur Kommunikation in jeder denkbaren Form erwarten die Jungen nach Erkenntnissen von Kecskes auch von Markenherstellern und Händlern, die für sie relevant werden wollen.Längst werden von der Generation Y große Teile der Konsumausgaben online getätigt: Der E-Commerce-Anteil im Bereich Non-Food liegt bei mehr als 30 %, bei den iBrains sogar bei über 40 %; der Schnitt in der Gesamtbevölkerung liegt bei 20 %. Auch beim FMCG-Online-Shopping sind die jungen Menschen Trendsetter und treiben die Umsätze – allerdings von einer immer noch niedrigen Basis aus. Selbst bei Millennials und iBrains gehen keine 2 % der Lebensmittel und Drogeriewaren über die virtuelle Ladentheke. Zwang zur Faszination Zentrale Aufgabe für Markenhersteller und Händler ist es, Millennials und iBrains zu faszinieren und sie nicht einfach nur mit TV-Spots und Bannerwerbung zu berieseln, sagte GfK-Experte Kecskes. Vielmehr gehe es darum, sie in relevante Dialoge zu ziehen und gelebte Zugehörigkeit zu ermöglichen. Das erfordert u. a. einen forcierten Dialog auf digitalen Kanälen wie Facebook, Youtube, Instagram & Co.Eines sei dabei nicht zu unterschätzen: Trends, die die Jungen setzen, entwickeln sich heute schneller denn je zum neuen Standard für breite Gesellschaftsschichten, so Kecskes.