Der Kampf um die Cloud-Dominanz wird spannender
Kampf um Cloud-Dominanz wird wieder spannender
Alphabet profitiert von starkem Wachstum im Geschäft mit Computerressourcen – Google-Mutter hält Anschluss an Microsoft
xaw New York
Der Kampf der Tech-Riesen um die Cloud-Dominanz wird wieder spannender. Nachdem Microsoft Alphabet zuletzt übertrumpft hatte, wachsen bei den Aktionären der Google-Mutter die Hoffnungen auf eine Aufholjagd. Diese vermeldete für das erste Quartal, getrieben durch eine hohe Nachfrage nach Computerressourcen, einen Erlösanstieg um 15% auf 80,54 Mrd. Dollar. Die Wachstumsrate zum Vorjahr fiel damit stärker aus als erwartet. Analysten hatten mit einem Umsatz von 78,59 Mrd. Dollar gerechnet. Der Nettogewinn zog um mehr als 57% auf 23,66 Mrd. Dollar an, mit 1,89 Dollar lag der Überschuss pro Aktie ebenfalls über der vom Datendienst Factset erfragten Prognose von 1,51 Dollar.
Angesichts der Stärke der Cloud-Sparte, deren Erlöse um 28% auf 9,57 Mrd. Dollar sprangen, zeigt sich Alphabet trotz steigender Ausgaben für die Entwicklung künstlicher Intelligenz gegenüber den Anteilseignern spendierfreudig. So hat der Verwaltungsrat nicht nur zusätzliche Aktienrückkäufe im Volumen von 70 Mrd. Dollar freigegeben, der Konzern will Ende Juni auch erstmals eine Dividende von 20 Cent pro Anteil auszahlen. Im frühen New Yorker Handel am Freitag legte die A-Aktie, die bereits außerbörslich gesprungen war, zeitweise um mehr als 11% zu.
Allerdings hat auch Microsoft die Investoren erneut überzeugt. Die Erlöse des Softwareriesen kletterten im Ende März abgeschlossenen dritten Geschäftsquartal 2024 um 17% auf 61,9 Mrd. Dollar. Die Sparte Intelligent Cloud wuchs mit 21% robust, die Computing-Plattform Azure steigerte den Umsatz mit 31% im Branchenvergleich ungewöhnlich stark. Dies trug zu einem Anstieg des Nettogewinns um 20% auf 21,9 Mrd. Dollar bei.
Wende in Chip-Strategie
Die Tech-Riesen sind in einen harten Kampf um die Vormachtstellung bei künstlicher Intelligenz verstrickt. Ihre Cloud-Sparten profitieren dabei von der gestiegenen Nachfrage nach rechenintensiven Anwendungen. Bisher waren die Konzerne beim Ausbau ihrer KI-Kapazitäten von Halbleiter-Zulieferern wie Intel abhängig, nun bauen sie aber ihre eigenen Entwicklungskapazitäten aus.
So kündigte Alphabet Anfang April ihren neuen Hochleistungsprozessor Axion an, der auf Technologie des britischen Designers Arm basiert und zu großen Datenanalysen fähig sein soll. Seit 2015 hat die Google-Mutter fünf Generationen von Prozessoren lanciert, die das maschinelle Lernen beschleunigen sollen. Seitdem der Textgenerator ChatGPT der Technologieschmiede OpenAI ab November 2022 stark an Popularität gewonnen hat, intensiviert Google ihre Aktivitäten noch. Schließlich kooperiert OpenAI mit Microsoft, die seit 2019 rund 13 Mrd. Dollar in das Start-up investiert hat.
Im Gegenzug sicherte sich der Konzern eine effektive Beteiligung von 49% an den künftigen Gewinnen des jungen Unternehmens, rüstete die Suchmaschine Bing auf und lancierte einen KI-Copiloten für die Office-Produktsuite – diesen bezeichnete CEO Satya Nadella am Donnerstag als Treiber „einer neuen Ära der KI-Transformation“. Investoren bangen infolge der Fortschritte von Microsoft um die Dominanz von Google im Search-Engine-Markt. Zudem stellte der Windows-Konzern im November 2023 zwei eigens designte Chips vor, mit denen er die wachsende Nachfrage nach KI-fähigen Rechenkapazitäten bedienen will.
Die Konzerne lassen sich dieses Rennen hohe Summen kosten. Bank of America rechnet damit, dass sich die Investitionsausgaben großer Cloud-Dienstleister 2024 auf 180 Mrd. Dollar belaufen werden, was einen Anstieg von 27% gegenüber 2023 bedeuten würde. Allein Alphabet legte für das erste Quartal Aufwendungen von mehr als 12 Mrd. Dollar offen, im Vergleich zum Vorjahr bedeutete dies nahezu eine Verdopplung. Finanzchefin Ruth Porat stellte die Investoren darauf ein, dass die Ausgaben auch künftig auf diesem Niveau liegen dürften.
Mehrbelastungen für Meta
Doch nicht alle Tech-Riesen überzeugen Anleger mit ihren Investitionsplänen. Die Aktie von Meta Platforms rauschte am Donnerstag beispielsweise um 10,6% in die Tiefe, obwohl die Facebook-Mutter für das erste Quartal einen Erlösanstieg um 27% auf 36,46 Mrd. Dollar vermeldete. Obwohl der Umsatz damit so stark ausfiel wie noch nie zwischen Januar und März, reichte dies nicht, um Investoren von massiven Mehrbelastungen durch das KI-Wettrennen abzulenken.
Um den Ausbau der Infrastruktur für ihre Sprachmodelle voranzutreiben, will Meta laut CEO Mark Zuckerberg im laufenden Jahr bis zu 40 Mrd. Dollar aufwenden, also 10 Mrd. Dollar mehr als ursprünglich angepeilt. Damit bewegt sich das Unternehmen, dessen Erlösprognose für das zweite Quartal überdies enttäuschte, mit seinen Investitionsausgaben inzwischen auf ähnlichen Niveaus wie Microsoft und Alphabet – zwei Konzernen mit deutlich höherem Umsatz.
Meta setzt nun darauf, mit ihrem jüngsten, Mitte April vorgestellten Sprachmodell Llama 3 die Bindung von Nutzern an ihre Social-Media-Dienste zu erhöhen und wieder effizienter Werbung ausspielen zu können, nachdem neue Datenschutzeinstellungen auf Apple-Geräten die Erlösentwicklung der Facebook-Mutter seit 2022 gedämpft haben. Das Unternehmen hat seine lernfähigen Algorithmen in den KI-Assistenten Meta AI integriert, der Nutzern von Facebook, Instagram, Whatsapp und anderen Diensten in ausgewählten Ländern bereits zur Verfügung steht.
Einsparungen über Entlassungen
Analysten blicken nun indes mit Sorge auf die künftige Gewinnentwicklung. Die Technologieriesen stellen den Mehrausgaben für die KI-Entwicklung allerdings Einsparungen an anderer Stelle gegenüber, Alphabet greift beispielsweise zu hunderten Entlassungen.
Darüber hinaus setzt CEO Sundar Pichai, der sich nun „ermutigt“ über die größere Anzahl an Suchen über die KI-Tools von Google zeigte, auch bei der Unternehmensstruktur an. Dafür schüttelt er seine Entwicklungsabteilungen durch. Alle Teams, die an entsprechenden Modellen arbeiten, werden künftig unter dem Dach der Programmiersparte Deepmind zusammengelegt. Die neue Struktur soll dazu beitragen, dass Alphabet im KI-Rennen den Anschluss an Microsoft halten kann – und damit auch im Cloud-Wettbewerb schlagkräftiger auftritt.