Kapitalmarkt empfängt Bayer mit offenen Armen

Erfolgreicher Bond-Auftritt lässt Verschuldung temporär in die Höhe schießen - Schon für 2021 refinanziert

Kapitalmarkt empfängt Bayer mit offenen Armen

Von Antje Kullrich, KölnDas Vertrauen des Kapitalmarkts in Bayer ist vorhanden. Auch wenn der hoch verschuldete Konzern nach dem teuren Glyphosat-Vergleich sein Schuldenabbau-Ziel für das laufende Jahr begraben dürfte, ist es ihm leichtgefallen, die Investoren erneut anzupumpen. Nur wenige Tage nach der Einigung in den USA hat Bayers Finanzabteilung Nägel mit Köpfen gemacht. Mit Bonds im Volumen von 6 Mrd. Euro ist ein großer Teil der Finanzierung des Vergleichs mit Zehntausenden von Klägern gesichert. Mit dem eingenommenen Geld hat Bayer bereits jetzt weitgehend die Refinanzierung von Anleihen von über 8 Mrd. Euro, die im kommenden Jahr fällig sind, gestemmt.Finanzchef Wolfgang Nickl hatte in der vergangenen Woche angekündigt, zügig an den Anleihemarkt zu gehen. Den Worten ließ er jetzt Taten folgen. Das Volumen von 6 Mrd. Euro in vier Tranchen zu je 1,5 Mrd. Euro war etwa 2,5-fach überzeichnet. Bayer hatte in einer ersten Preisindikation zunächst recht hohe Spreads annonciert, konnte angesichts der Nachfrage aber die Kupons noch deutlich senken. Ein Analyst bezeichnete die letztlich erreichten Spreads als marktüblich im “BBB”-Bereich. Zuvor hatten die Ratingagenturen quasi den Boden bereitet und für einen günstigen Zeitpunkt gesorgt. Moody’s und Fitch hatten ihre Einstufungen bestätigt und den Ausblick jeweils von “negativ” auf “stabil” angehoben. Moody’s begründete das mit der geringeren Unsicherheit hinsichtlich finanziellen, aber auch Reputationsrisiken.Die Nettoverschuldung von Bayer, die Ende März bei 35,4 Mrd. Euro gelegen hatte, dürfte mit den jüngsten Bondemissionen die 40-Milliarden-Marke gerissen haben. Ursprünglich hatte der Pharma- und Agrarchemiekonzern avisiert, die Nettoverschuldung bis Ende des laufenden Turnus auf 27 Mrd. Euro zu drücken. Darin waren aber mögliche Vergleichszahlungen explizit nicht eingerechnet. Jetzt muss der Konzern den eigentlich für den Schuldenabbau eingeplanten Cash-flow umleiten. Bis zu 5 Mrd. Dollar sollen bereits in diesem Jahr fließen, das Gleiche im kommenden Jahr und der Rest im Jahr 2022 und später. Eine neue Prognose zur Entwicklung der Nettoschulden wird Bayer frühestens mit dem Zwischenbericht im August geben und will dann auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie berücksichtigen.Temporär, so schätzten die Analysten von Moody’s, könnte Bayers Leverage Ratio 2020 in der Gegend des 4-fachen Ebitda landen. Für das kommende Jahr rechnen sie mit dem 3,5-fachen, für 2022 dann mit dem 3-fachen Ebitda. Dieses Verhältnis, so schreibt Moody’s, sei für die aktuelle “Baa1”-Kategorie ein eher schwaches. Damit sei der Spielraum für eine Underperformance im operativen Geschäft oder schuldenfinanzierte Zukäufe begrenzt, warnen die Bonitätswächter.