Kartellamt prüft Umgang der Bahn mit Mobilitätsdiensten

Staatskonzern beschränkt den Zugang zu Daten

Kartellamt prüft Umgang der Bahn mit Mobilitätsdiensten

sp Berlin – Das Bundeskartellamt hat ein Verwaltungsverfahren gegen die Deutsche Bahn eingeleitet. Es geht um den Verdacht, dass der Staatskonzern seine Marktmacht missbraucht, um Mobilitätsdienste im Internet zu behindern. Digitale Plattformen, über die Reisende aus einer Hand sämtliche Verkehrsmittel buchen können, seien ein wichtiger Zukunftsmarkt, heißt es in der Mitteilung der Behörde. Solche Dienstleister seien auf Informationen der Bahn angewiesen, erhielten aber nicht immer ausreichend Zugang. “Nach uns vorliegenden Informationen erhalten Mobilitätsplattformen bislang beispielsweise keine Echtzeitdaten über Züge”, lässt sich Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamts, zitieren. Außerdem mache die Bahn den Online-Diensten umfangreiche Vorgaben etwa in Bezug auf die Online-Vermarktung und Rabattgewährung für Bahntickets. “Wir gehen dem nach und werden prüfen, ob die Deutsche Bahn die Auffindbarkeit und Attraktivität von Mobilitätsplattformen für Verbraucher zu Unrecht einschränkt.”Ob die Wettbewerbshüter mit der Untersuchung einer Beschwerde aus der Branche folgen oder eigenen Erkenntnissen nachgehen, lässt die Behörde auf Nachfrage offen. Die Probleme von Anbietern wie Flixbus, Trainline oder der ehemaligen Bahn-Tochter Quixxit, deren intermodale Online-Angebote auch auf Daten der Bahn bauen, sind aber schon länger bekannt. Das Berliner Start-up Goeurope, das seit dem Frühjahr als Omio firmiert, begrüßt denn auch die Ankündigung des Kartellamts. “Nur wenn es für alle Beteiligten faire Rahmenbedingungen gibt, können Anbieter wie Omio erfolgreich sein”, sagte ein Unternehmenssprecher der 2012 gegründeten Firma, die vor etwas mehr als einem Jahr eine 150 Mill. Dollar schwere Finanzierungsrunde abgeschlossen hat und Anfang November die Übernahme des australischen Konkurrenten Rome2Rio meldete. Das Kartellamt spiele eine wichtige Rolle dabei, gleiche Wettbewerbsbedingungen für innovative Dienstleister herzustellen, das Angebot für Verbraucher zu erweitern und die Zahl der Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel zu erhöhen, heißt es bei Omio.Die Deutsche Bahn sagte eine Kooperation mit dem Kartellamt zu. “Beim Online-Vertrieb stellen sich im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung neue Fragestellungen, zu denen es bislang an gefestigter Rechtspraxis fehlt”, sagte eine Sprecherin. Man sei optimistisch, die Sachverhalte klären und die Vorwürfe ausräumen zu können. Open Source für die SchieneNicht jeder Staatskonzern knausert mit seinen Daten. Die französische Bahn SNCF hat zum Beispiel schon 2015 Programmierschnittstellen (API) geöffnet, so dass Programmierer mit Echtzeitdaten zum Schienenverkehr hantieren können. Auch Network Rail, der staatliche Infrastrukturbetreiber für die Schiene in Großbritannien, bietet Datafeeds nach dem Open-Source-Prinzip an. Die Deutsche Bahn scheint dagegen wenig Interesse zu haben, ihre Daten zu teilen. Zum einen versucht der Konzern mit dem DB Navigator selbst im Geschäft mit Mobilitätsdiensten mitzumischen. Zum anderen käme eine App, die etwa die Verspätungen der Bahn im Fernverkehr in Echtzeit anzeigt, wohl nicht jedem gelegen.