Kartellamt spricht bei Warenhaus AG mit
Von Annette Becker, DüsseldorfSo ernsthaft wie nie zuvor verhandeln die Eigentümer von Karstadt und Kaufhof derzeit über einen Zusammenschluss der beiden großen deutschen Warenhausbetreiber. Natürlich gibt es keine Garantie, dass die Verhandlungen am Ende in einer Fusion münden. Immerhin bestätigte die kanadische Hudson’s Bay Company (HBC), die Kaufhof 2015 von Metro erwarb, kürzlich aber Gespräche mit dem Karstadt-Eigner. Verglichen mit den vorherigen Anläufen, die die Signa Holding des Österreichers René Benko unternahm, um HBC an den Verhandlungstisch zu bringen, ist das schon ein Quantensprung. Allerdings liegt die Entscheidungsgewalt hinsichtlich einer Übernahme bzw. Fusion nicht allein bei den beiden Warenhausbetreibern. Vielmehr haben die Kartellbehörden ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, auch wenn die Unternehmen bislang noch nicht vorgefühlt haben. In Abhängigkeit von der gemeinsam erreichten Umsatzschwelle ist der Genehmigungsantrag bei der EU oder dem Bundeskartellamt zu stellen. Reicht hierzulande ein gemeinschaftlicher Umsatz von 500 Mill. Euro, um antragspflichtig zu werden, ist Brüssel automatisch zuständig, wenn der weltweite Umsatz die Schwelle von 5 Mrd. Euro übersteigt. Während Karstadt ausschließlich in Deutschland unterwegs ist, verfügt Kaufhof jenseits der deutschen Grenzen nicht nur in Belgien über stationäres operatives Geschäft, sondern neuerdings auch in den Niederlanden. Dennoch steht für Kartellrechtsexperten außer Frage, dass bei der potenziellen Gründung der Warenhaus AG die Zuständigkeit in Deutschland liegen wird. “Bei einem lokalen Nexus wie im Fall der beiden deutschen Warenhausbetreiber wird die EU-Kommission den Fall vermutlich an das Bundeskartellamt verweisen, oder die Bonner Behörde stellt einen Antrag auf Rückverweisung”, sagt Jens Steger, Kartellrechtsexperte der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons im Gespräch.Dass die Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen der seit den frühen 2000er Jahren immer wieder ins Gespräch gebrachten Warenhausfusion gestiegen ist, liegt schlicht an dem sich rasant verändernden Umfeld im Einzelhandel. Im Vordergrund stehen dabei die Online-Händler, die zumindest eine Mitschuld an den seit Jahren erodierenden Umsätzen im stationären Einzelhandel tragen. So hat Galeria Kaufhof ausgehend von einem Umsatz von 3,3 Mrd. Euro im Jahr 2010 im zurückliegenden Turnus nur noch 2,6 Mrd. Euro erlöst. Bei Karstadt sah es nicht viel besser aus: Dort verringerte sich der Umsatz (ohne Sporthäuser) nach Angaben des EHI Retail Institute von 3,1 Mrd. Euro (2010) auf nur noch 2,1 Mrd. Euro im abgelaufenen Turnus. Ob das allein jedoch ausreicht, die Kartellwächter milde zu stimmen, ist nicht gesagt. “Im Zentrum der Fusionskontrolle steht die Prognose der Marktentwicklung über einen Zeitraum von üblicherweise drei bis fünf Jahren”, weiß Steger und fügt an, dass die Warenhausfusion die erste Entscheidung des Kartellamts werden dürfte, “in der die Marktanteilsverschiebungen von klassischen Warenhäusern in den Online-Handel in den Fokus rücken”. Von einer marktbeherrschenden Stellung wird hierzulande bei Erreichen eines Marktanteils von 40 % ausgegangen. Entscheidend ist die Marktabgrenzung, wobei gilt: Je breiter der Markt gefasst wird – sei es in räumlicher Abgrenzung oder bezüglich der Sortimente -, desto stärker verwässern die Marktanteile. Letztlich werden aber auch die Marktteilnehmer, Konsumenten und Lieferanten befragt, so dass eine längere Prüfphase zu erwarten ist. Dass die potenzielle Fusion am Ende am Kartellamt scheitert, ist jedoch wenig wahrscheinlich. “Ich kann mir gegenwärtig nicht vorstellen, dass es bei Karstadt/Kaufhof zu einer generellen Untersagung kommt”, sagt Steger und verweist darauf, dass eine Fusion aus freien Stücken gerade aus kartellrechtlicher Sicht allemal besser wäre als eine Sanierungsfusion, bei der die Hürden ungleich niedriger wären.