Keep the change

Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 2.11.2013 "Boston Consulting ist heute eine sehr attraktive Marke, viele führende Berater möchten sich uns anschließen. Es ist einfacher auf diesem Weg Top-Leute zu integrieren, als eine komplette Firma...

Keep the change

Von Walther Becker, Frankfurt”Boston Consulting ist heute eine sehr attraktive Marke, viele führende Berater möchten sich uns anschließen. Es ist einfacher auf diesem Weg Top-Leute zu integrieren, als eine komplette Firma zu übernehmen.” Carsten Kratz, seit Jahresbeginn Deutschland-Chef der Management-Beratung Boston Consulting Group (BCG), erteilt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung Übernahmen – wie die gerade angekündigte von Booz & Company durch PwC – eine klare Absage. BCG bleibt sich damit auch 50 Jahre nach der Gründung treu. Der Geburtstag wird in wenigen Tagen auch in Deutschland gefeiert, mit rund 400 Gästen in Frankfurt. Gastredner ist Siemens-Chef Joe Kaeser – Europas größter Investitionsgüterkonzern ist BCG traditionell verbunden.Der Markt in der Strategieberatung ist noch immer stark zersplittert. Kratz lässt global als Rivalen von BCG McKinsey, die seit Jahren die Nase vorne hat, sowie Bain & Company gelten. Wer um 4 Mrd. Dollar im Jahr umsetze, wie die beiden Marktführer, und auf eine Marge von 20 % komme, der könne 700 Mill. Dollar im Jahr in Infrastruktur global investieren. Wer aber beispielsweise auf Einnahmen von 600 Mill. komme, der werde im Zweifel bei einer halb so großen Marge lediglich 30 Mill. Euro aufwenden können – und damit zu wenig, um sich langfristig zu behaupten. Gambler”Game Changing” lautet das Motto, dass sich die im Eigentum der Partner befindliche BCG seit Jahren gibt. Was ist das Besondere, das BCG von der Konkurrenz unterscheidet? Wie häufig bei dem Beratersprech ist auch diese Differenzierung schwer konkret zu fassen. “Wir haben erstens in unserer DNA das Thema Strategie”, sagt Kratz. Es gehe immer darum, die Klienten so zu beraten, dass sie einen Wettbewerbsvorteil ihrer Konkurrenz gegenüber gewinnen, und idealerweise die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass der Kunde über Kostenabbau hinaus bessere Wachstumschancen erhält. BCG stehe zweitens für “nachhaltige Veränderungen” und nicht kurzfristige Entscheidungen wie etwa raschen Personalabbau zur einmaligen Kostensenkung. Und drittens unterscheide man sich in der Art, wie BCG mit Kunden zusammenarbeite – etwa auch junge Mitarbeiter der Klientel stets mit Respekt zu behandeln, nicht von oben herab.Erfahrungskurve, Portfoliomatrix, Zeitwettbewerb, Dekonstruktion: Das sind die Klassiker, die von BCG Einzug in Managementlehre und Unternehmenspraxis gefunden haben. Sehr bekannt ist etwa die BCG-Matrix, ein Portfolio für das strategische Management. Sie soll den Zusammenhang zwischen Produktlebenszyklus und Kostenerfahrungskurve zeigen, grafisch als Streu- oder Blasendiagramm dargestellt.Bei den Dax-Unternehmen, wo McKinsey und BCG überall vernetzt sind, haben sie projektbezogen auch parallel Einsätze. Und das kostet. Was die Kunden für die Leistungen berappen, darüber will Kratz lieber nicht sprechen. “Auch in unserer Branche gibt es Preisdruck”, gibt er zu, doch BCG wolle “Preisspiele” nicht mitmachen – daher habe das Geschäft in Deutschland 2012 bei 490 Mill. Euro Umsatz auch auf der Stelle getreten. Aber ein Wachstum in einstelliger Prozenthöhe traut Kratz der Organisation schon zu. Ohnehin schauten Konzerne weniger auf die Kosten im Einzelfall als mehr auf die Zahl der Projekte. Immerhin ist BCG die einzige der Großen, die Zahlen nennt.Und so fing alles an. 1963 gründete Bruce Henderson in Boston die Gesellschaft. Er kam von Arthur D. Little. Drei Jahre präsentierte er mit seinen Kollegen die “Erfahrungskurve”. Und wenig später ging es schon nach Mailand, Tokio und London, wobei von 1990 bis 2004 mit der Ausweitung von 14 auf 60 Büros weltweit expandiert wurde. 1973 verließen Bill Bain und andere BCG und gründeten Bain & Company. Heute ist BCG mit 78 Büros in 42 Ländern vertreten und unterteilt in 18 sektorale und 16 funktionale Gruppen. SorryMit einer Entschuldigung begann der Eintritt in den deutschen Markt. Gründer Henderson referierte 1975 am Massachusetts Institute of Technology über die Portfoliomatrix. Ein deutscher Teilnehmer stellte eine Frage, auf die er nur knapp antwortete. Wenig später bedauerte Henderson seine schroffe Erwiderung und lud den Zuhörer zum Essen ein. Wie sich herausstellte, war dieser in führender Position bei Siemens und wollte die Portfolioanalyse in seinem Unternehmen anwenden. Henderson flog nach München. So startete BCG in der bayerischen Landeshauptstadt. Das Büro wurde Keimzelle für sechs weitere Niederlassungen im deutschsprachigen Raum.Deutschland ist heute nach den USA der wichtigste Markt vor Frankreich und Japan. Von den global 700 Partnern stammen 200 aus den USA und 1 060 aus Deutschland. Von den weltweit 6 200 Beratern sind hier 1 060 tätig.——–Boston Consulting, die global zweitgrößte Unternehmensberatung, wird 50 Jahre alt.——-