Lufthansa will mehr Frauen in die Cockpits bringen
(Weibliche) Piloten Mangelware
Lufthansa will mehr Frauen in die Cockpits bringen – Neue Finanzierung
lis Frankfurt
Die Zahlen sind unterschiedlich, aber immer gewaltig: Der Bedarf an Piloten wird in den nächsten Jahren explodieren. Airbus geht davon aus, dass sich die weltweite Flugzeugflotte in den kommenden 20 Jahren verdoppeln wird, deshalb müssten laut dieser Prognose weltweit rund 585.000 neue Flugzeugführer ausgebildet werden. Konkurrent Boeing nennt sogar eine Zahl von 674.000 neuen Pilotinnen und Piloten. Der Internationale Luftfahrtverband IATA erwartet bis 2037 eine Verdopplung der weltweiten Passagierzahlen auf 8 Milliarden Fluggäste pro Jahr, es müssten daher 800.000 Piloten ausgebildet werden.
Neben dem prognostizierten Wachstum im weltweiten Luftverkehr spielt auch die Altersstruktur in den Cockpits eine Rolle: Branchenschätzungen zufolge werden 42% der derzeitigen Piloten innerhalb des nächsten Jahrzehnts in den Ruhestand gehen. Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist man man als Fluglinie vermutlich im Vorteil, wenn man selbst Piloten ausbildet, wie es etwa die Lufthansa seit Jahrzehnten tut.
Lufthansa will keine „Rich Kids“-Ausbildung
12.000 Piloten gibt es in der Lufthansa Group, jährlich braucht sie derzeit etwa 500 neue Flugzeugführer. Finanziell ist die Ausbildung für den Konzern ein Zuschussgeschäft. 120.000 Euro koste die Ausbildung für die Flugschüler, „aber da legt die Lufthansa dann noch was drauf“, sagt Matthias Spohr, Geschäftsführer der Lufthansa Aviation Training, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Pro Schüler – 300 sind es im Jahr – fallen 40.000 bis 50.000 Euro an, was sich auf jährlich 10 bis 15 Mill. Euro summiert. Trotzdem sind die Kosten für den einzelnen Flugschüler ein ziemliches Brett – wer hat schon nach dem Schulabschluss 120.000 Euro zur Verfügung.
Weil Pilot nicht zum „Rich Kids“-Beruf werden soll, hat die Lufthansa zusammen mit Brain Capital ein Finanzierungspaket geschnürt, wie Spohr, selbst Pilot in einem Airbus A-320, berichtet. Dadurch müssen die Flugschüler nur noch einen Eigenanteil von 10.000 Euro mitbringen. Die Lufthansa ist an der neuen Fördergesellschaft Aviation Bildungsfonds der European Flight Academy als Kapitalgeber beteiligt.
Finanzierung erfolgt einkommensabhängig
Die Finanzierung erfolge über ein nachgelagertes, einkommensabhängiges Modell. Dabei zahlen die Flugschüler, wenn sie später als Pilot arbeiten, ab einem Einkommen von 30.000 Euro im Jahr einen festen Prozentsatz dieses Einkommens zur Tilgung zurück, typischerweise über elf Jahre. „Die jeweilige Rückzahlungssumme hängt dabei von der Höhe des Einkommens ab, je besser man verdient, desto höher der Betrag“, sagt Spohr. Diskussionen über die Kosten für eine Pilotenausbildung seien ein deutsches Phänomen. Dies habe damit zu tun, dass etwa in angelsächsischen Ländern auch ein Studium Geld kostet.
Die Lufthansa arbeitet in der Ausbildung mit ihrem amerikanischen Partner United Airlines zusammen. In deren Flugschule in Phoenix (Arizona) findet der erste Teil der praktischen Ausbildung statt, nachdem die Flugschüler zuvor in Bremen Theorie pauken müssen. Nachfrage gibt es für die Ausbildung bei Lufthansa reichlich, Spohr spricht von rund 3.500 Bewerbungen für die jährlich zu vergebenden 300 Plätze.
Wenige Frauen entscheiden sich für Ausbildung
Ein Wermutstropfen ist der geringe Anteil an Frauen in der Ausbildung. Aktuell sind nur 15% der Flugschüler in Bremen weiblich, obwohl sich bei den ersten Infoveranstaltungen für den Beruf deutlich mehr Frauen informieren. Spohr berichtet da von einem Anteil von 41%.
Vielleicht liegt es daran, dass es immer noch wenige weibliche Vorbilder im Pilotenberuf gibt, bei Lufthansa kommen die Frauen in den Cockpits auf eine Quote von 6 bis 8%. „Wenn ich die Flugzeuge weiter fliegen will, brauche ich auch diese Hälfte der Bevölkerung“, sagt Spohr, dessen Bruder Carsten den Luftfahrt-Konzern führt. „Außerdem legen wir auch im Cockpit Wert auf Vielfalt.“ Ziel sei ein Frauen-Anteil von 25% beim Start in Bremen. Helfen soll dabei auch das „Cabin-to-Cockpit“-Programm, mit dem Flugbegleitern der Wechsel ins Cockpit schmackhaft gemacht werden soll.