Bundeskartellamt

KI wird zum „Brandbeschleuniger erster Güte“

Mit KI kommt die nächste Herausforderung auf die Wettbewerbsbehörden weltweit zu. Kartellamtschef Andreas Mundt sieht in KI gar einen Brandbeschleuniger. Ein Rezept gegen die wachsende Marktmacht von Big Tech hat der Behördenchef jedoch nicht.

KI wird zum „Brandbeschleuniger erster Güte“

KI als „Brandbeschleuniger“

Kartellamtspräsident erwartet neue Qualität im Kampf gegen Big Tech – Mehr Befugnisse für den Fernwärmemarkt

ab Köln

Im Kampf gegen die Marktmacht von Apple, Google, Microsoft & Co hat das Bundeskartellamt schon manche Schlacht geschlagen. Dennoch sieht Kartellamtspräsident Andreas Mundt der wachsenden Bedeutung von künstlicher Intelligenz (KI) mit Sorge entgegen: „Unter Wettbewerbsaspekten ist KI ein Brandbeschleuniger erster Güte“, sagte der Behördenchef bei der Vorstellung des Jahresberichts 2023/24.

Zwar werde die digitale Welt auch heute schon von Big Tech beherrscht, doch seien die großen US-Konzerne bislang „nur“ die Torwächter (Gatekeeper) ihrer Ökosysteme. Mit KI, glaubt Mundt, wird es künftig gar kein „Gate“ mehr geben. Dann gebe es nur noch in sich geschlossene Ökosysteme. Die Folge: Die Auswahl für die Verbraucher sinke.

Man müsse sich die Dimensionen vor Augen führen: Der Chipdesigner Nvidia und Big Tech stünden für zwei Drittel der weltweiten Investitionen in KI. Es bestehe die Gefahr, dass sich die digitalen Märkte weiter konzentrierten und „ein Marktzuwachs auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfung, von den Chips bis zum Front-End, Einzug hält“.

Auf der Lernkurve

Aus wettbewerblicher Sicht sei es essenziell, die Ökosysteme aufzubrechen. Daran arbeiteten die Kartellbehörden weltweit, auch wenn es bislang noch keine Verfahren dazu gebe. „Wir durchlaufen eine Lernkurve“, sagte Mundt. Im ersten Schritt gehe es vor allem darum, die Gefahren zu definieren. Als Erfolg des Bundeskartellamts wertet Mundt, dass der Bundesgerichtshof die von der Behörde festgestellte überragende marktübergreifende Bedeutung von Amazon vollumfänglich bestätigt habe. Das gebe den laufenden sieben Verfahren viel Rückenwind, glaubt der Kartellamtspräsident.

Neue Werkzeuge zur Bekämpfung von Marktmissbrauch in der KI-dominierten Digitalwirtschaft braucht es nach Einschätzung von Mundt jedoch nicht. Anders sehe das beim Thema Fernwärme aus. Hier führt die Bonner Behörde gerade sechs Pilotverfahren gegen Fernwärmeversorger. Geprüft wird, ob die Preisanpassungsklauseln zulässig verwendet wurden. Fernwärme sei ein klassischer Monopolmarkt, in dem den Kunden der Anbieterwechsel nicht möglich ist. Daher fordert der Kartellamtschef eine „Regulierung light“. Der Gesetzgeber müsse klare Regeln und Strukturen für die Preissetzung vorgeben. Mit erweiterten Befugnissen und Ressourcen könne das Kartellamt dann für deren Durchsetzung sorgen.

Mit Blick auf die Kartellverfolgung fällt Mundts Bilanz positiv aus: „Das läuft inzwischen wieder in den gewohnt effizienten Bahnen.“ Die Zahlen zu den verhängten Bußgeldern sprechen gleichwohl eine andere Sprache: 2023 wurden lediglich 2,8 Mill. Euro Bußgelder verhängt – der niedrigste Wert seit Dekaden. Mundt führt das auf die Folgen der Pandemie zurück. In dieser Zeit konnten kaum Durchsuchungen durchgeführt werden. 2023 liefen dagegen elf Aktionen und weitere zwei im bisherigen Jahresverlauf.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.