Private Equity

KKR steigt bei Raumfahrtfirma OHB ein

Der US-Finanzinvestor KKR will die Raumfahrt- und Technologiefirma OHB zusammen mit der weiterhin dominierenden Gründerfamilie Fuchs von der Börse nehmen. Das Unternehmen aus Bremen wird bei dem Public-to-Private-Deal mit rund 1 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet.

KKR steigt bei Raumfahrtfirma OHB ein

KKR steigt bei Raumfahrtfirma OHB ein

Finanzinvestor beteiligt sich mit einem Drittel am Familienunternehmen – Rückzug von der Börse geplant

Der US-Finanzinvestor KKR will die Raumfahrt- und Technologiefirma OHB zusammen mit der weiterhin dominierenden Gründerfamilie Fuchs von der Börse nehmen. Das Unternehmen aus Bremen wird bei dem Public-to-Private-Deal mit rund 1 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet.

cru Frankfurt

Der sich verschärfende Wettbewerb um das lukrative Geschäft mit Satelliten ruft KKR auf den Plan. Der US-Finanzinvestor will die Raumfahrt- und Technologiefirma OHB zusammen mit der weiterhin dominierenden Gründerfamilie Fuchs von der Börse nehmen. Wie das Unternehmen aus Bremen mitteilt, werden den Minderheitsaktionären durch KKR 44 Euro je OHB-Aktie angeboten. Dies entspricht einem Aufschlag in Höhe von 36,6% auf den Xetra-Schlusskurs vom 4. August 2023 beziehungsweise von 39,1% auf den volumengewichteten Xetra-Durchschnittskurs der OHB-Aktie der vergangenen drei Monate.

Die öffentliche Offerte von KKR wird von Vorstand und Aufsichtsrat der OHB – vorbehaltlich der üblichen Prüfung – ausdrücklich begrüßt. Das Angebot bewertet OHB mit rund 1 Mrd. Euro einschließlich Schulden. Die Marktkapitalisierung an der Börse liegt bei 700 Mill. Euro. KKR erklärt sich laut Investorenvereinbarung mit OHB bereit, eine Kapitalerhöhung zu zeichnen. Das Grundkapital der Gesellschaft soll unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals und Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre um 10% gegen Bareinlagen erhöht werden.

KKR bietet 233 Mill. Euro für die OHB-Anteile, die nicht der Familie gehören, und will zum gleichen Preis je Aktie weitere 76 Mill. Euro über eine Kapitalerhöhung beisteuern. Weitere 30 Mill. Euro sollen über eine Wandelanleihe in die Rocket Factory fließen.

Das Start-up arbeitet an einer Trägerrakete für kleine Lasten, die noch 2023 erstmals in den Weltraum starten soll.

Mit KKR habe die Familie “den idealen Partner gefunden, der als Minderheitsinvestor unser langfristiges Wachstum und unsere Vision unterstützt”, sagte Vorstandschef Marco Fuchs, der OHB für weitere fünf Jahre führen soll. Die Initiative für den Einstieg sei von der Familie ausgegangen.

Dritter Deal in kürzester Zeit

Es handelt sich bei der KKR-Offerte um den dritten milliardenschweren Public-to-Private Deal einer Private-Equity-Firma in Deutschland binnen kürzester Zeit – nach der Übernahme der Software AG durch Silver Lake und dem Kauf der Vodafone-Funkturmtochter Vantage Towers durch KKR und den Infrastrukturfonds GIP. Auch für den Laborbetreiber Synlab wird eine Offerte vom Finanzinvestor Cinven erwartet.

Die Beteiligung von KKR an OHB ist zudem der jüngste Vorstoß einer Private-Equity-Firma in der Satellitenbranche, die erhebliche Investitionen für den Bau und den Start von Raumfahrzeugen erfordert. Die Pläne des Milliardärs Elon Musk und seines Geschäftspartners Jeff Bezos, Tausende von Satelliten in niedrigere Umlaufbahnen zu bringen und die Erde mit schnellem Breitband zu versorgen, haben die traditionelle Satellitenindustrie zu Fusionen gezwungen: Im November 2021 kündigte die in Kalifornien ansässige Viasat die Übernahme der britischen Inmarsat Group Holdings an, während die französische Eutelsat Communications im Juli 2022 einen Zusammenschluss mit dem von Großbritannien unterstützten Unternehmen Oneweb für erdnahe Satelliten ankündigte.

OHB hat Satelliten und Produkte für das europäische Navigationssystem Galileo, für die Wettervorhersage und für die Internationale Raumstation gebaut. Zudem hat das Unternehmen Technologien für die Suche nach Leben auf dem Mars, das Tracking von Kometen und die Unterstützung von Raketenstarts geliefert.

Aktienkurs schießt in die Höhe

Der Kurs der OHB-Aktie stieg am Montagmorgen zeitweise um 31,3% auf 42,15 Euro. Das entspricht einer Marktkapitalisierung von rund 730 Mill. Euro, nachdem sich die Aktie zuvor in diesem Jahr kaum verändert hatte.

Laut Christian Ollig, Partner und Leiter der deutschsprachigen Region bei KKR, wird der globale Markt für Raumfahrtlösungen weiter wachsen: “Wir sehen in Europa großes Potenzial und sind überzeugt, dass OHB mithilfe von zusätzlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung ideal für langfristiges nachhaltiges Wachstum positioniert ist.” KKR tätigt die Investition durch eine Holdinggesellschaft im Besitz des neuesten europäischen Private-Equity-Fonds, des KKR European Fund VI. Eine Gruppe von Aktionären der Familie Fuchs, die zusammen etwa 70% des Unternehmens besitzen, wird keine Aktien verkaufen. Sie wollen auch in der künftigen Aktionärsstruktur mit etwa 63,4% die Mehrheit behalten. KKR käme auf rund 34,1%.

Start mit kleiner Werkstatt

Zu den Kunden des Unternehmens gehören deutsche und europäische Regierungen. Angesichts der sensiblen Lage in den Bereichen Raumfahrtsysteme, Luft- und Raumfahrt und Digitaltechnik, die vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Russland und der Ukraine an Bedeutung gewonnen haben, könnte jede Übernahme politisch kritisch beäugt werden. OHB prüft laut jüngstem Geschäftsbericht mögliche Marktzugangsstrategien für den Nahen Osten und Nordamerika und hat Gespräche mit potenziellen Partnern in diesen Regionen geführt.

Die Wurzeln von OHB gehen auf eine kleine Werkstatt mit fünf Mitarbeitern zurück, die Hydrauliksysteme für die Bundeswehr reparierten. Im Jahr 1981 übernahm die Unternehmerin Christa Fuchs das Unternehmen, holte weitere Familienmitglieder hinzu und verlagerte den Schwerpunkt auf die Raumfahrtindustrie.

Großes Interesse an Familienunternehmen

Ausländische Investoren sind höchst interessiert an deutschen Industrieunternehmen in Familienbesitz. Im April stimmte der mehr als 100 Jahre alte Heizungshersteller Viessmann zu, die dominierende Heizungssparte samt boomendem Wärmepumpengeschäft an den US-Klimaanlagenhersteller Carrier Global für rund 12 Mrd. Euro zu verkaufen. Einen Monat später sicherte sich die Messer SE eine Minderheitsbeteiligung des Staatsfonds GIC aus Singapur, die den Industriegasehersteller mit mehr als 12 Mrd. Euro einschließlich Schulden bewertet.

Der Public-to-Private-Deal von KKR und OHB wäre ein Lichtblick im ansonsten gedämpften Buy-out-Markt, der durch hohe Finanzierungskosten und Meinungsverschiedenheiten über Bewertungen beeinträchtigt wird. Laut Datenanbieter Bloomberg ist der Wert von Private-Equity-Akquisitionen im Jahr 2023 bis dato im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 50% auf rund 287 Mrd. Dollar zurückgegangen. KKR hatte zuletzt im Juli den Kauf des US-Spezialchemikalienherstellers Chase für 1,3 Mrd. Dollar angebahnt.

Die französischen Satellitenunternehmen Intelsat und SES hatten Anfang 2023 Fusionsgespräche geführt, um einen Satellitenriesen zu schaffen, bevor die Gespräche scheiterten. KKR hat durch die Übernahme von PanAmSat für 3,5 Mrd. Dollar vor fast zwei Jahrzehnten bereits Erfahrungen in der Satellitenbranche gesammelt. KKR hat Erfahrung in der deutschen Luft- und Raumfahrt, da der Finanzinvestor 2005 den Triebwerkshersteller MTU Aero Engines an die Börse brachte.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.