Klatsche für Brüssel

Europäisches Gericht kippt Entscheidung gegen Berlin und Deutsche Post - Konzern fließen 380 Mill. Euro zu

Klatsche für Brüssel

wb Frankfurt – Was lange währt, wird aus Sicht der Deutschen Post endlich gut. Der Konzern kann mit einer Überweisung von 377 Mill. Euro rechnen. Denn die EU-Kommission hat im Streit über staatliche Hilfen für Pensionszahlungen an Post-Beamte vor dem Europäischen Gericht eine Niederlage erlitten. In diesem Fall hat der Bund obsiegt.Die Brüsseler Behörde habe in einer Entscheidung von 2012 nicht nachgewiesen, dass der Konzern durch die Kofinanzierung der Pensionen der Beamten durch die Bundesrepublik einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten habe, urteilte der Gerichtshof der Europäischen Union gestern (Az. T-143/12). Die Kanzlei Gleiss Lutz hat für die Bundesrepublik die Aufhebung der Rekordbeihilferückforderung gegen die Deutsche Post erreicht. Auf TreuhandkontoDie Luxemburger Richter erklärten den Beschluss der EU-Kommission für nichtig, in dem der Bonner Konzern aufgefordert wurde, zwischen 500 Mill. und 1 Mrd. Euro zurückzuzahlen. Das Haus Appel hatte daraufhin 377 Mill. Euro auf Treuhandkonten des Bundes überwiesen. Der Dax-Konzern ist jetzt zuversichtlich, das Geld zurückzubekommen, wie ein Sprecher sagte. Dieser Vorgang sei ebenso wenig wie der Abfluss vor vier Jahren ergebniswirksam. Doch sinken die Nettoschulden damit. Die Post-Aktie gewann in einem freundlichen Gesamtmarkt bis zum Nachmittag 1,8 %.”Wir sind erfreut über die Entscheidung des Gerichts”, sagte ein Post-Sprecher. Das Unternehmen setzt darauf, auch mit seiner Klage gegen die Kommission zu reüssieren. Im vorliegenden Fall hatte die Brüsseler Behörde entschieden, dass die Post durch den Staat widerrechtlich Subventionen zur Zahlung von Beamtenpensionen erhalten hat. Dagegen ging Deutschland mit einer Klage beim EuGH vor. Der Bund ist über die staatliche KfW mit knapp 21 % größter Post-Aktionär.Der Konzern hatte infolge der Kommissionsentscheidung 377 Mill. Euro an Berlin überwiesen und sich der Klage gegen die Entscheidung der Kommission angeschlossen. Das Geld wird wohl wieder auf Konten der Post fließen. Der ehemalige Staatsmonopolist kann auf eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit den Brüsseler Wettbewerbshütern zurückblicken. Die Post hatte zuletzt 2010 einen Rechtsstreit mit der Kommission vor dem EuGH über 572 Mill. Euro angeblicher Subventionen gewonnen. Der Konzern habe Monopolgewinne aus dem Briefbereich für seine Paketsparte genutzt, lautete damals der Vorwurf der EU-Wettbewerbshüter. Für BeamtenpensionenDie Deutsche Post musste als AG Postbeamte übernehmen und für sie von 1995 bis 1999 jährliche Beiträge von 2,04 Mrd. Euro an einen Pensionsfonds entrichten. Vom Jahr 2000 an wurde diese Pauschale durch einen Betrag von 33 % der gesamten Bezüge der bei der Post beschäftigten Beamten ersetzt. Die dadurch nicht gedeckten Kosten der Ruhegehälter trug der Bund, der dafür in der Zeit von 1995 bis 2010 insgesamt über 37 Mrd. Euro aufwandte.Anfang 2012 stellte die EU-Kommission fest, dass diese Finanzierung eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstelle, die, soweit ihre Höhe unangemessen sei, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Sie forderte Deutschland deshalb auf, von dem Unternehmen zwischen 500 Mill. und 1 Mrd. Euro zurückzufordern. Dagegen klagte die Bundesrepublik beim Gericht der Europäischen Union und machte geltend, die Kommission habe die staatliche Kofinanzierung der Ruhegehälter der übernommenen Beamten zu Unrecht als staatliche Beihilfe eingestuft. Sie hätte nämlich zunächst nachweisen müssen, dass der Post dadurch gegenüber Wettbewerbern ein tatsächlicher wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist. Für nichtig erklärtMit seinem gestrigen Urteil gibt das Gericht der Klage Deutschlands statt und erklärt den Beschluss der Kommission, soweit er die Subventionen für die Ruhegehälter betrifft, für nichtig.Das Gericht weist zudem darauf hin, dass die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe voraussetzt, dass dem Begünstigten dadurch gegenüber Wettbewerbern ein “selektiver wirtschaftlicher Vorteil” gewährt wird. Dass der Bund die Kosten der Ruhegehälter teilweise übernahm, genüge nicht für den Nachweis, dass die Post gegenüber Wettbewerbern begünstigt worden sei. So könne der Konzern nach der staatlichen Kofinanzierung der Ruhegehälter, auch wenn er weniger benachteiligt sei als zuvor, gegenüber Rivalen immer noch benachteiligt oder diesen gleichgestellt sein, ohne einen Vorteil erlangt zu haben.Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden. Dann ginge die schier unendliche Geschichte weiter.