"Kleinaktionäre müssten Sturm laufen"

Wirtschaftsprüfer kritisieren alternative Bewertungsvorschläge der DVFA für Abfindungen bei Squeeze-outs

"Kleinaktionäre müssten Sturm laufen"

An den Methoden zur Berechnung von Abfindungen scheiden sich die Geister. Die von einem Arbeitskreis der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) entwickelten Empfehlungen stoßen bei Wirtschaftsprüfern auf harsche Kritik.Von Sabine Wadewitz, FrankfurtDie Bewertungsmethoden zur Bestimmung von Abfindungen bei Squeeze-outs oder anderen gesellschaftsrechtlichen Restrukturierungen sorgen weiterhin für Diskussionsstoff. Die Ende 2012 präsentierten “Best-Practice-Empfehlungen” der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) stoßen bei Wirtschaftsprüfern auf Kritik und finden dem Vernehmen nach auch in der Praxis bislang wenig Resonanz.Der DVFA-Arbeitskreis hatte auch die Wirtschaftsprüfer zu seinen Vorschlägen befragt, am Ende deren Bedenken aus Sicht des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) aber nicht berücksichtigt. “Das Ergebnis findet nicht unseren Beifall”, unterstreicht Marc Castedello, KPMG-Partner und Vorsitzer des IDW-Fachausschusses Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft. Die Anmerkungen der Prüfer hat der DVFA-Arbeitskreis aus seiner Sicht in wesentlichen Punkten nicht umgesetzt.Für Castedello sind Unternehmenskauf und Berechnung der Abfindung zwei fundamental verschiedene Vorgänge. Die Rolle des Investors sei eine andere als die des außenstehenden Kleinaktionärs, gibt der Berater zu bedenken. Den Minderheitsgesellschaftern blühe es, mit den DVFA-Empfehlungen im Squeeze-out-Fall schlechter gestellt zu werden. “Kleinaktionäre müssten Sturm laufen, wenn sie es mitbekommen hätten”, warnt Castedello.Er findet zentrale Kritikpunkte an den Vorschlägen zur Methodenvielfalt. Das Vorgehen von Unternehmen und Investoren bei M & A-Transaktionen wird aus seiner Sicht verkürzt dargestellt. Es sei zwar grundsätzlich so, dass sich Unternehmen in Transaktionen viele Methoden ansähen, “aber sie mischen nicht alles”. Die Unternehmen unterscheiden nach Kenntnis von Castedello zudem zwischen Wert und Preis. Der Wert sei ein Erklärungsmodell im Zusammenhang mit der Frage, wie viel man in einem Firmenkauf bezahlen dürfte. Damit reflektiere der Wert die Erwartung in die Zukunft. Der Preis indes spiegele die Zahlungsbereitschaft in einem Zeitpunkt. Und dafür würden Unternehmen auch die Preise anderer Transaktionen vergleichen. “Wert und Preis haben eine unterschiedliche Aussagekraft”, resümiert Castedello.Die abzufindenden Aktionäre haben aus seiner Sicht Anspruch “auf den vollen Wert”. Wenn sich ein höherer Wert, ermittelt nach Ertragswertverfahren, mit einem niedrigeren Preis mische, bekomme der Aktionär zu wenig. Die Methodenvielfalt gehe zu Lasten der Aktionäre. Nicht ohne Grund stelle auch die Rechtsprechung auf den fundamentalen Wert ab und betrachte den Aktienkurs als Untergrenze für die Abfindung. Norbert Breker, Fachleiter Rechnungslegung und Prüfung beim IDW, moniert an den DVFA-Empfehlungen auch, dass dort offengelassen werde, wie die Verfahren für die Bewertung zu kombinieren sind. Durch die Auswahl der Methoden könne jedoch die für die Bemessung der Abfindung relevante Schnittmenge gesteuert werden.In der Praxis bemängelt Castedello Unstimmigkeiten in der Auswahl des Zinssatzes. Hauptanwendungsfall der Unternehmensbewertung sei ja der Impairmenttest zur Überprüfung der Werthaltigkeit des Goodwill. Hier hätten die Konzerne Interesse an einem niedrigen Zins, damit der Wert hoch bleibt. In der Unternehmensbewertung für Transaktionen ist es, jedenfalls beim Erwerber, umgekehrt. Eigentlich, so der IDW-Vertreter, müssten Kapitalisierungs- und Impairmentzinssatz jedoch übereinstimmen. “Dort schaut keiner hin”, mahnt Castedello. Die Prüfer seien bemüht, “die Unternehmen von einer einheitlichen Anwendung zu überzeugen und vom Cherry Picking abzuhalten”.