Von Sebastian Schmid, Frankfurt Die Kompaktklasse war über Jahrzehnte die Basis für weite Teile der Bevölkerung, ein eigenes Automobil überhaupt besitzen zu können. Effiziente Raumnutzung verbunden mit einem relativ geringen Kraftstoffverbrauch machten das Fahrzeugsegment attraktiv, das bis heute vom VW Golf dominiert wird. Allerdings pflügen die mittelgroßen Allzweckautos zunehmend durch schwieriges Gelände. In Nordamerika, wo traditionell gerne schwerere und ausladendere Fahrzeuge als in Europa gefahren werden, zählen mittlerweile drei Viertel der Neuzulassungen der Light-Truck-Klasse an – darunter große SUVs, Geländewagen und Pick-up Trucks. In Deutschland ist man noch nicht so weit, doch erstmals könnten 2019 die SUVs, die im vergangenen Jahr bereits auf Rang 2 vorgefahren waren, den Spitzenrang einnehmen. Nach neun Monaten liegt das Segment laut Kraftfahrtbundesamt mit rund 400 Fahrzeugen Vorsprung vor der Kompaktklasse auf Rang 1. Der Golf der achten Generation dürfte dem Segment zwar noch einen Schub verleihen. Der könnte aber zu spät kommen, um die Wachablösung noch zu verhindern. Umweltdebatte ohne FolgenDie Debatte um die höhere Umweltbelastung durch SUVs hat die Beliebtheit der Fahrzeugklasse im IAA-Monat September jedenfalls nicht reduziert. Der SUV-Absatz zog um knapp 21 % an und entwickelte sich damit noch besser als im Gesamtjahr, in dem bislang ein Plus von 15 % zu Buche steht. Auch das Geländewagen-Segment, zu dem größere Fahrzeuge wie BMW X3 oder VW Tiguan zählen, legte prozentual zweistellig zu.Ein Ende des Booms geländegängiger Stadtfahrzeuge ist also hierzulande ebenso wenig absehbar wie in den europäischen Nachbarländern oder auch in Fernost, wo die chinesischen Konsumenten zunehmend auf den Geschmack der Geländegängigkeit gekommen sind. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich der SUV-Anteil im Reich der Mitte auf gut 40 % in etwa verdoppelt.Es ist nicht nur der sich wandelnde Geschmack und der Wunsch der Kunden nach größeren Autos, die den Kompakten zusetzen. Auch in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz gibt es künftig mehr interessante Alternativen, die den klassischen Kompakten mit Verbrennermotor Marktanteile abjagen dürften. Volkswagens ID3 und andere günstigere Elektroautos wildern ebenso wie die SUVs und Geländewagen in der Kompakt- und der Mittelklasse. Flexible Plattformen helfenFür die Hersteller, die mit modularen Baukästen arbeiten – wie alle deutschen und auch die meisten anderen Volumenhersteller – ist das Siechtum der Kompaktklasse indes nicht allzu dramatisch. Wird das Gelände für den kompakten Ford Focus zu schwierig, kann Ford auf Basis von dessen Plattform einfach mehr SUVs vom Typ Kuga produzieren. Gleiches gilt für VW und die T-Roc-Produktion, die noch weiter hochgefahren werden könnte.