Medienbranche

Konservatives Medienreich wird verkauft

Die Lloyds Banking Group hat sich im Streit um Kredite aus der Zeit vor der Finanzkrise die Kontrolle über das Medienreich der Barclay-Familie gesichert. Damit wechseln unter anderem der konservative "Daily Telegraph" und das Magazin "Spectator" den Besitzer.

Konservatives Medienreich wird verkauft

Konservatives Medienreich vor dem Verkauf

Lloyds Banking Group im Streit mit „Telegraph“-Eignern am Ende der Geduld – Barclay-Familienimperium wird zerschlagen

hip London

Der Lloyds Banking Group ist im Streit mit der Barclay-Familie um Kredite aus der Zeit vor der Finanzkrise der Geduldsfaden gerissen. Sie sicherte sich die Kontrolle über die Holding, in der die Assets des konservativen Medienreichs gebündelt sind. Neben der Telegraph Media Group (TMG) gehört auch das Magazin „Spectator“ dazu. Aidan Barclay verlor sein Amt als Chairman der TMG. Auch sein Bruder Howard musste seinen Sitz im Board räumen. Sky News zufolge ließ sich die schottische Großbank zu ihren Optionen von Lazard beraten. Angeblich erwägt das Institut die Mandatierung einer weiteren Investmentbank, um unmittelbar den Verkauf von „Daily Telegraph“ und “Sunday Telegraph“ einleiten zu können.

Alix Partners wurde auf Bestreben der Bank als Zwangsverwalter für die auf den Bermudas angesiedelte Holding B.UK Ltd mandatiert. Lloyds ist dem „Telegraph“ zufolge auf der Suche nach einem unabhängigen Chairman für die TMG, um den Eindruck zu vermeiden, ungebührlichen Einfluss ausüben zu wollen. Eine Reihe von City-Veteranen und konservativen Politikern sei daraufhin angesprochen worden. Bislang habe Alix Partners zwei Boardmitglieder nominiert, um die Interessen der Bank wahrzunehmen. Um welche Summen es bei dem Streit eigentlich geht, ist bislang unklar. Der „Financial Times“ zufolge sind die Schulden mit knapp 1 Mrd. Pfund höher als bislang gedacht. Sie stammen aus der Zeit vor der Finanzkrise. Bei Lloyds landeten die einst von HBOS vergebenen Kredite, als Lloyds TSB und HBOS 2008 zur Lloyds Banking Group verschmolzen wurden. Sie dürften längst abgeschrieben sein.

Ein Verkauf der Assets könnte Schätzungen aus der City zufolge rund eine halbe Mrd. Pfund einbringen. Jeder Erlös aus der Verwertung der Assets würde die Bilanz des Instituts stärken. Das operative Geschäft oder die finanzielle Stabilität der Telegraph Media Group würden von den Vorgängen nicht in Mitleidenschaft gezogen, sagte ein Sprecher der Barclay-Familie. „Das Geschäft der Firmen in unserem Portfolio entwickelt sich weiterhin stark“, sagte er. „Sie werden von unabhängigen Managementteams geführt, verfügen über eine gute Kapitalausstattung mit minimaler Verschuldung und hoher Liquidität.“ Sie hafteten nicht für Verbindlichkeiten der Holdingstruktur. „Ich möchte Ihnen allen versichern, dass es sich um ein erfolgreiches, rentables Unternehmen handelt“, teilte TMG-Chef Nick Hugh der Belegschaft mit. „Ich bin zuversichtlich, dass wir weiter wachsen und gedeihen werden.“

Springer möglicher Interessent

Die Zwillinge David und Frederick Barclay hatten die Telegraph Media Group 2004 für 665 Mill. Pfund erworben. Als sie im Herbst 2019 einen Verkauf von „Daily Telegraph“ und „Sunday Telegraph“ erwogen, hieß es im „Guardian“, die Blätter würden in der Branche auf gerade einmal 200 Mill. Pfund taxiert.

Als mögliche Käufer werden Axel Springer, die 2004 den Kürzeren gezogen hatte, DMGT („Daily Mail“) und die belgische Mediahuis genannt. Vor knapp 20 Jahren galt auch Jeff Bezos als möglicher Interessent. Der Amazon-Gründer hat dem Vernehmen nach aber das Interesse an Zeitungen verloren. Angeblich sucht er bei der „Washington Post“ einen gesichtswahrenden Exit. Der ehemalige „Telegraph“-Chefredakteur William Lewis und Paul Marshall, der Eigentümer von GB News, könnten ebenfalls auf den Plan treten.

Der Vorstoß von Lloyds bedeutet die Zerschlagung eines weitschweifigen Familienimperiums, zu dem neben den Medienassets auch das Luxushotel Ritz, das E-Commerce-Konglomerat Very Group und der Paketdienst Yodel gehören. Die Zwillinge hatten sich schon zuvor aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. David Barclay verstarb im Januar 2021.

Wenige Monate zuvor hatte er seinen Söhnen Aidan und Howard die Mehrheit an der Holding verschafft. Fredericks Tochter Amanda konnte damit keine Entscheidung der anderen Seite der Familie mehr verhindern. Er warf seinen Neffen vor, Gespräche zwischen Amanda und ihm im Ritz abgehört zu haben. Dieser Streit wurde 2021 beigelegt. Die Scheidung Fredericks von seiner Frau Hiroko beschäftigt Juristen weiterhin. Wie sich im Mai herausstellte, belaufen sich seine Anwaltskosten in dieser Sache auf mehr als 1 Mill. Pfund. Schon 2020 drohte er seinen Verwandten mit einer Klage, sollten sie das Ritz zum Schnäppchenpreis losschlagen. In der Reichenliste der „Sunday Times“ für die Kanalinseln rangiert Frederick mit seiner Familie auf Platz 1. Ihr Vermögen wird auf 6,4 Mrd. Pfund geschätzt.

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