Konsolidierung statt Copacabana

Brasilianischer Telekomkonzern Oi kündigt Milliardenofferte für Lateinamerika-Tochter von Telecom Italia an

Konsolidierung statt Copacabana

Der Telekomkonzern Oi, der unweit der Copacabana in Rio de Janeiro seinen Firmensitz hat, meldet sich in Sachen Konsolidierung des Heimatmarktes zu Wort. Für gut 8 Mrd. Dollar will Oi zwei Drittel der Brasilien-Tochter von Telecom Italia übernehmen und sich an die Spitze des Mobilfunkmarktes schieben.sp/tkb Frankfurt/Mailand – Der brasilianische Telekomkonzern Oi will bei der Konsolidierung des Heimatmarktes ein Wörtchen mitreden. Während die europäischen Rivalen Telecom Italia (TI) und Telefónica im wichtigsten Markt Lateinamerikas derzeit um den Breitbandanbieter GVT buhlen und Oi im Erfolgsfall auch im Festnetz und mit Breitbandangeboten verstärkt Konkurrenz machen würden, bereiten die Brasilianer ein milliardenschweres Angebot für die Anteile von TI an ihrer brasilianischen Mobilfunktochter TIM Brasil vor. Das teilte das Unternehmen in Rio de Janeiro mit.Der Konzern habe Banco BTG Pactual beauftragt, Möglichkeiten für einen Deal mit TI zu prüfen. Das wird nicht einfach werden. An der Börse ist das 67 % umfassende TIM-Paket der Italiener gut 8 Mrd. Dollar wert. Oi kommt auf einen Marktwert von 5 Mrd. Dollar, weniger als die Hälfte von TIM. Das Unternehmen gilt als der am höchsten verschuldete Telekomkonzern in Brasilien. Zum Jahresende erwarten Analysten eine Verschuldung in Höhe des 4,4fachen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda). Für die nächste Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen hat sich die klamme Oi anders als TIM noch gar nicht angemeldet. Zuletzt hatten die Ratingagenturen Fitch und Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit von Oi auf Ramschniveau (“BB+”) herabgestuft, nachdem der designierte Fusionspartner Portugal Telecom in den Strudel der Krise von Espírito Santo geraten war, die 10 % an dem portugiesischen Telekomkonzern hält. Bei Moody’s steht Oi auf “Baa3” mit einem negativem Ausblick.Um das Vertrauen der Anleger wiederzugewinnen, hat Oi seit dem Frühjahr Assets im Wert von 3 Mrd. Dollar verkauft und weitere Devestitionen angekündigt. Auf die Ankündigung einer möglichen Offerte für die TIM-Anteile reagierten die Investoren dennoch positiv. Oi legte im frühen Handel in Sao Paulo 6,7 % zu. TIM, die in den vergangenen zwölf Monaten um gut ein Viertel geklettert ist, kam um 6,1 % voran. Telefónica bleibt ungerührtPortugal Telecom, deren Zusammenschluss mit Oi schon länger beschlossene Sache ist, sprangen in Lissabon um 6,4 % hoch. Telecom Italia, deren Aufsichtsrat gestern über ein mit rund 7 Mrd. Euro bewertetes Angebot für die brasilianische Vivendi-Tochter GVT beraten wollte, marschierten 3,7 % nach vorn. Telefónica, von der ebenfalls noch in dieser Woche ein höheres Angebot als die Anfang August für GVT aufgerufenen 6,7 Mrd. Euro erwartet wird, notierten in Madrid unverändert.Die Position der Spanier im Kampf um eine führende Rolle bei der Konsolidierung des brasilianischen Marktes hat sich mit der Ankündigung von Oi kaum verändert. Für TI gibt es dagegen einen neuen Plan B. Kommen die Italiener bei GVT nämlich nicht zum Zug, stünde TIM in Brasilien weiter ohne Zugang zu Festnetz und Breitband da. Dann könnte die ebenfalls hoch verschuldete TI nach Einschätzung von Analysten in Südamerika den Exit vorziehen, den Telefónica schon lange empfiehlt.Die Spanier, die seit 2007 über das Aktionärsbündnis Telco an TI beteiligt sind und noch gut 8 % halten, drängten immer wieder auf eine Zerschlagung von TIM. Dass TI nicht nachgab, ist einer der Gründe dafür, dass die Konzerne jetzt bei GVT die Klingen kreuzen. Gelingt einem der beiden der Zusammenschluss mit der Vivendi-Tochter, müsste sich Oi im Festnetz und bei Breitbandangeboten mit einem neuen Rivalen auf Augenhöhe auseinandersetzen. Derzeit liegen die Brasilianer im Festnetz mit 40 % Marktanteil vor der mexikanischen América Móvil. Mit ihren Breitbandangeboten deckt Oi 28 % der Anschlüsse ab, der Rivale aus Mittelamerika kommt auf 30 %.—– Wertberichtigt Seite 8