Konsumgütermultis tun sich mit Wachstum schwer
ab Düsseldorf – Die großen Konsumgüterhersteller verlieren an Marktmacht. Zugleich verschieben sich die Machtverhältnisse im Zuge der Digitalisierung zugunsten der Verbraucher. Das sind die zentralen Erkenntnisse einer Studie von Alix Partners, in der die gut 1 000 weltweit größten börsennotierten Unternehmen der Konsumgüterindustrie mit einem Jahresumsatz von jeweils mehr als 100 Mill. Dollar über einen Zeitraum von acht Jahren untersucht wurden.Trotz der beeindruckenden Zahlen – die Industrie stand zuletzt für einen Jahresumsatz von 2,1 Bill. Dollar und erwirtschaftete eine operative Umsatzrendite bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern von über 12 % – täusche das nicht darüber hinweg, dass die Kennziffern seit 2013 stagnieren und der Marktanteil der zehn größten Unternehmen seit Jahren abbröckelt, erklärt Alix-Director Matthias Hansch und wertet die Entwicklung als Signal für die disruptive Veränderung.Die traditionellen Erfolgsrezepte wie die globale Ausrichtung der Wertschöpfungskette und der Aufbau massentauglicher Marken über klassische Werbekanäle funktionierten immer weniger, glaubt Hansch. Zudem erweise sich das Vertrauen auf eine beständig wachsende Mittelschicht offenbar als Trugschluss. Vielmehr stellten die abgeschwächte Weltkonjunktur und eine spürbare Fragmentierung der Märkte die Konsumgüterhersteller vor neue Herausforderungen.Insbesondere die Marktanteilsentwicklung der zehn größten Branchenvertreter – angeführt von Nestlé und Procter & Gamble bis hin zu L’Oréal und Mondelez – müsse nachdenklich stimmen. Ihr gemeinsamer Marktanteil ist nach der Studie von 30 % im Jahr 2008 auf 25 % in den zwölf Monaten bis 30. Juni 2016 zusammengeschnurrt (siehe Grafik) und das, obwohl die M & A-Aktivität rasant zugelegt hat. Nach der Studie erreichte das Transaktionsvolumen in der Konsumgüterindustrie mit 300 Mrd. Dollar 2015 seinen bisherigen Höhepunkt. Mehr als die Hälfte des Volumens entfiel dabei auf zwei Transaktionen: die Übernahme von SAB Miller durch AB Inbev (111 Mrd. Dollar) und Heinz, die sich Kraft Foods schnappte (55 Mrd. Dollar). Zugleich ging die Zahl der Transaktionen seit 2011 jedoch beständig zurück.Ein Grund für die Marktanteilsverluste der Branchenriesen könnte nach Einschätzung von Alix Partners darin liegen, dass die Digitalisierung die Interaktion der Menschen mit Konsumgütermarken und ihr Kaufverhalten komplett verändert hat. “Die Machtverhältnisse haben sich eindeutig zugunsten des einzelnen Konsumenten verschoben, der sich auch nicht mehr in althergebrachte Segmentierungsschubladen pressen lässt”, schlussfolgert Hansch.Für die Industrie bedeute diese Entwicklung, dass die Geschäftsmodelle einer kritischen Prüfung unterzogen werden müssten. “Unumgänglich ist es dabei, digitale Technologie wie eine Art DNA in allen Unternehmensbereichen einzusetzen”, empfiehlt Alix-Dircetor Maximilian Coqui. Damit ließen sich Strukturen und Abläufe effizienter und flexibler gestalten und Entscheidungsgrundlagen für neue Investments, aber auch den Rückzug aus bestimmten Bereichen schaffen.Nach Einschätzung von Coqui entscheiden künftig die Qualität und die optimale Nutzung von Daten über den langfristigen Erfolg der Konsumgüterhersteller. “Big Data ist die Währung der Zukunft”, umreißt der Konsumgüterexperte. Dabei werde es zu einer deutlichen Verschiebung kommen – weg vom reinen Denken in Warengruppen und der Orientierung an den Bedürfnissen des Handels hin zu einer nachfrage- und kundennutzenbezogenen Betrachtung, prophezeit Coqui.