IM GESPRÄCH: ROLF SCHWIRZ

"Kontron ist kein einfacher Fall"

Der CEO des Herstellers von Miniaturcomputern über den Umbau des Unternehmens und neue Marktchancen

"Kontron ist kein einfacher Fall"

Seit Anfang 2013 krempelt Rolf Schwirz Kontron um. Unter seiner Leitung wurden Standorte zusammengelegt und die Kosten gesenkt. Doch das Unternehmen schreibt weiterhin Verluste. Für den Vorstand gibt es noch viel zu tun.Von Joachim Herr, AugsburgDer Start ins Jahr 2015 war für die Aktionäre von Kontron wenig erfreulich. Die Börsenhausse ging an dem Titel vorbei, er verlor bisher 8,5 % an Wert und flog zudem im März aus dem TecDax. Auch das Management ist unzufrieden: “Das erste Quartal war enttäuschend”, sagt Rolf Schwirz, der Vorstandsvorsitzende des Augsburger Anbieters von Miniaturcomputern. Auftragseingang und Umsatz gingen zurück, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verschlechterte sich auf – 4,3 (i.V. 0,1) Mill. Euro.Die Begründung des Unternehmens: Zwei Großkunden der Telekommunikationsbranche in den USA hätten nicht so viel bestellt wie erwartet. “Die Monate März und April waren besser”, berichtet Schwirz. “Jetzt sind wir wieder auf dem Niveau, um unsere Jahresziele zu erreichen.” Angestrebt werden ein Umsatz von 490 bis 510 (457) Mill. Euro und eine Ebit-Marge von 3 bis 5 (1,9) %, ohne die Kosten für die Restrukturierung.Kontron, hinter Advantech in Taiwan die Nummer 2 im Weltmarkt für Kleincomputer, steckt noch mitten im Umbau. “Kein einfacher Fall”, gibt Schwirz zu, der seit Anfang 2013 im Unternehmen ist. Er verweist auf eine ganze Palette von Aufgaben. Bis 2016 sollen die Kosten im Jahr um 40 Mill. Euro gesenkt werden. “Ich bin zu 100 % überzeugt, dass wir das schaffen”, beteuert Schwirz. “Mehr als drei Viertel haben wir schon erreicht.” Vor allem dank der Konzentration auf weniger Standorte. In den Ergebniszahlen ist eine Verbesserung bisher aber kaum zu erkennen, da Belastungen entgegenstehen, etwa der Aufwand für den Umbau und aktivierte Entwicklungsleistungen.Schwirz ordnet auch die Beziehungen zu Vertriebspartnern und Lieferanten neu. Die Anzahl wurde verringert, die der Lieferanten von fast 2 000 auf etwas mehr als die Hälfte. Ziel sind 500. “Mit höheren Bestellvolumina können wir bessere Preise erzielen”, erläutert der Konzernchef. Partner für die FertigungZudem geht es darum, die Produktion neu zu organisieren. Kontron lässt etwa 70 000 Minicomputer im Monat von derzeit noch 13 Auftragsfertigern herstellen, darunter Plexus. Der Nachteil: “Wir haben dort nicht oberste Priorität”, sagt Schwirz und nennt Apple als einen Auftraggeber von viel größerer Bedeutung. Die eigene Fertigung in Malaysia hat Kontron vor drei Jahren verkauft. Die Zahl der Auftragsfertiger auf sechs weiter zu verringern, ist für Schwirz nur ein erster angestrebter Schritt. “Die finale Lösung muss anders aussehen.” Er deutet an, dass er Gespräche mit Unternehmen über Partnerschaften in der Produktion führt. “In absehbarer Zeit werden wir dazu deutlicher.”Seit diesem Monat bietet Kontron den Kunden ein weltweit einheitliches Servicegeschäft an. Warum erst jetzt? Schwirz will sich über Versäumnisse des früheren Managements nicht äußern. Bisher jedenfalls hätten sich Service und die Konditionen von Standort zu Standort unterschieden.Große Chancen verspricht sich Schwirz vom Internet der Dinge. Kontron könne von dem Trend profitieren, elektronische Geräte und Anlagen über das Internet zu verbinden. Das gelte für alle Produktsegmente und Kunden – von der Medizintechnik bis zur Luftfahrt. Als Beispiel nennt er einen Aufzughersteller, mit dem Kontron gemeinsam eine Lösung entwickelt, um Betriebsdaten zu sammeln und auszuwerten. Bei Bedarf könne dann automatisch eine Wartung des Lifts angefordert werden, sei es von einem Servicetechniker an Ort und Stelle oder via Internet aus der Ferne. Wachstum von 30 ProzentDer Markt für solche Lösungen (Embedded Middleware Software) legt nach Schätzung der Beratungsfirma Harbor um 30 % im Jahr zu und kommt 2017 auf eine Größe von mehr als 20 Mrd. Dollar. “Unser traditioneller Markt hat heute ein Volumen von 7 Mrd. Dollar und wächst im Schnitt um 10 %”, sagt Schwirz. Kontron werde die Chancen auf dem neuen, dynamischeren Markt nutzen: “In drei Jahren wollen wir von einer Hardwarefirma zu einem Anbieter von kombinierter Hard- und Software mutieren.”