Konzerne nutzen Topkonditionen am Bondmarkt

Finanzierung günstig wie nie - Über 8 Mrd. Euro an einem Tag eingesammelt - Siemens spart 100 Mill. Euro - Conti erstmals im Dollar

Konzerne nutzen Topkonditionen am Bondmarkt

Niedrige Zinsen und der große Appetit der Investoren veranlassen Europas Unternehmen, verstärkt den Anleihemarkt anzuzapfen. Siemens, die ihren Aktienrückkauf fremdfinanziert hat, zahlt die niedrigsten Zinsen, die sich ein Konzern für entsprechende Laufzeiten in Euro und Pfund bisher sicherte. Continental zapft indessen den US-Bondmarkt an.wb/mic Frankfurt/München – Nach den Entscheidungen der Europäische Zentralbank zur Verhinderung der Eskalation der Staatsschuldenkrise zieht es europäische Unternehmen reihenweise an den Anleihemarkt. Die Emittenten nutzen das von der EZB geöffnete Fenster.Nachdem in der vergangenen, schon rekordverdächtigen Woche rund 10 Mrd. Euro aufgenommen worden waren, waren es am Montag etwa 8,6 Mrd. Euro in zehn angekündigten Transaktionen an einem Tag. Die französische Renault mit der achten Emission des Jahres, Amgen, der weltgrößte Biotechkonzern aus den USA, Snam aus Italien, Iberdrola und Gas Natural aus Spanien und andere Unternehmen zapften die Investoren an. Es dürfte das größte Volumen seit zweieinhalb Jahren gewesen sein. Denn die Konditionen sind derzeit günstig wie nie. Gut gepolstertSiemens – Ratings: “A+” bei S & P und “Aa3” bei Moody’s – zahlt nach eigenen Angaben “die niedrigsten Zinsen, die sich ein Unternehmen für die entsprechenden Laufzeiten bei Euro- und Pfund-Anleihen bisher sichern konnte”. Die Münchner finanzieren mit dem Fremdkapital ihr Aktienrückkaufprogramm.Indessen nutzt der Dax-Rückkehrer Continental die Marktchancen und zapft erstmals den Dollarmarkt an, um Schulden abzulösen und die US-Finanzierung abzusichern. Bei den Niedersachsen werden 2014 rund 2,9 Mrd. Euro syndizierter Kredit fällig. Davon werden jetzt mindestens 500 Mill. Dollar refinanziert.”Die Konditionen sind momentan so günstig, dass es sich für die Unternehmen lohnt, auch ohne akuten Finanzierungsbedarf ein Liquiditätspolster aufzubauen”, sagt Matthias Minor, der bei Royal Bank of Scotland (RBS) das Debt-Capital-Market-Geschäft für den deutschsprachigen Raum verantwortet, mit Blick auf den “negativen Carry”. Dies ziehe sich über die ganze Rating-Bandbreite von Nestlé bis zu High Yields. Investoren seien so stark mit Liquidität versorgt, dass sie trotz niedriger Verzinsung zugriffen. Aktuell liegt die Rendite von Investment Grade Euro Corporate Bonds (Merrill Lynch Index) auf dem Rekordtief von 2,16 %. Laut Tobias Mehring von der LBBW haben deutsche Emittenten mit den drei großen Autokonzernen an der Spitze 2012 bisher Anleihen über 31,6 Mrd. Euro begeben; 21 % des europaweiten Volumens. Auf vollen TourenSiemens hat eine zweijährige Anleihe über 400 Mill. Euro mit einem Zinskupon von gerade 0,375 % versehen, der 7,5-jährige Bond über 1 Mrd. Euro bietet 1,5 %. Zum Vergleich: 2009 wurden auf acht Jahre für 2 Mrd. Euro 5,125 % festgezurrt. Nach der Anleihe-Emission über 2,7 Mrd. Euro zieht Siemens eine positive Bilanz. “Unsere Absicht, teures Eigenkapital mit historisch preiswertem Fremdkapital zu ersetzen, wird umfänglich umgesetzt”, kommentiert Finanzvorstand Joe Kaeser. Dabei habe man diese “extrem günstigen Konditionen” auch langfristig mit Festzinssätzen abgesichert.Tatsächlich sparen die Münchner, die das Geld für einen Aktienrückkauf verwenden und dafür eigene Papiere einziehen, durch die niedrigen Fremdkapitalkosten im Vergleich zu den höheren Eigenkapitalkosten erheblich. Netto 100 Mill. Euro fließen dadurch pro Jahr zusätzlich in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung, lässt sich berechnen. Der Aktienrückkauf läuft auf vollen Touren. Von Anfang August bis zum letzten Freitag wurden 1,1 Mrd. Euro für eigene Papiere ausgegeben. In dieser Zeit schnitt die Siemens-Aktie, die seit Anfang 2011 bestenfalls mit dem Dax mitlief, rund 5 Prozentpunkte besser ab als der Index. Bis Jahresende will Siemens eigene Aktien im Wert von bis zu 3 Mrd. Euro kaufen.Continental – “BB -” (S & P), “Ba3” (Moody’s) mit jeweils stabilem Ausblick – plant mit einer Laufzeit von sieben Jahren. Buchführer sind BoA Merrill Lynch, Crédit Agricole, Deutsche Bank, HSBC, J.P. Morgan und RBS. “Unsere zusätzlichen Investitionen in den USA haben uns veranlasst, erstmals eine Anleihe in US-Dollar zu emittieren. Mit diesem Schritt optimieren wir erneut frühzeitig die Fälligkeitenstruktur unserer Finanzverbindlichkeiten und profitieren dabei insbesondere vom derzeit attraktiven Kapitalmarktumfeld”, kommentiert Finanzchef Wolfgang Schäfer. Emittent ist die Continental Rubber of America Corp. unter Garantie der AG. Das Unternehmen hatte 2010 vier Euro-Anleihen mit verschiedenen Laufzeiten über addiert 3 Mrd. Euro emittiert und damit einen wesentlichen Teil des syndizierten Kredits zurückgezahlt sowie das Fälligkeitenprofil aufpoliert. Greenback immer beliebterIn Dollar denominierte Bonds finden immer weiter Verbreitung, sagt Minor von der RBS. Dies bringe beim Swap Kostenvorteile und entspreche bei Nutzung im Dollarraum der Weisheit, Geld dort aufzunehmen, wo man es benötige. Nach einer RBS-Übersicht haben 2012 sechs deutsche Emittenten den weltgrößten Kapitalmarkt angezapft, davon VW und RWE zweimal und Daimler vierfach. Auch Fresenius Medical Care, Schaeffler und Deutsche Telekom zählen dazu. Siemens begab eine Optionsschuldverschreibung über 3 Mrd. Dollar mit einem Kupon von 1,05 %, wobei die Optionen in Euro denominiert sind.