Konzerne nutzen verstärkt Hybride

Anleihevolumen mit 20 Mrd. Euro schon jetzt höher als im ganzen vorigen Jahr - Deutsche Bahn vorn

Konzerne nutzen verstärkt Hybride

Hybridanleihen liegen im Trend: Sie werfen für Investoren höhere Renditen als übliche Bonds ab und bieten den emittierenden Unternehmen die teilweise Anrechnung als Eigenkapital. Das Volumen schätzt das Research der LBBW für 2019 auf europaweit etwa 23 Mrd. Euro. Das wären 18 % mehr als 2018. Von Walther Becker, FrankfurtDer Immobilienkonzern TLG hat jüngst zur Finanzierung des Einstiegs bei dem größeren Gewerbeimmobilienvermieter Aroundtown über die Ausgabe von zwei Schuldverschreibungen 1 Mrd. Euro eingesammelt. Je zur Hälfte bestand das Angebot aus vorrangigen, unbesicherten Schuldverschreibungen mit dreijähriger Laufzeit sowie aus nachrangigen Anleihen mit ewiger Laufzeit und erstmaligem Rückzahlungsdatum 2024. Der “normale” Bond wird mit 0,375 % verzinst, der Hybrid mit 3,375 %. Die TLG befindet sich mit dem Einsatz des hybriden Instruments zur Akquisitionsfinanzierung in guter Gesellschaft.Weil für Investoren mit klassischen Bonds derzeit kaum noch “Yield” zu machen ist, zieht die Nachfrage nach Hybriden an. Hier liegt der Kupon deutlich über dem von Senior-Anleihen. Und viele Unternehmen nutzen das Interesse der Investoren, zumal ihnen die nachrangigen Bonds im Rating zur Hälfte als Eigenkapital angerechnet werden. Vor allem kapitalintensive Konzerne in Energie, Telekommunikation, Auto und Verkehr sowie Emittenten, die Akquisitionen refinanzieren, setzen auf das hybride Instrument.Das Research der LBBW schätzt, dass es dieses Jahr in dem Segment 35 Anleihen geben wird. Das wäre ein Rekord. Das Volumen schätzt Matthias Schell von der LBBW für 2019 insgesamt auf etwa 23 Mrd. Euro. Das wäre der dritthöchste Jahreswert und bedeutet eine Steigerung von 18 % gegenüber 2018.Mit den beiden Neuemissionen der Deutschen Bahn vom 14. Oktober über zusammen 2 Mrd. Euro wurde schon das gesamte Vorjahresvolumen an Hybriden von 19,5 Mrd. Euro übertroffen. Seit Anfang Januar haben 23 internationale Emittenten insgesamt 31 Hybride für alles in allem 20,1 Mrd. Euro begeben. Das vergleicht sich mit Neuemissionen von Corporate Bonds 2019 bisher von immerhin 362 Mrd. Euro (ohne Banken) und entspricht in etwa dem Schuldscheinmarkt, der nach Angabe des Datendienstleisters Refinitiv in den ersten neun Monaten um 29 % auf 21,7 Mrd. Euro zulegte. Allerdings sind hier die Tickets von wenigen Ausnahmen abgesehen kleiner als bei Hybridanleihen. Mit Equity CreditDie in den Prospekten definierten Hybridstrukturen haben sich den Ratingagenturanforderungen für die Vergabe der begehrten Eigenkapitalanrechnung von 50 % (Equity Credit) angepasst. Sie weisen aus Investorensicht im Schnitt attraktive Aufschläge gegenüber vorrangigen (Senior-)Anleihen auf. Es sind nachrangige Finanzinstrumente, in der Kapitalstruktur stehen Hybridanleihegläubiger nur über Aktionären. Ihre Ratings liegen meist zwei Stufen unter jenen der vorrangigen Anleihen der Emittenten: Eine Stufe Abschlag liegt an Nachrangigkeit, die andere an der Option zum Kupon-Zahlungsaufschub. Hybridanleihen sind für meist fünf bis zwölf Jahre mit einem fixen Kupon ausgestattet. Nutzen Unternehmen den ersten Kündigungstermin entgegen der Marktkonvention nicht zur Rückzahlung, wird variabel verzinst. Aktivste Emittenten in dem Segment seit 2006 sind laut LBBW Volkswagen mit in Summe 13,75 Mrd. Euro, Total (10,75 Mrd.), Telefónica (10,4 Mrd.), Engie, Orange, EdF und EnBW mit knapp 4 Mrd. Euro.Das größte Einzelbondvolumen im laufenden Jahr stammte vom französischen Ölkonzern Total. Merck zapfte den Markt zur teilweisen Refinanzierung der Versum-Übernahme mit zwei Tranchen über zusammen 1,5 Mrd. Euro an. Infineon debütierte jüngst mit 1,2 Mrd. Euro; hier geht es um die Teilfinanzierung des US- Zukaufs Cypress. Setzte Merck neben dem Hybrid auf Senior-Anleihen über 2 Mrd. Euro, so besorgte sich Infineon über die Aktie in einer Schnellplatzierung 1,5 Mrd. Euro. Die Deutsche Bahn als Daueremittent am Bondmarkt setzte erstmals einen Hybrid auf die Schiene, um die Kreditbonität nicht weiter unter Druck zu bringen, wie CFO Alexander Doll im Interview der Börsen-Zeitung sagte (vgl. BZ vom 9. Oktober). Mit einem Gesamtvolumen von 1 Mrd. Euro hatte EnBW Ende Juli seine ersten beiden sogenannten “grünen” Hybridanleihen begeben. Damit sieht sich der Energieversorger als deutscher Pionier. Mit den Erlösen sollen ausschließlich klimafreundliche Projekte finanziert werden, heißt es in Karlsruhe: Windkraft und Fotovoltaik-Projekte.