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Kosten drücken mit Superfrachtern

Von Carsten Steevens, Hamburg Börsen-Zeitung, 17.5.2017 Es ist das größte Containerschiff, das den Hamburger Hafen bislang angelaufen hat - und das erste mit einer Ladekapazität von über 20 000 Standardcontainern (TEU): Seit Montagabend wird die...

Kosten drücken mit Superfrachtern

Von Carsten Steevens, HamburgEs ist das größte Containerschiff, das den Hamburger Hafen bislang angelaufen hat – und das erste mit einer Ladekapazität von über 20 000 Standardcontainern (TEU): Seit Montagabend wird die “MOL Triumph” am Containerterminal Burchardkai des Hafenkonzerns HHLA abgefertigt. Bis zum Aufbruch in Richtung Fernost am Donnerstagmorgen sollen insgesamt rund 6 000 TEU gelöscht und 3 500 TEU geladen werden.Das neue Flaggschiff der japanischen Reederei Mitsui O.S.K Lines (MOL) ist 400 Meter lang. Die Breite von knapp 59 Metern reicht für 24 Containerreihen. Der am 15. März auf der Bauwerft Samsung Heavy Industries in Südkorea getaufte Superfrachter bietet Platz für bis zu 20 170 Stahlboxen. Die “MOL Triumph” ist das erste von insgesamt sechs baugleichen Schiffen der 20 000-TEU-Klasse, die die japanische Reederei in Auftrag gegeben hat.Die Serie entspricht einem langjährigen Trend in der Branche: Die Schiffe, die Container über die Ozeane transportieren, sind vor allem seit Anfang dieses Jahrhunderts immer größer geworden. Die durchschnittliche Schiffsgröße im Verkehr zwischen Fernost und Europa beläuft sich inzwischen auf mehr als 15 000 TEU. Im vergangenen Jahr liefen 240 Großcontainerschiffe, sogenannte ULCVs (Ultra Large Container Vessels) mit einer Kapazität von 14 000 bis 19 000 TEU, den Hamburger Hafen an – eine Steigerung verglichen mit dem Vorjahr um 60 %. Zugleich schrumpfte die Zahl der kleineren Carrier, die den größten deutschen Seehafen ansteuerten. Die Entwicklung hin zu den ULCVs ging einher mit einer starken Ausweitung des Frachtraums. Von 2000 bis 2016 verfünffachte sich die gesamte Frachtkapazität der Reedereiflotten von 4 Mill. auf mehr als 20 Mill. TEU. Für Containerreedereien …Die Reedereien setzen in Anbetracht eines geringeren Wachstums als noch in den Jahren vor dem Crash 2008 und 2009 auf immer größere Schiffe, um die Kosten pro transportierten Container zu reduzieren. Zum einen geht es in einem beinharten Wettbewerb, der 2016 mit der südkoreanischen Hanjin Shipping die weltweit siebtgrößte Containerschifffahrtsgesellschaft in die Insolvenz trieb, um Konkurrenzfähigkeit und Skaleneffekte. Ferner setzen homogene Liniendienste in den Schifffahrtsallianzen, die sich im Zuge der seit 2014 wieder forcierten weltweiten Konsolidierung in der Branche in diesem Frühjahr neu formiert haben, vergleichbare Schiffsgrößen der Reedereien voraus. Und schließlich ist die Schiffsgröße für die Ökobilanz der Gesellschaften, die sich auf kontinuierlich neue Anforderungen und Richtlinien zur Verringerung der Umweltbelastung einstellen müssen, von Bedeutung. Die “MOL Triumph” etwa, so heißt es, komme durch höhere Ladekapazität verbunden mit moderner technologischer Ausstattung auf einen 25 bis 30 % niedrigeren Kraftstoffverbrauch pro Container sowie geringere CO2Emissionen als ein 14 000 TEU-Frachter.Ob und wie lange Schiffs- und Kapazitätswachstum anhalten, ist unklar. Branchenkenner wie Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen verweisen darauf, dass die Kostenvorteile durch immer größere Schiffe weitgehend ausgeschöpft seien. Der Zustrom an neuen ULCVs setzt sich freilich vorerst fort: So geht der Branchendienst Alphaliner von knapp 60 Frachtern mit einer Ladekapazität von 18 000 bis 21 000 TEU aus, die bis 2019 ausgeliefert werden.Eine erhebliche Verringerung der Neubestellungen und Auslieferungen im vergangenen und in diesem Jahr sowie ein deutlich erhöhtes Maß an Verschrottungen deuten derzeit aber auch auf eine bessere Ausbalancierung von Angebot und Nachfrage hin. Die durchschnittlichen Frachtraten, die Preise für den Transport der Stahlboxen, haben sich bei den Containerreedereien seit den Tiefständen im zweiten Quartal 2016 leicht erholt. Zugleich kletterten zwischenzeitlich allerdings auch die Bunkerpreise, was bei einer Reihe von Reedereien wie dem dänischen Branchenführer Mærsk zu operativen Verlusten auch im ersten Quartal 2017 führte. … zählt GrößeDie Aktienkurse börsennotierter Reedereien wie Mærsk und Hapag-Lloyd haben sich seit Ende vergangenen Jahres deutlich befestigt. 15 positiven stehen derzeit im Fall von Mærsk drei negative Anlageempfehlungen von Analysten gegenüber. Dabei verlassen sich die Gesellschaften nun nicht auf eine anhaltend stärkere Preisdisziplin in der Branche. Die Bereinigung im Sektor setzt sich fort, sie hat mittlerweile fast alle 20 weltweit führenden Reedereien erfasst. So arbeitet Mærsk an der Umsetzung der 3,7 Mrd. Euro teuren Übernahme der bislang allianzlosen Oetker-Reederei Hamburg Süd. Hapag-Lloyd will bis Ende Mai den Zusammenschluss mit dem Rivalen UASC aus Dubai unter Dach und Fach haben. Dabei geht es vor allem um Synergien.Auch MOL, deren neuer Superfrachter gerade in Hamburg liegt, strebt bis 2018 eine Fusion mit den beiden ebenfalls japanischen Reedereien Nippon Yusen und Kawasaki Kisen an. Dass hier nicht befreundete Eigentümerfamilien über ihren Schatten springen, zeigt an, wie groß der Handlungsdruck in der Containerschifffahrt ist.