K+S-Aktionäre auf Krawall gebürstet
Vor rund zehn Monaten hat der Kaliproduzent Potash 41 Euro pro Aktie von K+S geboten. Die Führung des Dünger- und Salzproduzenten lehnte die Übernahmeofferte und jedes Verhandlungsangebot ab. Anfang Oktober hatten die Kanadier kein Interesse mehr. Heute kostet die K+S-Aktie mit 22 Euro rund 7 Euro weniger als vor der Offerte. Zudem erfolgte der Abstieg aus dem Dax. Auf Vorstand und Aufsichtsrat kommen auf der Hauptversammlung lebhafte Diskussionen zu.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtSo mancher Aktionär wird sich an diesem Mittwoch auf der Hauptversammlung (HV) von K+S Luft machen. Vieles hat sich da während der vergangenen zwölf Monate angestaut. Die Tonart, in der die beiden Gegenanträge gehalten sind, lassen eine lebhafte Diskussion, um nicht zu sagen einen Schlagabtausch zwischen enttäuschten und verärgerten Aktionären und den Mitgliedern in Vorstand und Aufsichtsrat erwarten.Viele Anteilseigner wird immer noch das Übernahmeangebot des Kaliproduzenten Potash Corporation of Saskatchewan umtreiben. Die Kanadier hatten Ende Juni 2015 vorgeschlagen, Verhandlungen mit dem Ziel einer Übernahme des deutschen Düngemittel- und Salzproduzenten zu führen. Ihr Angebot belief sich auf 41 Euro pro Aktie, was einem Aufschlag von 12 Euro oder 41 % auf den letzten Kurs vor Bekanntwerden der Kaufavancen entsprach. Doch Vorstandschef Norbert Steiner nahm eine Verweigerungshaltung ein. Der angebotene Preis entspreche nicht annähernd dem fundamentalen Wert von K+S, hieß es. Zudem seien die Arbeitsplatz- und Standortzusagen von Potash mit so weitreichenden Einschränkungen versehen gewesen, dass die Produktion in Deutschland nicht gesichert gewesen sei. Daher wurden Verhandlungen mit dem Wettbewerber mehrfach abgelehnt. Anfang Oktober gaben die Kanadier ihre Kaufabsicht auf, nicht zuletzt aufgrund eines sich wieder eintrübenden Marktumfeldes für Kali. 22 statt 41 EuroHätte sich der K+S-Kurs seither halbwegs gehalten – etwa um die Marke von 30 Euro, die vor der Potash-Offerte galt -, wäre wohl keine allzu scharfe Kritik auf der HV zu erwarten. Doch der Kurs fiel im Februar bis unter 18 Euro und hat sich seither nur auf 22 Euro erholt. Das ist etwa die Hälfte dessen, was Potash noch vor rund zehn Monaten zu zahlen bereit war. Kein Wunder, dass einige Aktionäre stinksauer sind.Dass der Vorstand – so denn dessen Vorwurf an die Adresse von Potash, dass das Angebot nicht annähernd dem fundamentalen Wert von K+S entspreche, ernst gemeint war – sich nicht unbedingt mit den Kanadiern über einen Zusammenschluss einig werden musste, ist eine Sache. Dass aber von vornherein jedes Gespräch mit dem Management des Konzerns abgelehnt wurde, kann durchaus als gravierendes Versäumnis der K+S-Führung aufgefasst werden, so dass sich dies in der HV auch in der Zustimmung zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat niederschlagen dürfte. So fordert Karl-Walter Freitag, bekannt als kritischer Aktionär und Hauptversammlungsaktivist, in seinem Gegenantrag, gegen eine Entlastung von Vorstands und Aufsichtsrat zu stimmen. Er begründet dies u.a. ausführlich mit der “Kursvernichtung”, die der Vorstand zu verantworten habe.Es war daher ein kluger Schachzug von Steiner, auf der Bilanzpressekonferenz zu verkünden, er werde mit Auslaufen seines Vertrags im Mai 2017 in den Ruhestand gehen (vgl. BZ vom 11. März). Eine Verlängerung zieht der 61-Jährige also nicht in Erwägung, was entsprechenden Debatten den Wind aus den Segeln nimmt. Doch Forderungen nach einem Rücktritt könnten noch aus anderen Gründen laut werden.So sieht sich K+S zahlreichen ungeklärten Fragen bezüglich der Abfall- und Abwasserentsorgung ausgesetzt. Zum Beispiel hat die Staatsanwaltschaft im thüringischen Meiningen Anklage gegen Steiner und den K+S-Aufsichtsratsvorsitzenden Ralf Bethke erhoben. Sie wirft ihnen Gewässerverunreinigung und unerlaubten Umgang mit Abfällen vor. Es geht um 9,5 Mill. Kubikmeter Salzabwasser, die K+S von 1999 bis 2007 in eine poröse Gesteinsschicht gepumpt haben soll. Dadurch habe K+S das “Trinkwasser nachhaltig verunreinigt”, so die Auffassung der Staatsanwaltschaft. K+S hält die Vorwürfe für unbegründet. Das Landgericht Meiningen muss nun prüfen, ob es die Klage zulässt. Geschieht dies, ist nicht auszuschließen, dass Steiner vorzeitig seinen Hut nimmt. Einer der beiden Gegenanträge fordert in diesem Zusammenhang die Verweigerung der Entlastung von Chefkontrolleur Bethke. Dagegen wird der angekündigte Rückzug von Vorstandschef Steiner als Reaktion auf die Eröffnung des Verfahrens interpretiert; seine Nichtentlastung wird deshalb nicht gefordert, denn “das verdient Respekt”, heißt es im Antrag von Jörg Höhne.Ein Problem, das in den Sommermonaten virulent werden dürfte, ist die Versenkung von Salzabwässern des Werkes Werra. Zwar hat das Regierungspräsidium Kassel übergangsweise eine Erlaubnis erteilt, wonach 2016 eine Versenkung am Standort Hattorf im Gesamtvolumen von 725 000 Kubikmetern erfolgen darf, doch gibt es eine monatliche Obergrenze von 120 000 Kubikmetern. Die Begrenzung dürfte besonders im Sommer, wenn ein niedrigerer Wasserpegel die Einleitung in den Fluss verhindert, zu Problemen führen. Bereits Anfang April musste K+S die Kaliproduktion an den Standorten Hattorf (Hessen) und Unterbreizbach (Thüringen) des Werkes Werra vorübergehend einstellen. Im Konzern rechnet man mit Auswirkungen auf das Jahresergebnis.Auch dass K+S als Resultat der Baisse in den MDax abgestiegen ist, nachdem das nordhessische Unternehmen siebeneinhalb Jahre dem Dax angehört hatte, dürfte thematisiert werden. Steiner und Finanzchef Burkhard Lohr behaupten zwar, dass die Folgen eines Rauswurfs aus dem Leitindex häufig überschätzt werden – Tatsache ist aber, dass die zahlreichen Fonds, die den Dax abbilden, ihre K+S-Aktien verkaufen mussten. Und die öffentliche Wahrnehmung des Konzerns wird durch den Rauswurf aus dem Leitindex auch nicht gerade steigen. 5 Prozent DividendenrenditeIn einem Punkt dürfte es aber wenig Kritik von den Aktionären geben: Für das vergangene Jahr wird K+S eine Dividende von 1,15 Euro je Aktie nach 0,90 im Vorjahr zahlen. Das entspricht bei einem Kurs von 22 Euro einer Dividendenrendite von 5,2 %. Die Ausschüttungsquote von 41 % liegt knapp in der vom Konzern angestrebten Spanne von 40 bis 50 % des Nettoergebnisses.