Nach Singapur

Kultiviertes Fleisch künftig auch in den USA erhältlich

Die zwei Laborfleisch-Hersteller Good Meat und Upside Foods haben in den Vereinigten Staaten einen bedeutenden Durchbruch errungen: Das US-Landwirtschaftsministerium hat ihnen die Zulassung für den Verkauf ihrer zellbasierten Hühnchenprodukte erteilt. Damit öffnet sich nach Singapur das weltweit zweite Land für die neuartigen Lebensmittel.

Kultiviertes Fleisch künftig auch in den USA erhältlich

Laborfleisch-Hersteller erhalten US-Zulassung

Good Meat und Upside Foods starten kommerzielle Produktion von zellbasiertem Hühnchenfleisch – Zweiter offizieller Markt nach Singapur

Die Laborfleisch-Hersteller Good Meat und Upside Foods haben in den USA einen bedeutenden Durchbruch errungen: Das Landwirtschaftsministerium hat ihnen die Zulassung für den Verkauf ihrer zellbasierten Hühnchenprodukte erteilt. Damit öffnet sich nach Singapur das weltweit zweite Land für die neuartigen Lebensmittel.

Die USA haben als zweites Land der Welt nach Singapur grünes Licht für die Produktion und den Verkauf von zellbasiertem Laborfleisch erteilt. Die kalifornischen Unternehmen Good Meat und Upside Foods teilten mit, durch die jeweilige Zulassung vom US-Landwirtschaftsministerium nun mit der kommerziellen Herstellung ihrer In-vitro-Hähnchenfleischprodukte starten zu können.

Die Lebensmittelbehörde FDA hatte die Produkte der beiden Unternehmen zuvor bereits als sicher eingestuft. Die Behörden hatten sich 2019 auf den zweistufigen Regulierungsprozess geeinigt. “Die Zulassung wird die Art und Weise, wie Fleisch auf unseren Tisch kommt, grundlegend verändern”, kommentierte Upside-Foods-Gründer und CEO Uma Valeti den Schritt. Amerikanische Konsumenten seien dadurch näher denn je am Ziel, echtes Fleisch zu verzehren, das sie mögen und das weitaus weniger Landfläche und Wasser benötigt als konventionell erzeugtes Fleisch, ließ sich zudem der Präsident der Nichtregierungsorganisation Good Food Institute, Bruce Friedrich, zitieren.

Kultiviertes Fleisch, oder auch “Clean Meat”, wird nicht aus der Schlachtung eines Tieres gewonnen, sondern durch die künstliche Vermehrung tierischer Zellen. Für die Züchtung entnehmen Forscher einem lebenden Tier eine Gewebeprobe, aus der anschließend Zellen gewonnen werden. Diese Zellen werden im Bioreaktor mit weiteren Nährstoffen angereichert. Durch Fermentation wachsen und vermehren sich die Zellen.

Das daraus entstehende Fleisch ist in seiner Beschaffenheit komplett identisch zu konventionell erzeugtem Fleisch und hat, je nach Art der eingesetzten Energie, einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck. Bei mit erneuerbaren Energien erzeugtem In-vitro-Rindfleisch wird die CO2-Einsparung beispielsweise derzeit auf rund 90% geschätzt.

Noch keine Massenware

Forschende der University of California in Davis stellten Ende Mai dieses Jahres allerdings den sehr energieintensiven Prozess zur Herstellung der Nährlösung in Frage. Denn zur Produktion des Kulturfleisches für den menschlichen Verzehr müssen die einzelnen Bestandteile sehr aufwendig aufgereinigt werden.

Als erstes Land der Welt hatte Singapur Ende 2020 kultiviertes Hähnchenfleisch von Eat Just, dem Mutterunternehmen von Good Meat, zum Verkauf freigegeben. Genau wie dort werden die Erzeugnisse von Good Meat und Upside Foods in den USA aber erst einmal nur in sehr wenigen Restaurants erhältlich sein (Good Meat kooperiert in Sachen Clean Meat mit dem spanischen Starkoch José Andrés und Upside Foods mit der Sterneköchin Dominique Crenn). Denn die Produktionsmengen von kultiviertem Fleisch sind bislang noch überschaubar, mehr als ein paar Kilo pro Tag schaffen die Fabriken derzeit noch nicht. Außerdem ist die Herstellung noch deutlich teurer als die von konventionellem Fleisch. Experten gehen dennoch von baldigen Fortschritten in der Skalierung aus. Eat Just selbst hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2027 Preisparität zu erreichen.

Investoren glauben an langfristigen Durchbruch

In anderen Ländern dürfte die Zulassung der neuartigen Lebensmittel wohl noch eine Weile dauern. Italien hatte Ende März als erstes Land der Welt sogar beschlossen, die Produktion zu verbieten – aus Sorge vor den bislang unklaren gesundheitlichen Auswirkungen. Dabei ist das Interesse der Verbraucher in dem Land – wie auch in anderen EU-Mitgliedstaaten – groß. Laut einer 2022 vom Institut Opinionway durchgeführten Umfrage würde mehr als die Hälfte der italienischen Teilnehmer kultiviertes Fleisch kaufen, wenn es denn erhältlich wäre. In Spanien und Deutschland war der Anteil sogar noch höher. Doch die Unternehmen wagen sich bislang noch nicht auf den Kontinent vor. Stand Mitte Mai dieses Jahres hatte kein einziger Hersteller, von denen es mittlerweile Hunderte gibt, einen Antrag für eine Zulassung von Laborfleisch in der Europäischen Union gestellt.

Investoren scheinen dennoch vom langfristigen Durchbruch der Technologie überzeugt. Zwar floss laut dem Good Food Institute 2022 mit 896 Mill. Dollar ein Drittel weniger Wagniskapital in entsprechende Start-ups. Der allgemeine globale Venture-Capital-Rückgang war mit 35% angesichts von Konjunkturschwäche, Inflation und Zinssteigerung aber noch ausgeprägter. Beobachter gehen im laufenden Jahr nach den US-Genehmigungen denn auch von einem Rekord-Funding im Bereich kultiviertes Fleisch aus. Erst kürzlich hat etwa das britische Start-up Uncommon, das sich auf die Produktion von zellbasiertem Schweinefleisch fokussiert, 30 Mill. Dollar eingesammelt – unter anderem von OpenAI-Chef Sam Altman.

Wertberichtigt Seite 2

kro Frankfurt
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