Künftig ohne Giftpille
Nach nicht einmal drei Jahren marschieren der weltgrößte Öl- und Energiekonzern Saudi Aramco und der Chemiekonzern Lanxess künftig wieder auf getrennten Wegen. Für 1,4 Mrd. Euro in bar geben die Deutschen ihre restliche Beteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen Arlanxeo ab. Bewertet wird das Kautschukunternehmen, das vor allem die Auto- und Reifenindustrie beliefert, mit knapp dem Achtfachen des operativen Ergebnisses. Wer dabei einen guten Schnitt macht, lässt sich allerdings nicht anhand von Multiples festmachen. Entscheidend ist, welche strategischen Überlegungen damit einhergehen. Für Saudi Aramco ist die Marschrichtung klar. Dem Ölgiganten, der seit Jahr und Tag mit dem Börsengang liebäugelt, bislang aber nicht zu Potte kommt, geht es vor allem darum, die Wertschöpfungskette zu verlängern. Ein wichtiger Beitrag zur Equity Story, muss doch überzeugend dargelegt werden, wie das Risiko einer dauerhaft rückläufigen Ölnachfrage abgefedert wird. Nicht ohne Grund kaufte sich der Staatskonzern daher 2016 für 1,2 Mrd. Euro in bar mit 50 % in das Joint Venture ein. Außer Geld hatten die Saudis zunächst nur die Aussicht auf eine sichere Rohstoffbasis zu bieten, war Arlanxeo doch noch lange an alte Lieferverträge gebunden. Für Lanxess, die sich an riesigen Anlageinvestitionen im Kautschukgeschäft verhoben hatte, bot sich dagegen mit dem Joint Venture die Möglichkeit, sich aus der strategischen Falle zu befreien. Denn unabhängig davon, dass Lanxess im Kautschukgeschäft für sich die technologische Marktführerschaft reklamierte, waren die Wettbewerber mit günstigeren Rohstoff- und Energiepreisen unterwegs. Daran hat sich bis heute wenig geändert.Mit dem Einstieg in den Ausstieg im Kautschukgeschäft verband Lanxess den strategischen Schwenk hin zu weniger volatilen Geschäften. Gleich zwei Akquisitionen flankierten den Kurs der “New Lanxess”. Entsprechend dürfte der Chemiekonzern den Erlös für die restliche Beteiligung an Arlanxeo auch wieder in akquisitorisches Wachstum stecken. Zumal auch bilanziell die Voraussetzungen geschaffen werden, um wieder neue Schulden aufzunehmen – ohne das Rating zu gefährden. Denn klar ist auch, dass sich die Kölner mit dem Rückzug aus dem volatilen Massengeschäft stärker angreifbar machen. So wie Lanxess dereinst für Bayer als Schutzschirm gegen feindliche Übernahmen fungierte, hatte das Kautschukgeschäft für Lanxess zuletzt den Charakter der Giftpille.