Künstliche Intelligenz ist auch bei Investoren erfolgreich
Von Stefan Paravicini, BerlinDas neue Jahrzehnt beginnt so, wie das alte zu Ende gegangen ist: Mit Erfolgsmeldungen aus der Welt der künstlichen Intelligenz (KI). So könnte KI einer amerikanisch-britischen Studie zufolge bei der Früherkennung von Brustkrebs helfen. Die mit der KI-Tochter Deep Mind von Google durchgeführte Studie wurde gerade in der Fachzeitschrift “Nature” veröffentlicht. Demnach soll KI Krebsarten mit einem höheren Grad an Genauigkeit identifizieren als erfahrene Radiologen. Die Anzahl der falschen positiven Ergebnisse in der US-basierten Gruppe reduzierte sich um 5,7 %, wie Google am Neujahrstag in einem Blogpost mitteilte. In der in Großbritannien untersuchten Gruppe waren es demnach 1,2 %. Die Zahl der falschen negativen Tests, bei denen Ergebnisse fälschlicherweise als normal eingestuft werden, wurde mit Hilfe von Deep Mind in den USA um 9,4 % und um 2,7 % in der britischen Gruppe gesenkt.Erfolgsmeldungen wie diese gehören nach den rasanten Fortschritten auf dem Feld der KI im vergangenen Jahrzehnt fast zum Alltag. Die 2010 in London gegründete Deep Mind, die Anfang 2014 für mehr als 500 Mill. Dollar von Google erworben wurde und einem breiten Publikum vor allem wegen der Siege ihrer Software gegen einen der weltbesten Spieler des asiatischen Brettspiels “Go” im Frühjahr 2016 ein Begriff ist, tüftelt schon länger an unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten im Gesundheitssektor. Im vergangenen Jahr berichtete Google über den Einsatz eines ihrer Algorithmen bei der Diagnose von Lungenkrebs.Der neue Frühling für KI hat nicht nur Technologiefirmen wie Google auf den Plan gerufen, die die eigenen Forschungsanstrengungen auf dem Gebiet nach Angaben des Informationsdienstes CB Insights in den vergangenen zehn Jahren mit dem Zukauf von insgesamt 14 KI-Unternehmen untermauert hat. Damit liegt der Internetkonzern unter den großen US-Technologiefirmen auf Platz 2 hinter Apple, die sich im vergangenen Jahrzehnt mit 20 KI-Firmen schlau gemacht hat – die Sprachassistentin “Siri”, für die der Konzern 2010 etwas mehr als 200 Mill. Dollar auf den Tisch legte, lässt grüßen. Der Softwarekonzern Microsoft bringt es im gleichen Zeitraum auf zehn Zukäufe auf dem Feld der KI, und auch das soziale Netzwerk Facebook, der Internethändler Amazon sowie der Halbleiterriese Intel haben über die vergangenen zehn Jahre jeweils mehr als ein halbes Dutzend KI-Übernahmen gestemmt.Zuletzt sind immer öfter auch Firmen wie der Sportartikelhändler Nike oder die Fast-Food-Kette McDonald’s mit Investitionen in KI aufgefallen. Bereits im Februar 2018 sorgte der Pharmakonzern Roche mit der Übernahme von Flatiron Health für knapp 2 Mrd. Dollar für Aufsehen. Sie gilt als eine der bisher größten Zukäufe auf dem Gebiet der KI. Unter den Branchen haben Retail und Verbrauchsgüter mit 67 KI-Übernahmen seit 2010 die Nase vorn. Insgesamt zählt CB Insights in den vergangenen zehn Jahren mehr als 630 KI-Transaktionen, wobei 2019 den Rekord von 166 Zukäufen aus dem Vorjahr übertroffen haben dürfte. Zu Beginn der zurückliegenden Dekade wurden acht KI-Übernahmen beobachtet.Das Engagement von Risikokapitalgesellschaften in dem Feld hat in den vergangenen Jahren ebenfalls rasant zugenommen. Im zweiten Quartal des vergangenen Jahres beobachtete CB Insights rekordhohe Investitionen in Höhe von 7,4 Mrd. Dollar weltweit (siehe Grafik). Seit 2013 haben demnach mehr als 3 600 KI-Nachwuchsfirmen aus 70 Ländern rund 66 Mrd. Dollar bei Investoren eingesammelt.Zu den Start-ups mit der üppigsten finanziellen Ausstattung im Bereich KI zählt die chinesische Sensetime, die die in Peking geschätzte Technologie für intelligente Gesichtserkennung liefert und es bei der jüngsten Finanzierungsrunde im vergangenen Jahr auf eine Bewertung von gut 7,5 Mrd. Dollar gebracht hat. Insgesamt hat das 2014 gegründete Unternehmen rund 2,6 Mrd. Dollar bei Investoren wie Alibaba, Softbank, Silver Lake und Fidelity eingesammelt. Das ist ungefähr doppelt so viel, wie die rund 275 deutschen Start-ups auf dem Gebiet der KI bisher insgesamt von Investoren erhalten haben, wie die Firma Appanion Labs im vergangenen Jahr erhoben hat. Berlin blickt nach Tianjin Um Deutschland eine Spitzenposition zu sichern, hat die Bundesregierung im Herbst 2018 eine KI-Strategie verabschiedet und gleich noch eine Enquete-Kommission zum Thema eingerichtet, deren Zwischenergebnisse vor Weihnachten im Bundestag diskutiert wurden. Die Projektgruppe “KI und Wirtschaft” merkt dabei an, dass die in der KI-Strategie avisierten Fördermittel in der Höhe von 3 Mrd. Euro bis 2025 im internationalen Vergleich gering ausfallen. In der Haushaltsplanung des Bundes bis 2023 sind 1 Mrd. Euro vorgesehen, die außerdem an anderer Stelle eingespart werden sollen. Allein die chinesische Stadt Tianjin plane für die KI-Förderung Ausgaben in Höhe von 12,8 Mrd. Euro, merkt die Enquetekommission an. Der New Yorker US-Senator Charles Schumer hat sich zuletzt für zusätzliche Investitionen der US-Regierung in die KI-Forschung in der Größenordnung von 100 Mrd. Dollar starkgemacht.