Kursmisere von Mister Spex ruft Aktivisten auf den Plan
Kursmisere von Mister Spex ruft Aktivisten auf den Plan
Investoren beklagen vor der Hauptversammlung mangelnde Kostensensibilität, zu hohe Boni und Compliance-Verstoß – Konzern weist Vorwürfe zurück
Die Kursentwicklung der Berliner Optiker-Kette Mister Spex hat sich für Aktionäre bislang als Enttäuschung erwiesen. Vor der Hauptversammlung überziehen Investoren den Konzern nun mit Vorwürfen. CEO Dirk Graber sieht darin eine „Kampagne“.
kro Frankfurt
Für das Management des Berliner Brillenhändlers Mister Spex dürfte die am Freitag anstehende virtuelle Hauptversammlung nicht gerade eine Wohlfühlveranstaltung werden. Die desolate Kursentwicklung seit dem Börsengang hat Aktionärsaktivisten auf den Plan gerufen, die dem Konzern unter anderem Misswirtschaft, falsch berechnete Vorstandsboni sowie einen Compliance-Verstoß im Aufsichtsrat vorwerfen. Das Gremium sei „mit der Kontrolle und Steuerung des Unternehmens massiv überfordert“, heißt es in einem Gegenantrag der Frankfurter Beteiligungsfirma Private Values Media AG (PVM), deren Vorstand Sascha Magsamen als ehemaliger Journalist auch bei der Börsen-Zeitung tätig war.
Mister Spex ist 2007 zunächst als reiner Online-Optiker gegründet worden – und damit als eine Art Antithese zum damaligen Geschäftsmodell von Dickschiffen wie Fielmann. Weil sich Brillenträger jedoch nicht so schnell vom Internetkauf überzeugen ließen wie anfangs gedacht und weil die Konkurrenz das Internet mit der Zeit doch auch für sich entdeckte, eröffnete Mister Spex im Jahr 2016 sein erstes physisches Geschäft. 2021 folgte mit dem Börsendebüt auch die erstmalige Expansion ins Ausland. Mittlerweile betreiben die Berliner laut Geschäftsbericht 75 Filialen und sind in zehn Märkten aktiv.
Eine Erfolgsstory haben sie bislang noch nicht wirklich geschrieben, zumindest nicht in fundamentaler Hinsicht. Das Wachstumstempo hat in den vergangenen zwei Jahren spürbar nachgelassen, und unterm Strich rutscht Mister Spex immer tiefer in die roten Zahlen. 2023 belief sich der Nettoverlust – unter anderem wegen hoher Abschreibungen auf Store-Nutzungsrechte – auf fast 48 Mill. Euro, nach 45 Mill. Euro ein Jahr zuvor.
An der Börse spiegelt sich das Trauerspiel in der Kursentwicklung: Die Aktie sackte innerhalb von einem Jahr nach dem IPO um fast 80% ab und hat sich seitdem nicht mehr erholt. Brachte der Konzern anfangs mehr als 800 Mill. Euro an Marktkapitalisierung auf die Waage, sind es derzeit nur noch gut 120 Mill. Euro. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) lehnt eine Entlastung des Vorstands auf der Hauptversammlung deswegen ab.
Magsamen schlägt vor, dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Er will sich nun selbst, gemeinsam mit Dominik Benner, dem CEO des Online-Marktplatzbetreibers The Platform Group, und DZ-Bank-Managerin Sandra Münstermann in das Kontrollgremium wählen lassen. Benner hat sich über die Platform Group zuletzt ein Anteilspaket an Mister Spex gesichert und hält zusammen mit dem Vermögensverwalter Paladin Asset Management aktuell 10% an Mister Spex. Auch die Schweizer Fondsmanagement-Firma Quaero Capital Funds ist seit einiger Zeit mit 3% beteiligt. PVM hält selbst unter 3%.
„Konstruierte Zielerreichung“
Die Frankfurter gehen mit einer langen Liste an Vorwürfen in das Aktionärstreffen. So mangele es Mister Spex an „Kostensensibilität“. Bonuszahlungen an die Vorstände Dirk Graber, den Mitgründer und CEO, sowie Mirko Caspar, der den Konzern Ende 2023 als Co-CEO verlassen hatte, seien zudem aufgrund einer „konstruierten Zielerreichung“ gewährt worden. Konkret bemängelt PVM, dass periodenfremde Erträge in die Berechnung mit eingeflossen sind, was den Regeln zuwiderlaufe. Die Aufsichtsrätin Nicole Srock Stanley soll zudem gegen Compliance-Vorschriften verstoßen haben, da sie als Geschäftsführerin der Dan Pearlman Markenarchitektur Gesellschaft Verträge mit Mister Spex abgeschlossen hat. Bei den Verträgen ging es laut dem Geschäftsbericht von 2022 um Design- und Markenkonzeption „hinsichtlich der innenarchitektonischen Gestaltung des neuen Verwaltungsgebäudes der Gesellschaft“. Srock Stanley wird von Mister Spex als nicht unabhängig klassifiziert.
Mister Spex sieht in der Sache keinen Compliance-Verstoß. „Das Honorarvolumen mit der Agentur ist den Leistungen angemessen und liegt in einem Rahmen, der einen Interessenkonflikt nahezu ausschließt“, erklärte der Konzern auf Anfrage. Die Ermittlung der Boni sei zudem „konsistent mit den Vorjahren und transparent und detailliert im Vergütungsbericht erläutert“. „Die pauschale Behauptung des Herrn Magsamen, hier sei pflichtwidrig manipuliert worden, entbehrt jeder Grundlage, und das weisen wir auch aufs Schärfste zurück“, hieß es. Nicht zuletzt verwies der Konzern auf ein Ende 2022 gestartetes „Effizienzprogramm“, durch das bereits „signifikante Verbesserungen in den Kostenstrukturen“ erzielt worden seien. CEO Graber bezeichnete die Vorwürfe als „gegen uns gerichtete Kampagne im Vorfeld der Hauptversammlung“. Er wies darauf hin, dass Mister Spex „noch sehr viele liquide Mittel“ habe. „Das weckt natürlich auch Begehrlichkeiten – gerade bei Unternehmen, die vielleicht selbst hoch verschuldet sind.“