Langstrecke führt Erholung des Flugverkehrs an
Langstrecke treibt Erholung des Flugverkehrs
Jenseits der großen deutschen Drehkreuze ringt die Kapazität um Anschluss in Europa – Nahost-Konflikt belastet Branche
hei Frankfurt
Im vierten Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie nähern sich die Kapazitäten im Luftverkehr in den kommenden Monaten dem Vorkrisenniveau. Laut dem Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft (BDL) werden im Flugangebot für Passagiere von und nach Deutschland sowie innerdeutsch zwischen Oktober und März nächsten Jahres insgesamt 82% dessen erreicht, was in den Vergleichsmonaten 2018 und 2019 verfügbar war. Grundsätzlich erhole sich der Flugverkehr in Deutschland allerdings langsamer als im übrigen Europa. Grund sei der geringe Marktanteil (23%) von Punkt-zu-Punkt-Verkehren hierzulande. Auch die Touristik macht nur 11% aus.
Triebfeder Langstrecke
Triebfeder der Erholung ist die Langstrecke, die von frequenten Nordamerikaverbindungen und einem Sprung von 45% gegenüber Vorjahr bei den Asienverbindungen profitiert. Der Flugverkehr in den Fernen Osten war lange Zeit noch durch Schließungen in China infolge einer rigiden Covid-Politik gebremst worden, während die Transatlantikrouten früher wieder rege in Betrieb genommen wurden. Obwohl die Langstrecke bereits 93% des Vorkrisenniveaus im Angebot haben wird und damit gegenüber Vorjahr um 17% zulegt, macht sie nur 18% des Gesamtvolumens aus, denn für zahlreiche Airlines außer der Deutschen Lufthansa spielt sie hierzulande eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommt, dass sie zuletzt mehr unter dem Einfluss geopolitischer Krisen stand. Der Ukraine-Krieg erzwang teilweise Umleitungen auf der Langstrecke nach Asien, und aktuell haben viele Fluggesellschaften ihre Flüge nach Israel ausgesetzt.
Für die Branche sind in Deutschland die Mittelstrecken von deutlich größerer Bedeutung, denn die Flüge nach Süd- und Osteuropa sowie nach Nordafrika wickeln den Großteil des Ferienverkehrs ab. Dabei hat insbesondere die Region Nordafrika und Levante gegenüber Vorjahr einen 33-prozentigen Kapazitätssprung gemacht. Stärkstes einzelnes Zielgebiet bleibt Südeuropa mit einem Anteil von 31% am Passagierflugangebot insgesamt.
Die Mittelstrecken erreichen in der Kapazitätsplanung von Oktober bis März ein Niveau von 86% der Vorkrisenzeit. Obwohl sich die Erholung der Inlandsflüge auf nur 49% des Volumens in der Zeit vor der Pandemie besonders schwach entwickelt, sind die fehlenden 14% zur Vorkrisenzeit bei den Mittelstrecken etwas schmerzlicher. Denn sie sind auch Ausdruck einer schleppenden Verkehrsentwicklung an Standorten jenseits der großen Drehkreuze Frankfurt und München. Flughafenstandorte wie Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn und Stuttgart hinken dem BDL zufolge deutlich hinter der Entwicklung der übrigen europäischen Standorte zurück. Dies liege am geringeren Angebot bei den Punkt-zu-Punkt-Verkehren.
Schub durch Ryanair
Allerdings ragen vor allem die von der irischen Billigfluglinie Ryanair stark frequentierten Flughäfen Frankfurt Hahn (100% des Vorkrisenniveaus), Baden-Baden (123%) und Düsseldorf-Weeze (122%) sowie Memmingen (190%) deutlich positiv heraus.