Leoni muss harten Schnitt machen

Autozulieferer streicht Gewinnprognose für dieses und nächstes Jahr - Interne und externe Ursachen - Aktienkurs stürzt ab

Leoni muss harten Schnitt machen

Das hat sich Dieter Bellé, der Vorstandschef von Leoni, anders vorgestellt. Erst vor fünf Monaten stieg der langjährige Finanzvorstand auf. Nun muss er das vor vier Jahren für 2016 vorgegebene Margenziel streichen. Den Autozulieferer kostet das ein Drittel seines Börsenwerts.jh München – Der Nürnberger Hersteller von Bordnetzen für Fahrzeuge, Kabeln und Drähten gibt seine Gewinnprognose für dieses und für das kommende Jahr auf. Dabei hatte Leoni erst vor drei Wochen bekräftigt, sein großes Ziel 2016 endlich zu erreichen. Angestrebt war eine Umsatzrendite von 7 % bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit). Der Wert werde deutlich unterschritten, kündigt Leoni an und verzichtet vorerst auf eine neue Vorhersage. Die 7 % seien aber nicht für immer zurückgenommen, sagte ein Sprecher des Unternehmens.Die Warnung komme völlig überraschend, monierte Zafer Rüzgar, Analyst von Independent Research. Er erinnerte an zuversichtliche Aussagen des Managements in den vergangenen Wochen. Christian Glowa von Hauck & Aufhäuser bezeichnete die Dimensionen der Zielkorrektur als enttäuschend. Schon 2014 und 2013 hatte Leoni die Gewinnvorhersage im Jahresverlauf revidiert. Der Kurs der im MDax notierten Aktie stürzte am Dienstag um fast 34 % auf 35,55 Euro ab. Die Marktkapitalisierung verringerte sich von 1,75 Mrd. auf 1,16 Mrd. Euro. Grund für die Gewinnwarnung am Montag nach Börsenschluss seien die Geschäftszahlen für den Monat September sowie die interne Planung für 2016, berichtete der Sprecher.Wieder einmal bereitet das Segment Bordnetze Schwierigkeiten. 2015 startet Leoni 27 neue Großprojekte, die hohe Vorlaufkosten verursachen. 25 waren es 2014. Beide Zahlen liegen über dem Durchschnitt, 2016 sollen es nur noch zehn sein. Offenbar hat sich Leoni für dieses Jahr zu viel zugemutet. Das Unternehmen gibt zu, dass “Strukturmaßnahmen” noch nicht wie vorgesehen wirkten. Leoni ist in den vergangenen Jahren vor allem im Ausland stark gewachsen – zu schnell für die Organisationsstruktur. “Die Abstimmung zwischen Personen und Einheiten läuft noch nicht so rund”, berichtete der Sprecher. Darunter leide auch die Effizienz in der Produktion. Kunden verlangen mehrHinzu kommt, dass Autohersteller im September während des Hochlaufs von Projekten in Serbien und Rumänien kurzfristig größere Mengen von Kabelsystemen verlangten. Die Folge waren kräftig steigende Kosten für Leoni, da die Fertigung relativ arbeitsintensiv ist. “Wir müssen Überstunden machen, zusätzliche Leute rekrutieren sowie Mitarbeiter von anderen Standorten holen”, erläuterte der Sprecher. Offenbar hat Leoni in den Verträgen mit Kunden Nachholbedarf, um sich gegen solche Risiken abzusichern.Zudem seien in China “margenstarke Projekte vorzeitig” beendet worden, heißt es. Dort hätten Hersteller Fahrzeugmodelle früher als erwartet vom Markt genommen. Alles zusammengenommen bedeutete das für Leoni im dritten Quartal einen Rückgang des Ebit auf rund 30 Mill. Euro. Nach den ersten neun Monaten sind es 116 Mill. Euro. Da die Belastungen im Schlussabschnitt blieben, rechnet Leoni nun nicht mehr mit einem Ebit von 200 Mill. Euro im Gesamtjahr. Am 10. November soll es dazu Neues geben.Die negativen Effekte im Segment Bordnetze wirken sich auch im kommenden Jahr aus, wie der Konzern ankündigt. “Verstärkt wird dies durch nunmehr erwartete Umsatzeinbußen und daraus resultierende fehlende Deckungsbeiträge”, heißt es in der Mitteilung. Die schon vor drei Wochen gesenkte Umsatzprognose für 2016 reduzierte Leoni nochmals um 200 Mill. Euro auf nun 4,6 Mrd. Euro. Grund für die erste Korrektur war der Verkauf der Hälfte eines Werkes in China an den lokalen Partner BHAP.Für die aktuelle Änderung nennt Leoni mehrere Gründe, an erster Stelle die nachlassende Dynamik der Wirtschaft in China. “Das Land bleibt ein Wachstumstreiber für Leoni”, sagte der Sprecher, “aber die Autoindustrie legt dort nicht mehr so stark zu.” Der Markt in Russland ist nach wie vor schwach, und auch in der ansonsten robusten Wirtschaft der USA gibt es einen dunklen Fleck: Die Nachfrage nach Landmaschinen vom Traktor bis zum Mähdrescher sinkt. Leoni beliefert auch diese Branche. “Unsicherheitsfaktor VW”Hinzu komme, dass “das Umsatzvolumen einzelner Kunden” wahrscheinlich die Erwartungen unterschreite. Namen nennt das Unternehmen nicht. Opel dürfte wegen Kurzarbeit in Eisenach und Rüsselsheim dazugehören. Folgen des Abgasskandals von VW seien noch nicht abzuschätzen, sagte der Sprecher von Leoni. “Das ist aber ein Unsicherheitsfaktor.”—– Wertberichtigt Seite 8