Leoni wähnt sich am Tiefpunkt der Krise

Nach zweitem Quartal steigende Nachfrage erwartet - Finanzvorstand: Bilanz bleibt angespannt

Leoni wähnt sich am Tiefpunkt der Krise

jh München – Der Vorstand des Nürnberger Autozulieferers Leoni verbreitet vorsichtig Zuversicht. “Das zweite Quartal sollte der Tiefpunkt des Jahres in Bezug auf die Nachfrage und in Bezug auf die Auswirkungen auf unsere Zahlen sein”, sagte Konzernchef Aldo Kamper in einer Telefonkonferenz. Dass die Pandemie in allen wichtigen Regionen gleichzeitig das Geschäft stark beeinträchtige, werde sich hoffentlich nicht wiederholen.Die Werke in China produzierten mittlerweile wieder mit 75 % der Kapazität. “In Europa und Nordafrika beginnen wir mit der Rückkehr, in den USA bereiten wir uns darauf vor”, berichtete Kamper. “Die Nachfrageseite ist aber noch sehr fragil.” Er wies auf die Ankündigung von Volkswagen hin, die Fertigung in Wolfsburg wieder zu reduzieren (siehe Meldung auf dieser Seite).Die Liquidität ist für Leoni schon vor der Coronakrise wegen der abgeschwächten Konjunktur und Verlusten aus früheren Projekten knapp geworden. Für 2019 wies der Konzern einen Nettoverlust von 435 Mill. Euro aus. Vor gut zwei Wochen erhielt das Unternehmen, wie berichtet, einen Betriebsmittelkredit von 330 Mill. Euro, für den der Bund sowie die Länder Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zu 90 % bürgen. Ein Teil des Kredits sei schon abgerufen worden, berichtete Finanzvorstand Ingrid Jägering und fügte hinzu: “Wir sind bis Ende 2022 durchfinanziert.” Das bestätigte nach Kampers Worten ein aktualisiertes Sanierungsgutachten, das die Folgen der Coronavirus-Pandemie berücksichtigt. Das Gutachten hatte das Unternehmen schon vor der Krise erstellen lassen.Wegen der Folgen von Corona musste der Hersteller von Bordnetzen und Kabeln außerplanmäßig Vermögenswerte im Auto- und im Industriegeschäft um 19 Mill. Euro abwerten. Dennoch ging der Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) um mehr als die Hälfte zurück (siehe Tabelle). Ohne Sondereffekte blieb ein Ebit von -17 (i. V. – 21) Mill. Euro. Enthalten darin sind 7 Mill. Euro für das Kostensenkungsprogramm Value 21 mit Stellenabbau. Insgesamt seien 93 Mill. der dafür vorgesehenen Kosten von 120 Mill. Euro verbucht, berichtete Kamper. Bis zum nächsten Jahr sollen damit die Bruttokosten um 500 Mill. Euro sinken. 70 % seien inzwischen erreicht.Finanzchefin Jägering erklärte den auf 0 gestiegenen freien Cash-flow mit geringeren Investitionen und einem Mittelzufluss aus Sale-and-lease-back-Transaktionen. Beides habe sich mit zusammen 67 Mill. Euro positiv ausgewirkt. Leoni verkaufte zwei Verwaltungsgebäude in Deutschland und eine Werksimmobilie in China, die nun geleast werden. Der Erlös sei verwendet worden, um im ersten Quartal eine Tranche von 166 Mill. Euro eines Schuldscheindarlehens zurückzuzahlen. “Verschuldung ist Problem” Dennoch sagte Jägering: “Unsere Bilanz bleibt angespannt.” Die Eigenkapitalquote habe sich in den ersten drei Monaten um zwei Prozentpunkte weiter verringert. Die Nettoverschuldung betrage 223 % des Eigenkapitals. Das Analysehaus Warburg Research hält die Verschuldung für ein großes Problem. Es empfiehlt die Aktie mit einem Kursziel von 4 Euro zum Verkauf. Am Mittwoch fiel der Kurs nach einem zwischenzeitlichen Plus um 4,8 % auf 6,08 Euro.Fürs gesamte Jahr erwartet Leoni “deutliche Belastungen” für den Umsatz, das Ergebnis und den freien Cash-flow.