Leveraged Finance boomt
cru Frankfurt – Der Markt für Leveraged Finance hat sich 2020 aufgrund der Coronakrise deutlich ausgeweitet. Das Volumen solcher Finanzierungen, die von Investmentbanken für Kreditnehmer mit einer Bonität unterhalb der Investment-Grade-Klasse bereitgestellt werden, ist bis dato um zwei Drittel nach oben geschnellt. Das geht aus Daten hervor, die J.P. Morgan zusammengestellt hat. Demnach wuchs das Leveraged Finance in Deutschland um 67 % auf 62 Mrd. Dollar in 61 Deals. Meist handelt es sich um High-Yield-Anleihen von Emittenten niedrigerer Bonität oder um sogenannte Term Loan B – also hochverzinste Kredite von Nichtbanken an Schuldner mit niedrigerer Bonität.Damit ist der deutsche Leveraged-Finance-Markt 2020 deutlich schneller gewachsen als der globale Markt. “Die Daten werden allerdings durch zwei Sondereffekte verzerrt. Da sind zum einen die staatlich garantierten Kredite aus dem Corona-Programm der KfW, die sich teilweise in der Statistik wiederfinden. Zum anderen trug die Leveraged Buy-out Finanzierung der mit 17 Mrd. Euro besonders großen Übernahme der Thyssenkrupp-Aufzüge durch das Konsortium um die Private-Equity-Investoren Advent und Cinven zu dem starken Anstieg bei”, sagte Johannes Messing, Leveraged Finance Experte bei J.P. Morgan in Deutschland, der Börsen-Zeitung. “Beides dürfte sich im kommenden Jahr so nicht wiederholen, aber unter Berücksichtigung dieser Sondereffekte in der Statistik ergibt sich aufgrund der derzeitigen Zinsentwicklung ein sehr positives Umfeld für das nächste Jahr.” Zu den größten einzelnen Leveraged-Finance-Deals im Jahr 2020 zählten neben Thyssenkrupp vor allem die Transaktionen von Lufthansa, Stada und Springer Nature. Welle von HerabstufungenInsbesondere das Volumen der High-Yield-Anleihen in Europa hat nach einem kurzen Knick schnell wieder zugelegt – von 68 Mrd. Euro 2019 auf 77 Mrd. Euro 2020. Anders die Leveraged Loans, die von 79 Mrd. Euro auf 63 Mrd. Euro schrumpften. “Die Diskrepanz liegt unter anderem daran, dass viele Leveraged-Loan-Investoren nach ihren Statuten bestimmte durchschnittliche Ratingniveaus einhalten müssen. Die Herabstufungswelle bei den Ratings hat das erschwert, und der Leveraged-Loan-Markt brauchte deshalb länger für die Anpassung”, erklärt Messing.Bei der Bepreisung der Leveraged-Finance-Finanzierungen gab es extreme Ausschläge. Ende März – auf dem Höhepunkt der Coronakrise – rentierten die High-Yield-Anleihen von besonders stark betroffenen zyklischen Unternehmen in Europa im Durchschnitt mit 10,6 %. Bis Anfang November ging die Rendite zurück auf 4,9 %.”Dann kam die Ankündigung von gleich drei marktreifen und wirksamen Impfstoffen gegen Corona. Deshalb sind wir jetzt bei 3,5 % angelangt für zyklische Werte. Der Unterschied zu defensiven Sektoren mit sicheren Cash-flows hat sich zudem stark eingeengt. Die Defensiven rentieren mit 3,2 % kaum niedriger”, stellt Messing fest. “Investoren steht aufgrund der geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen viel Liquidität zur Verfügung, die nun Anlagemöglichkeiten sucht. Die Zinsniveaus sind noch nicht wieder so niedrig wie vor dem Covid-Ausbruch, die Tendenz ist aber derzeit weiter sinkend.”Investoren gehen auf der Suche nach Rendite im Ratingspektrum herunter. Kein Wunder: Ein Rekordvolumen von 1,1 Bill. Euro an Investment-Grade-Schulden rentiert negativ – etwa 42 % aller Investment-Grade-Verbindlichkeiten. “Auch Fallen Angels unter den Unternehmen erhalten deshalb inzwischen gute Konditionen”, beobachtet Messing. Markt in Europa wächstFür ganz Europa erwartet der J.P.-Morgan-Konkurrent Bank of America einen wachsenden Leveraged-Finance-Markt im Jahr 2021 – insbesondere für Leveraged Loans und High-Yield-Anleihen, wie aus einem Ausblick der Investmentbank für das kommende Jahr hervorgeht. “Der Markt wird Jumbo-Finanzierungen, Public-to-Private-Transaktionen und Leveraged-Buy-out-Deals unterstützen”, heißt es darin.Zudem erwarten die Bank-of-America-Investmentbanker, dass die EZB ein noch wichtigerer Akteur im Leveraged-Finance-Markt werde. Entweder durch das CSPP- oder das PEPP-Programm werde die EZB 2021 voraussichtlich 115 Mrd. Euro an Unternehmensschulden aufkaufen.