Li Ka-shing will Hongkong die Treue halten
Von Norbert Hellmann,SchanghaiHongkongs legendärer Unternehmensmagnat Li Ka-shing sieht sich genötigt, Spekulationen entgegenzutreten, dass er seinem Heimatterritorium den Rücken zuzukehren gedenke. Zuletzt häuften sich Gerüchte, dass die von Li gesteuerten Firmenkonglomerate Hutchison Whampoa und Cheung Kong einen breiten Rückzug aus ihren Engagements in Hongkong und auf dem chinesischen Festland anvisieren, um sich in anderen Märkten stärker aufzustellen.In Interviews mit chinesischen Medien erklärte der 85-jährige Tycoon nun, dass jüngste Anteilsverkäufe und das Abstoßen von Gewerbeimmobilien in Chinas Sonderverwaltungszone Hongkong wie auch auf dem Festland einer üblichen Optimierung von Investmentprojekten und nicht etwa einem strategischen Revirement gleichkämen. Legendärer RiecherInvestmententscheidungen des Mischkonzerns Hutchison Whampoa und der auf Immobilien und Versorger fokussierten Cheung-Kong-Einheiten werden in Hongkong und darüber hinaus mit Argusaugen verfolgt, da dem reichsten Mann Asiens ein legendärer Riecher für Investmentzyklen und sektorale Trends zugeschrieben wird.Insbesondere im Ausland werden die Engagements von Hutchison Whampoa und Cheung Kong im Mobilfunkgeschäft sowie bei Versorgern in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum gerne als Signal verstanden, dass Li Ka-shing westliche Märkte aufzurollen gedenkt. In Hongkong wird umgekehrt befürchtet, dass sich das größte unter den zahlreichen Familienimperien von der Heimat abwenden könnte.Li Ka-shing äußert in seinen jüngsten Interviews verhaltenen Spott und rückt die Dimensionen mit einem Beispiel zurecht: In diesem Jahr hätten seine Konglomerate im Infrastrukturbereich mehrere ausländische Engagements, die sich auf 13 Mrd. HK-Dollar (1,3 Mrd. Euro) addieren, im kleinen Hongkong habe allein ein Projekt für neue Containerterminals schon 4 Mrd. HK-Dollar beansprucht. Sitzfrage gelöstWas die immer wieder geäußerte Vermutung angeht, dass sich Li Ka-shing aus Hongkong zurückziehen und seine Investments global neu streuen könnte, erklärt der Milliardär, es wäre ein Leichtes, den Sitz seiner Holdings ins Ausland zu verlegen. Doch werde es nicht dazu kommen. Cheung Kong und Hutchison blieben auf Dauer in Hongkong verankert.Besonderes Augenmerk finden in China jüngste Immobilienverkäufe von Cheung Kong. Dabei wurden ein Bürokomplex in Schanghai und ein Einkaufszentrum in Guangzhou für insgesamt 10 Mrd. Yuan (gut 1,2 Mrd. Euro) veräußert. Einige Kommentatoren, darunter bezeichnenderweise der Chairman des führenden chinesischen Immobilienentwicklers China Vanke, haben dies als ein beunruhigendes Signal für die Perspektiven des gewerblichen Immobilienmarktes im Reich der Mitte gewertet. Andere Marktteilnehmer sprechen von einer normalen Gewinnrealisierung, nachdem dies Projekte ihre Investitionsziele erreicht hätten. Tatsächlich spricht derzeit wenig für eine Preiskorrektur in gewerblichen Immobilienmärkten der führenden chinesischen Metropolen.Ein größeres Fragezeichen steht über den Absichten Hutchison Whampoas, ihren Auftritt im Hongkonger Einzelhandelsmarkt neu zu ordnen. Im Sommer hatte Hutchison die führende Hongkonger Supermarktkette ParknShop überraschend zum Verkauf gestellt. Allerdings gelang es trotz zahlreicher Interessenten – darunter die chinesischen Branchengrößen Sun Art Retail Group und China Resources Enterprise, die australische Woolworth und die japanische Aeon – nicht, den angestrebten Verkaufspreis in Höhe von etwa 4 Mrd. Dollar zu erzielen.Im Oktober verkündete Hutchison dann, dass ParknShop in der Gruppe verbleibt, dafür aber die gesamte unter dem Namen A.S. Watson geführte Retailsparte des Konglomerats mit einem Börsengang mobilisiert werden soll. Zu A.S. Watson gehören neben ParknShop eine ganze Latte von Einzelhandelsketten in über 30 Ländern, darunter vor allem Drogeriemärkte in Hongkong und China (Watson’s), Großbritannien (Superdrug), Frankreich (Marionnaud), Belgien und den Niederlanden (Kruidvat). Sektoranalysten veranschlagen den Marktwert der Gruppe auf 20 bis 25 Mrd. Dollar. Bei Veräußerung eines Minderheitsanteils (Hutchison hat bereits betont, die Kontrolle über A.S. Watson behalten zu wollen) wird einem Initial Public Offering (IPO) eine Kapitalaufnahme von bis zu 10 Mrd. Dollar zugetraut. Duales Listing denkbarMarktstimmen in Hongkong betonen, dass Hutchison kurz davor steht, der britischen Großbank HSBC das Führungsmandat für ein IPO in der ersten Jahreshälfte 2014 zu erteilen. Dabei wird es für möglich gehalten, dass A.S. Watson nicht allein in Hongkong an die Börse geht, sondern mit Blick auf die europäischen Aktivitäten der Gruppe ein duales Listing in Hongkong und London anstreben dürfte. In westlichen Medien ist darüber spekuliert worden, dass Hutchison die IPO-Mittel für eine verstärkte Kaufoffensive in europäischen Ländern verwenden könnte. Chinesische Analysten hingegen vermuten eher, dass Hutchison bzw. Li Ka-shing ein verstärktes Entree in den riesigen und noch sehr fragmentierten Einzelhandelsmarkt auf dem chinesischen Festland plant.