IM BLICKFELD

Lichtblick in der Champagne

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 30.12.2020 Sie fehlen derzeit in kaum einem Werbeprospekt, in kaum einer Mail, mit denen Supermarktketten und Weinhändler für ihre Produkte werben. Angebote für Champagner haben im Dezember Tradition. In...

Lichtblick in der Champagne

Von Gesche Wüpper, ParisSie fehlen derzeit in kaum einem Werbeprospekt, in kaum einer Mail, mit denen Supermarktketten und Weinhändler für ihre Produkte werben. Angebote für Champagner haben im Dezember Tradition. In diesem Jahr kommt ihnen jedoch besondere Bedeutung zu. Denn die Champagnerproduzenten hoffen, zumindest einen Teil ihres Geschäfts retten zu können. Die Covid-19-Pandemie hat die Branche mit voller Wucht getroffen. Auch wenn sie noch immer nicht richtig in Feierlaune ist, macht sich in dem berühmten Anbaugebiet inzwischen Erleichterung breit. Das liegt zum einen am Brexit-Abkommen, auf das sich die Europäische Union mit Großbritannien, dem zweitwichtigsten Exportmarkt der Champagne, geeinigt hat. Das liegt aber auch daran, dass die Verkäufe 2020 nicht um 50 %, wie zunächst befürchtet, einbrechen dürften.”Wir werden am Ende 20 % weniger haben”, sagt Maxime Toubard, der die 16 100 Winzer im Vorstand des Branchenverbands Comité Champagne vertritt. “Das ist weniger schlimm als erwartet, aber auf der anderen Seite haben wir einen solchen Einbruch in der Champagne noch nicht gesehen.” Vom Wert her könnten die Verkäufe sogar noch stärker zurückgehen. Toubard schätzt, dass der Umsatzverlust 1,3 Mrd. Euro betragen könnte, nachdem die Branche ihre Verkäufe 2019 um 3,4 % auf 5 Mrd. Euro ausbaute – ein neuer Rekord.Dabei habe das Jahr 2020 sehr gut begonnen, sagt David Chatillon, der Generaldirektor der Union des Maisons de Champagne, der die 360 Champagnerhäuser vertritt. Sie machen zwar 77,7 % der Verkäufe und 90 % der Exporte der Branche aus, doch 90 % der 34 300 Hektar großen Anbaufläche der Champagne gehören den 16 100 Winzern, weshalb beide Gruppen im Berufsverband Comité Champagne gleichberechtigt vertreten sind. Vertriebsweg entscheidend”Der Champagnerkonsum korreliert mit der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts”, erklärt Chatillon. Entsprechend brachten die erste Welle und die damit einhergehenden Ausgangsbeschränkungen die Verkäufe im Frühjahr nahezu zum Erliegen. “Nach den Lockerungen waren wir überrascht, wie kräftig sie sich wieder erholt haben”, sagt er. Doch dann traf die zweite Welle die Branche erneut in einem denkbar ungünstigen Moment. “Normalerweise machen wir ein Drittel unserer Verkäufe in den letzten drei Monaten des Jahres”, berichtet Toubard. Dass der Umsatz im Gesamtjahr nun nicht ganz so schlimm fällt wie befürchtet, liegt auch an den positiven Überraschungen, für die die Exportmärkte Großbritannien, USA und Australien sorgten. Die Branche setzt nun ihre Hoffnungen auf die Impfstoffe. Allerdings dürfte der erwartete Anstieg von Arbeitslosigkeit und Insolvenzen die Stimmung der Konsumenten weiter belasten.Um zu vermeiden, auf zu großen, unverkauften Lagerbeständen sitzen zu bleiben, einigten sich Winzer und Champagnerhäuser nach zähem Ringen darauf, den Ertrag der Ernte 2020 deutlich zu reduzieren: Von 10 200 Kilogramm je Hektar im Vorjahr auf 8 000 Kilogramm je Hektar. Je nachdem, wie schlecht sich die Verkäufe 2020 entwickeln, könnte er noch weiter gesenkt werden.Die Krise hat nicht alle mit gleicher Kraft getroffen. Wer glaubt, dass namhafte Champagnerhäuser sie besser überstehen als kleine Winzer oder Kooperativen, irrt. “Das ist keine Frage der Größe”, meint Chatillon vom Verband der Champagnerhäuser. “Es ist eine Frage des Vertriebsweges.” Marken, die vor allem in der Gastronomie, in Luxushotels, Nachtclubs und Duty-Free-Geschäften angeboten werden, leiden besonders. Denn genau diese Vertriebskanäle fallen größtenteils noch immer aus. Dagegen kommen Marken, die im traditionellen Einzelhandel erhältlich sind, oder Champagner von Winzern, die direkt an Kunden vermarkten, besser davon, genau wie Produzenten, die in vielen verschiedenen Märkten vertreten sind.All das spiegelt sich auch in den Ergebnissen börsennotierter Produzenten wider. So ging der Umsatz von Lanson-BCC im ersten Halbjahr “nur” um 6,7 % auf 74,1 Mill. Euro zurück, während ein Nettoverlust von 2,75 Mill. Euro anfiel. Dagegen brach der Umsatz von Laurent-Perrier in dem am 30. September beendeten Halbjahr um 28 % auf 71,2 Mill. Euro ein, das Nettoergebnis um 31 % auf 7,6 Mill. Euro. Die Verkäufe von Vrankren Pommery Monopole wiederum verringerten sich in den ersten sechs Monaten von 87 Mill. Euro auf 64,3 Mill. Euro, wobei ein Verlust von 6,4 Mill. Euro entstand.Luxusgüterriese LVMH mit seinen Marken Dom Pérignon, Moët & Chandon, Veuve Cliquot, Krug, Mercier und Ruinart berichtete, die Champagnerverkäufe seien in den ersten neun Monaten vom Volumen her um 23 % zurückgegangen. Der Umsatz der Wein- und Champagnermarken von LVMH sank innerhalb dieser Zeit um 250 Mill. Euro auf 1,31 Mrd. Euro.Pernod Ricard meldete für sein am 30. Juni zu Ende gegangenes Geschäftsjahr 2019/20 einen Einbruch der Verkäufe von Mumm-Champagner um 13 % bei einem hohen einstelligen Zuwachs in den USA. Die Verkäufe von Perrier-Jouët wiederum gingen um 12 % zurück. Die Marke habe unter der Schließung von Bars und Restaurants in Japan, Frankreich, Spanien und Großbritannien gelitten, erklärte der Getränkekonzern.”Wir warten nun darauf, dass Restaurants wieder öffnen und Großveranstaltungen wieder stattfinden können, dass wieder ausländische Touristen nach Frankreich kommen”, sagt Chatillon.