Linde kommt Beschäftigten entgegen
Konzernchef Aldo Belloni wirbt in der Bilanzpressekonferenz von Linde für einen Zusammenschluss mit Praxair. Um die Arbeitnehmerseite zu besänftigen, soll es Gespräche über eine Mitbestimmung geben.jh München – Auf den Widerstand von der Arbeitnehmerseite und die Kritik von Aktionärsschützern hat Aldo Belloni, der Vorstandsvorsitzende von Linde, in der Bilanzpressekonferenz reagiert. Er warb für eine Fusion des Münchner Industriegasekonzerns mit dem US-Wettbewerber Praxair: “Lindes etablierte führende Position im Technologiebereich würde mit Praxairs operativer Exzellenz kombiniert, und es würde ein neuer Weltmarktführer entstehen.”In der Frage-und-Antwort-Runde hob er als Vorteil für die Mitarbeiter von Linde “die Sicherheit der Arbeitsplätze in einer fusionierten Firma” hervor. Er sei zuversichtlich, dass die Arbeitnehmervertreter die Vorzüge erkennen würden. In einem Gespräch am Mittwoch – da tagte der Aufsichtsrat von Linde – habe er von ihnen Signale erhalten, “wie eine Kovergenz der Meinungen” zu erreichen sei. “Das hat mit Mitbestimmung zu tun”, fügte Belloni hinzu.Auf die Frage, wie diese in einer Holding mit Sitz im Ausland aussehen könne, antwortete er: “Kein Kommentar.” Das deutet darauf hin, dass eine Mitbestimmung in einer gemeinsamen Holding von Linde und Praxair zumindest erwogen wird. Davon müsste aber wohl erst der amerikanische Partner überzeugt werden.In der Linde AG, die es nach einer Fusion weiterhin gäbe, würde die Mitbestimmung mit einer paritätischen Besetzung im Aufsichtsrat fortgesetzt. In einer Holding mit Sitz im Ausland wäre diese nicht vorgeschrieben. 975 Stellen sollen wegfallenIn der vergangenen Woche hatte ein Betriebsrat von Linde die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat aufgefordert, gegen die Fusion zu stimmen. Die Begründung: Ein Zusammenschluss ginge zu Lasten der Beschäftigten von Linde (vgl. BZ vom 2. März). Ohne eine Fusion würden im Rahmen des Sparprogramms “Lift” im Konzern jedoch mehr Stellen abgebaut; die Zahl nennt Linde nicht. Im Fall eines Zusammenschlusses mit Praxair fielen in Deutschland 975 der 8 000 Arbeitsplätze weg, kündigte Belloni nun an.Befürchtungen der Beschäftigten, mit Praxair-Chef Steven Angel als CEO des gemeinsamen Konzerns würde sich ein amerikanisches Management mit knallhartem Renditedenken durchsetzen, versuchte Belloni zu zerstreuen: “Ich kann unserer Belegschaft versichern, dass sich nur ganz wenig verändern würde.” Die “Betriebsführungsmodelle” von Linde und Praxair unterschieden sich weniger als die von Linde und BOC. Die britische BOC hatten die Münchner vor elf Jahren übernommen.Zur Forderung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, die Hauptversammlung am 10. Mai über eine Fusion abstimmen zu lassen (vgl. BZ vom 8. und 9. März), sagte Belloni: “Wir wollen uns gesetzeskonform verhalten.” Die Notwendigkeit einer Abstimmung erkenne er nicht. Zudem wies er darauf hin, dass nur 8 % der Anteile von Linde im Besitz deutscher Aktionäre seien. Anleger in den USA und Großbritannien hielten mehr als 55 %. Sitz der Holding noch offenÜber den Sitz der Holding – Irland, London oder Amsterdam – sei noch nicht entschieden, berichtete Belloni. Mit dem Thema Steuern habe die Entscheidung nur am Rand zu tun. Entscheidend seien die Erreichbarkeit (mit dem Flugzeug), die Landessprache und der Gesetzesrahmen. “Die Steuerexperten sind nur dazu da, um zu sehen, dass keine Steuernachteile entstehen”, sagte Belloni. Niedrige Sätze in Irland sind demnach kein Argument für ihn. Finanzvorstand Sven Schneider ergänzte, das Geschäft mit Industriegasen sei lokal. Wo produziert werde, würden Abgaben gezahlt. “Steuern am Holdingsitz spielen nur eine nachgelagerte Rolle”, betonte Schneider. Nach Bellonis Worten erzielt Linde nicht Gewinne aus Lizenzen, die am Sitz einer Holding versteuert würden.Zur Börsennotierung eines gemeinsamen Konzerns sagte Schneider, angestrebt werde ein Dual Listing im S & P 500 und im Dax. Er sei zuversichtlich, dass dies gelänge.—– Wertberichtigt Seite 8